Mein ganzes SeinIst eine Wunde!Gedenkst du meinZu dieser Stunde?Fühlst du den Kuß,Den ich die sende?Den AbschiedsgrußVor nahem Ende?Und ahnst du, sprich!Die Glut der Seele,Mit der ich dichDem Herrn empfehle?Und weißt du auch,Was ich singe,Ein Opferhauch,Den ich dir bringe?In wilder PeinFlammt meine Wunde!Gedenkst du meinZu dieser Stunde?
Dir zürnen, daß du mich verlassen? –Beim Himmel, nein! wie sollt´ ich das?War´s deine Schuld, mich nicht zu fassen?Verdient ein blinder Irrthum Haß?Besäße dein Gemüth die Schwingen,Zu schweben auf des meinen Spur,Dann ließest du mich dir entringenMit deinem eignen Leben nur!Wen also hätt´ ich anzuklagen ?Dich, daß dein Herz so schwach und klein?Davon kannst du die Schuld nicht tragen!Wie du´s empfangen, blieb es dein.Fahr hin! als der Vergebung BlütheRankt sich der Wunsch noch himmelan,Daß Gott fortan dein Glück behüte,Weil´s meine Liebe nicht mehr kann.
Wenn quälend mich die Angst beschleicht,Mein Teuerstes auf Erden,Mein Liebstes könnte mir vielleichtEinst noch entrissen werden;Dann tröstet der Gedanke mich:»Weshalb davor erbeben?Dies große Leid vermöchte ichJa nicht zu überleben.«Die Hoffnung, die sich in dir regt,Bevor du ihrer dich entschlagen,Daß keinem werde auferlegtSo viel als er kann tragen.Wie groß das Leid, wie tief die Not,Du wirst dich d´rein ergeben,Und was dir bitt´rer als der Tod,Du wirst es überleben.
Daß ich dich liebe tief und heiß,Das hab ich oft empfunden,Wenn deiner Nähe ZauberkreisGlückatmend mich umwunden;Wenn mich dein Arm so fest umschlang,Dein Wort in seiner SüßeZu meinem tiefsten Herzen drang,Wie tausend Jenseitsgrüße.Doch daß du selbst mein innerst SeinUnd Herz von meinem Herzen,Daß du nur in der Seele meinWach rufest Lust und Schmerzen,Daß du ein heil’ger Engel bist,Für mich als Mensch geboren,Das weiß ich erst seit kurzer Frist:Erst seit ich dich verloren.
In deiner Stimme bebt ein Klang,Der mich so tief erschüttert,Daß mir im Auge, selig bang,Die Thräne glänzt und zittert.Ich frage nicht: Wird mir dein WortSchmerz oder Glück bereiten? Der süße Ton hallt in mir fortFür alle Ewigkeiten!
Das Meer hat die Spuren des Sommers gelöschtbald wird auch die Sonne vereisenin der Januarnebelwandsetz deine Gedanken dort in den Kahnvon Fischern an den Strand geschobenzum Winterschlafhäng deine Gedankenin das kahle Astwerk der Bäumeunter den Orgeltönen der rauhen Seeerst auf dem Rückweghol sie dir wiedersammel sie einGeläutert
Und Heil euch, die ihr in dem Glanz und StolzDer Jugend niedersteiget zu den Toten,Eh´ euch noch an des Lebens MarterholzDer Essigschwamm des Zweifels ward geboten,Eh´ euch der Tage Last, der Erde Wust,Die schweren Bürden, Geist und Arm gelähmet,Eh´ jene Weisheit, die den Gott vervehmet,Mit ihrem Frost durchkältet eure Brust.
Was dir zumeist am Herzen nagt? O prüfe dich! du wirst gestehen, Das Leid nicht ist´s, das dir geschehen, Und nicht die Sorge, die dich plagt. Du könntest sie zur Not vergessen, Doch nimmermehr das Traumbild dessen Was dein Geschick dir streng versagt. Nur dieses, und nur dies allein, Steht immerdar vor deinen Augen, Es darf dir Kraft und Mut entsaugen, Zerrütten dir dein innerst Sein; O Thorheit! Thorheit, unermessen! Für Güter, die du nie besessen, Erträgst du des Verlustes Pein!
Die Tugend, die ich meine,Für die mein Herz in Brand,Abhold dem eitlen Scheine,Trägt sie ein schlicht Gewand.Sie rührt den Sinn der MengeMit holdem Reize nicht;Aus ihrem Aug´ blickt Strenge,Ernst ist ihr Angesicht.Spät reifen ihre Saaten,Und karg scheint ihr Gewinn;Es reißen ihre ThatenNicht zur Bewund´rung hin.Nach ewig heil´gen ZielenFährt sie auf rauher Spur,Gehaßt, verfolgt von vielen,Geliebt von wen´gen nur.Wer kühn sich ihr will weihen,Der nehme wohl in acht:Ihm Lorbeer´n zu verleihen,Steht nicht in ihrer Macht!Mit schmetternden FanfarenBegrüßt ihn nicht der RuhmIn seinem unscheinbaren,Selbstlosen Heldentum.Sie aber, die er schützet,Der er sich zugesellt,Nur sie erhält und stützetUnd trägt den Bau der Welt.Es ist die Hehre, ReineZu höchstem Dienst geweiht!Die Tugend, die ich meine,Ist die Gerechtigkeit.