Ich hoffte einst auf schöne TageUnd lauschte mit erschloß´ner BrustDer mährchenhaften WundersageVon ewig heitrer Liebeslust.In jugendfrohem ÜbermutheGlaubt´ ich von jedem Glück und Gute,Daß es mir zugewiesen sei –Es ist vorbei!Und als der fromme Wahn entschwunden,Da fleht´ ich, stolz auf meine Qual:Bleibt ewig offen, meine Wunden,Als unvergänglich Liebesmahl.Und mußten Freud und Glück verwehen,So soll mein heil´ger Schmerz bestehen,Daß Eines doch unsterblich sei –Es ist vorbei!
Wenn Mehlthau auf die Blume fiel,Da sinkt sie ohne Hoffen,Und ward ein Baum des Blitzes Ziel,Stürzt er, zu Tod getroffen.Und wenn in einer MenschenbrustErregt die Qualen werden,Da ist ihr´s innig tief bewußt,Daß Heilung nicht auf Erden.Dem Baum, der Blume wird sofortDie stille Ruh gegeben,Das Menschenherz allein lebt fortSein täglich sterbend Leben.
Die Tugend, die ich meine,Für die mein Herz in Brand,Abhold dem eitlen Scheine,Trägt sie ein schlicht Gewand.Sie rührt den Sinn der MengeMit holdem Reize nicht;Aus ihrem Aug´ blickt Strenge,Ernst ist ihr Angesicht.Spät reifen ihre Saaten,Und karg scheint ihr Gewinn;Es reißen ihre ThatenNicht zur Bewund´rung hin.Nach ewig heil´gen ZielenFährt sie auf rauher Spur,Gehaßt, verfolgt von vielen,Geliebt von wen´gen nur.Wer kühn sich ihr will weihen,Der nehme wohl in acht:Ihm Lorbeer´n zu verleihen,Steht nicht in ihrer Macht!Mit schmetternden FanfarenBegrüßt ihn nicht der RuhmIn seinem unscheinbaren,Selbstlosen Heldentum.Sie aber, die er schützet,Der er sich zugesellt,Nur sie erhält und stützetUnd trägt den Bau der Welt.Es ist die Hehre, ReineZu höchstem Dienst geweiht!Die Tugend, die ich meine,Ist die Gerechtigkeit.
Elend, wahrhaft elend ist,Der selbst vom Schmerz verstoßen,Der, da die Lust ihn doch nicht grüßt,Vom Gram selbst ausgeschlossen;Deß Nacht nicht schwarz, deß Tag nicht klar,O der ist elend, ist´s fürwahr!Den kein Verlangen mehr bewegt,Kein schmerzenfreudig´ Sehnen,Deß Busen keinen Wunsch mehr hegt,Deß Auge ohne Thränen. –Ja elend, elend sicherlichIst Jeder, der so ist wie ich.
Willst du erschau´n, wie viel ein Herz kann tragen,O blick´ in mein´s!So reich an Wunden, vom Geschick geschlagen,War wohl noch kein´s.Doch mitten in den wütendsten OrkanenErhob ich mich,Und schritt dahin auf meinen fernen Bahnen –Wie stark war ich!Wie ward mir doch nun so mit einemmaleDie Kraft geraubt?Es trotzte mutig dem GewitterstrahleMein stolzes Haupt,Doch als du zu mir sprachst mit leisem Grüßen:"Ich liebe dich!"Da sank ich still und weinend dir zu Füßen –Wie schwach bin ich!
So lang uns noch die Jugend blüht,Ergreift oft, ehe wir´s gedacht,Grundlose Trauer das Gemüt,Und unsre Thränen fließen sacht.Doch wem des Alters EulenflugDie Stirne streifte kalt und schwer,Zur Trauer hätt´ er Grund genug,Nur hat er keine Thränen mehr.
Das Meer hat die Spuren des Sommers gelöschtbald wird auch die Sonne vereisenin der Januarnebelwandsetz deine Gedanken dort in den Kahnvon Fischern an den Strand geschobenzum Winterschlafhäng deine Gedankenin das kahle Astwerk der Bäumeunter den Orgeltönen der rauhen Seeerst auf dem Rückweghol sie dir wiedersammel sie einGeläutert
Wenn quälend mich die Angst beschleicht,Mein Teuerstes auf Erden,Mein Liebstes könnte mir vielleichtEinst noch entrissen werden;Dann tröstet der Gedanke mich:»Weshalb davor erbeben?Dies große Leid vermöchte ichJa nicht zu überleben.«Die Hoffnung, die sich in dir regt,Bevor du ihrer dich entschlagen,Daß keinem werde auferlegtSo viel als er kann tragen.Wie groß das Leid, wie tief die Not,Du wirst dich d´rein ergeben,Und was dir bitt´rer als der Tod,Du wirst es überleben.
In deiner Stimme bebt ein Klang,Der mich so tief erschüttert,Daß mir im Auge, selig bang,Die Thräne glänzt und zittert.Ich frage nicht: Wird mir dein WortSchmerz oder Glück bereiten? Der süße Ton hallt in mir fortFür alle Ewigkeiten!
Nicht wahr, ihr Alle wünscht, wenn einst die StundeGekommen, wo die andern Wünsche enden,In eurer Lieben Mitte zu entsendenDen letzten Hauch vom todesblassen Munde?Verlangt es mich im tiefsten SeelengrundeNach solchen Glückes heilig süßen Spenden,Muß ich mich an den holden Frühling wenden,Den einz´gen Freund, mit welchem ich im Bunde.Und weil kein and´rer Gruß die dunkle GruftMit Liebesschimmer sanft mir wird umfärben,Wenn nicht sein Gruß als Licht und Sang und Duft,Möcht ich mir dieses milde Loos erwerben:Zur Zeit der Blühten und der sonn´gen LuftAn schönen Frühling´s schönstem Tag zu sterben!