An einem Frühlingsmorgen Mir hat die Nacht nicht Schlummer,Erquickung nicht gebracht!Allein mit meinem KummerHab´ ich sie still durchwacht. Gottlob! nun seh´ ich blinkenDes Morgens dämmernd Grau,Und alle Blumen trinkenDen milden Segensthau. Es wenden meine BlickeSich hoffend himmelwärts -Mit deinem Thau erquicke,O Herr! auch dieses Herz.
Dir zürnen, daß du mich verlassen? –Beim Himmel, nein! wie sollt´ ich das?War´s deine Schuld, mich nicht zu fassen?Verdient ein blinder Irrthum Haß?Besäße dein Gemüth die Schwingen,Zu schweben auf des meinen Spur,Dann ließest du mich dir entringenMit deinem eignen Leben nur!Wen also hätt´ ich anzuklagen ?Dich, daß dein Herz so schwach und klein?Davon kannst du die Schuld nicht tragen!Wie du´s empfangen, blieb es dein.Fahr hin! als der Vergebung BlütheRankt sich der Wunsch noch himmelan,Daß Gott fortan dein Glück behüte,Weil´s meine Liebe nicht mehr kann.
Wenn Mehlthau auf die Blume fiel,Da sinkt sie ohne Hoffen,Und ward ein Baum des Blitzes Ziel,Stürzt er, zu Tod getroffen.Und wenn in einer MenschenbrustErregt die Qualen werden,Da ist ihr´s innig tief bewußt,Daß Heilung nicht auf Erden.Dem Baum, der Blume wird sofortDie stille Ruh gegeben,Das Menschenherz allein lebt fortSein täglich sterbend Leben.
So lang uns noch die Jugend blüht,Ergreift oft, ehe wir´s gedacht,Grundlose Trauer das Gemüt,Und unsre Thränen fließen sacht.Doch wem des Alters EulenflugDie Stirne streifte kalt und schwer,Zur Trauer hätt´ er Grund genug,Nur hat er keine Thränen mehr.
Ihr nennt mich stolz? Wer hat mich so gemacht?Ihr selbst, die mich betrogen und verrathen!Die Regung, die ihr schmäht, ist erst erwacht,Als ich mein Thun verglich mit euern Thaten!Ihr nennt mich stolz? O wüßtet ihr wie gernUnd freudenvoll der starre Stolz verschwände,Vor einem Menschen, der, ein lichter Stern,Hoch über mir und meinem Wesen stände. –
Elend, wahrhaft elend ist,Der selbst vom Schmerz verstoßen,Der, da die Lust ihn doch nicht grüßt,Vom Gram selbst ausgeschlossen;Deß Nacht nicht schwarz, deß Tag nicht klar,O der ist elend, ist´s fürwahr!Den kein Verlangen mehr bewegt,Kein schmerzenfreudig´ Sehnen,Deß Busen keinen Wunsch mehr hegt,Deß Auge ohne Thränen. –Ja elend, elend sicherlichIst Jeder, der so ist wie ich.
Wenn ein Kranker schlummernd liegt,Mild von Traumesarm gewiegt,Schweigen Alle im Gemache,Daß der Arme nicht erwache.Leis´ ihr Hauch und stumm der Mund,Kaum berührt ihr Fuß den Grund –Und der Kranke schlummert weiter,Ruhbeseligt, traumesheiter.Innig fleh´ ich jetzt zu dir:Halte du es so mit mir,Mit dem tieferschöpften Herzen,Das entschlummert ist voll Schmerzen.Halb verblutet schläft es fort;Weck´ es nicht mit deinem Wort!Trage schonendes ErbarmenMit dem kranken, müden, armen!Willst du´s wecken, sei´s zum Glück;Kannst du dies nicht, tritt zurück!Gieße Gift nicht in die NeigeMeines Lebens! Schweige! Schweige!
Weiße Rose, die so bleichUnd so duftig blüht!Liebe, die so schmerzenreichUnd so selig glüht!Was an ew´ger GeistessaatMir der Herr geschenkt,Meine ganze Seele hatSich darein versenkt! –Pflanzen laß die Rose michIn den Staub vor dir,Nicht zum Schmuck und Stolz für dich,Doch zur Wonne mir.
Wenn dich bittres Weh durchfuhr,Trachte dann, eh´ dich´s bezwungen,Zu verfolgen seine SpurBis zum Quell, dem es entsprungen.Findest du dann, daß der Gram,Störend deiner Nächte Schlummer,Von dem Schicksal zu Dir kam,So bezwinge deinen Kummer.Denkend, daß des Schicksals WitzNeu will sein an jedem MorgenUnd daß drum ein gleicher BlitzKünftig nicht mehr zu besorgen.Wohl verschieden ist der Fall,Doch nicht größer sei die Beugniß,Nennt dich Ursach Deiner QualDeines Geist´s wahrhaft´ges Zeugnis.Suche dann ohn´ Ruh und RastDeinen Fehler zu entdecken;Wenn du ihn gefunden hast,Wirf hinaus den dunklen Flecken!Kämpfe, bis, was dich bethört,Du besiegt und überwunden.Ist sein böser Keim zerstört,Ist das Unglück bald verschwunden.So kannst du in jeder Art,Hoffend glauben, daß das Leiden,Trübend deine Gegenwart,Deine Zukunft werde meiden.
Nicht wahr, ihr Alle wünscht, wenn einst die StundeGekommen, wo die andern Wünsche enden,In eurer Lieben Mitte zu entsendenDen letzten Hauch vom todesblassen Munde?Verlangt es mich im tiefsten SeelengrundeNach solchen Glückes heilig süßen Spenden,Muß ich mich an den holden Frühling wenden,Den einz´gen Freund, mit welchem ich im Bunde.Und weil kein and´rer Gruß die dunkle GruftMit Liebesschimmer sanft mir wird umfärben,Wenn nicht sein Gruß als Licht und Sang und Duft,Möcht ich mir dieses milde Loos erwerben:Zur Zeit der Blühten und der sonn´gen LuftAn schönen Frühling´s schönstem Tag zu sterben!