Wir wurden von leuchtender FreudeIn einem Herzschlag erneut,Wir haben uns einst im LeideMit der gleichen Asche bestreut.Wir haben die Gipfel und TaleDes Lebens zusammen durchspäht,Es hat uns mit einem MaleDer Sommer den Maien gemäht.
Ich hab´ ob meinem Lebensbuch gewacht.Die Richter kamen durch die Regennacht,Ein Zug von Schatten, alle mir bekannt,Ein jeder trug ein Herz in seiner Hand,Die waren, wie von Klingenhieben wund,Und jede Wunde war ein glüh´nder MundUnd redete in weichem Ton mich an:»Du hast mir einmal leid und weh getan.«Hier war´s ein rasches Tun, ein zürnend Gehn,Ein Unterlassen und ein barsches Wort,Ein früh Vergessen und ein Übersehn,Liebreiches Nahen und ein Mißverstehn,Abwehrende Gebärde, spitzer Hohn –Es war mir alles längst verblichen schon.So kamen sie und schwanden allgemach,Der letzte sprach: »Nun wach´ und denke nach!Mir ging´s nicht besser, als ich schlummerlosEinst meine Rechnung mit dem Leben schloß.Hat man genug gekämpft, geliebt genug,Fühlt man jedwede Wunde, die man schlug!«
Unter einer Trauerweide,Vor dem Tor im SternenscheinFlüstern, von der Mailuft trunken,In ihr süßes Glück versunken,Junggesell´ und Mägdelein.Unterm Gras ruht ein Vergess´ner,Von den Wurzeln treu bewacht.Ruhig schaun die tiefen, dunklenAugenhöhlen in das FunkelnEiner seligen Liebesnacht.Was verstummt das traute Lispeln?Kam ein Schauder jenen Zwei´n,Daß auf einem Grab sie küssen,In der Jugend Vollgenüssen,In dem Kreis des Todes sei´n?
Wo sie nur wohnt? Ach, immer im Süßen,Über den Bergen, im andern Tal,Wo der Sterne goldener StrahlAufsteigt und hinstirbt in zitterndem Grüßen.Was sie nur tut? An verborgenen FädenZieht sie dein Herz in ein Zaubergefield,Aufwärts, zu Firnglanz und Wolkengebild,Höherhin, weiter, in Traumwelt und Eden.Trifft dich das Los, daß ihr Faden zerreißet,Stehst du traurig und schaust umher,Findest die Welt und dich selber leerUnd fühlst tiefer, was Mensch sein heißet.
Und alles ist mein, was mein Auge umfaßt,Es geht mir nicht wieder verloren.Ein andrer breche die Früchte vom AstUnd schneid´, was die Felder geboren!Er stopfe die Scheune, er fülle die Truh Mit nimmer ermattenden Händen:ich greife mit meiner Seele zuUnd hoffe im Reichtum zu enden.
In den Lüften treibt licht eine Wolke,Auf der Erde ihr Schatten schleicht,Ein versonnener, wegmüder Wandrer,Der nimmer sein Ziel erreicht.Mir ist, ich sehe mein Leben,Das mir doppelt vorüberschwebt:Am Himmel, wie ich´s geträumet,Im Tale, wie ich´s gelebt.
Auf den Wellen treibt ein Segel,Weiß ragt´s auf dem dunkeln Kahn,Hoch darüber kreisen Vögel,Silbermöven, himmelan.Kreisen. Und es lockt ihr Schweben:»Selig, wer den Flug erkor!Wolle nur die Flügel heben,Und sie schwingen dich empor!Wie magst du die Nied´rung pflügen,Wann der Äther blau sich türmt,Und der Drang in dir zum FliegenWie in unsern Herzen stürmt?«Unten lenkt sein FlutgeleiseSchon der Nachen an den Strand,Zieht das Segel ein, und leiseÄchzend stößt er auf den Sand.
Blätterrausch,Duftender Maien,Erdenrausch,Wandern zu zweien!Singen und SehnenIn Stube und Wald,Kindliches WähnenUnd stille Gewalt,Hoffen und BangenUnd Jubeln und Zagen,Glühende WangenUnd zitterndes Wagen,Fliehen und Suchen und Küsse ergattern –Hörst du die Finken im Fliederbusch flattern?