Nun hab´ ich mein grämliches WinterwehSechs Monde mystisch gehütetUnd hab´ auf manchem ästhetischen TeePessimistische Eier gebrütet.Mein Büchlein, das meinen Gram umschloß,Kam in die besten Familien;Mein Büchlein, das meinen Kummer ergoßAuf stilisierte Lilien.Die schlanken Mondänen durchforschten´s mit Fleiß,Und heimlich lasen´s die Zofen;Und alle tranken literweisMein Herzblut aus meinen Strophen.Sie lobten an meiner Seele NotDie Feuer, die zuckend verflammten,Und sprachen von meinem nahen TodMit der Ruhe des Standesbeamten…Doch heut´ ist draußen der Frühling erwacht,Schon duftet´s nach hellen Syringen –Mein Herz spürt die Sonne und klopft und lachtUnd hört die Knospen springen.Mein Herz zerreißt seinen Trauerflor,Meine Jugend wird wieder munter,Sie haut der Sorge eins hinter das OhrUnd schmeißt sie die Treppe hinunter.Vom junggrünen Teppich der Wiese herKlingen Schalmeien und Tänze…So werf´ ich hinter der Fliehenden herDie raschelnden Lorbeerkränze.Und blinzelt zur Nacht mir ein lustiger Stern,Ich folg´ ihm augenblicklich –O Gott, wie bin ich unmodern!O Gott, wie bin ich glücklich!
Ich sah dich an. Von fernen SommertagenWill sich dem Blick ein deutlich Bild entwirr´n.Du hast dein Sehnen schwer mit dir getragen –Nun ward es still um deine müde Stirn.Du hast begraben Hoffen viel und Glauben,Baust fern den Märkten dir dein einsam Haus;Und deine Wünsche ruhn, wie weiße Tauben,Nach Flug und Sturm in schatt´gen Wipfeln aus.In deinen schmalen Fingern seltsam Leben,In ihrem Wirken ein verborgner Sinn,Als ob aus der Vergangenheit GewebenDie Fäden schössen unsichtbar darin.Aus solchen Händen, die nur Güte gaben,Gefaltet nur, um Segen zu erflehn,Möcht´ ich aufs Herz die letzten Rosen haben,Wenn scharrend vor dem Haus die Rappen stehn…
Leid und Freude, Kindchen,Müssen sich mal verbluten,Selbst ein SchäferstündchenHat nur sechzig Minuten.Zeit genug, zu betören,Was noch gestern gescheitUnd ´nen Meineid zu schwörenFür die Ewigkeit.
"Sieh dort", so sprach der Optimist,"In goldner Frühlingssonne BlitzenAuf einem Häufchen PferdemistIn Eintracht sieben Spatzen sitzen.Wie reich ist doch der Schöpfungsplan,Und alles muß zum Besten taugen;Was hier ein Großer abgetan,Das können sieben Kleine brauchen!""Sieh dort hin", sprach der Pessimist,"Und faß solch Bild dir in Gedanken:Wie sich um dreckigen PferdemistDie sieben ruppigen Vögel zanken.Das ist des Lebens großer Zug,Von einem bis zum andern Ende:Nichts ist bei uns gemein genug,Das nicht noch sieben Fresser fände!"
Das ist eine traurige ChoseWozu ist einer Prophet?Nun sehn Sie bloß, wies MoseNach tausend Jahren geht!Der Glaube ist geschwunden,Daß ihn in Schilf und MoosAm heiligen Nil gefundenDie Tochter des Pharaos.In neuer Forschung ScheineDer Zweifel war entfacht:Ob er die heiligen SteineVom Sinai gebracht.Und kritische Virtuosen,Die haben bald negiert:Daß aus dem Lande GosenDie Juden habe er geführt.Und jetzt ist gar zu lesen:Daß hier ein Trug gewebt,Und nie ein Mann gewesen,Der seine Tat gelebt…Wenn also, sollt ich meinen,Die Größe schrumpft zusamm,Wie gehts dann erst den Kleinen,Die nicht aus Levis Stamm?Die keines Himmels GnadeIm Feuerbusch gespürt,Die keine BundesladeIns Jordantal geführt?Die Wunder nie zur LehreDes Pharao getan,Die nie im Roten MeereDen Feind versinken sahn…?Mein Gott, wer wird in Not sein,Weil ihn die Welt vergißt.Wir werden eben tot sein,So tot wie Moses ist.Und keiner wird mehr fragen,Wenn ihm das Bett bestellt,Ob seinen Namen tragenEin Hauch wird durch die Welt.
Elise, sprach zur Freundin die Mathilde,Das sogenannte Glück ist meistens schal.Wenn ich vom Leben mir ´ne Meinung bilde,Find´ ich die Ehe mehr als trivial.Die Liebe – gut. Ich laß die Liebe gelten.Man sucht sich Emotionen fürs Gemüt.Man schätzt sich gegenseitig, weil man selten,Höchst selten sich und unter andern sieht.Man schwärmt für Nietzsche, Dehmel, Mai und Rosen,Auch macht ein Ausflug [so nach Treptow] Spaß,Man unterhält sich von der namenlosenGeheimen Sehnsucht – unbestimmt nach was.Man hat frisiert und aufgeputzt sein WesenUnd legt ein ew´ges Rätsel ins Gesicht;Man hat vorher in Büchern nachgelesen,Was man mit dem geliebten Jüngling spricht.Er konversiert vom Leben nach dem Tode,Von Maeterlink und dem »Familientag«,Und seine Weste zeigt die letzte Mode,Und hinter ihr ahnt man des Herzens Schlag.Und denk´ ich mir die Hochzeit und so weiter,So Tag und Nacht und alles so im Haus,Dann zieht die Seele ihre SonntagskleiderUnd auch der Leib zieht manches Schmuckstück aus.Denn die Alltäglichkeit ist voller RoheitUnd die Enttäuschung bleibt der Träume Schluß;Ein Weib verliert den Reiz, ein Mann die Hoheit,Wenn er die Hühneraugen schneiden muß.Mit dem, was Schwärmerherzen sich erharren,Hält auch die Wirklichkeit nur selten Schritt;Ich hatt´ ´nen Onkel, der an DarmkatarrhenIn Capri auf der Hochzeitsreise litt.Mein Artur – Gott, was soll ich weiter sagen,Gleicht er nicht Wedekinds Marquis von Keith?Sein grüner Schlips, sein hoher DoppelkragenScheint mir ein Teil von der Persönlichkeit.Wenn ich im Traum sein männlich Bild mir knipse,Als Amateurin – ob du Worte hast!Ich seh´ ihn stets mit diesem grünen Schlipse,der wundervoll zu seinen Augen paßt.Doch denk´ ich weiter – nach dem Hochzeitsfeste –Am Abend – spät – nach Reden, Sekt und SchmausZieht er die wundervoll karierte WesteUnd zieht [auch seelisch] sonst noch manches aus.Je mehr ich in den Anblick mich versenke,Durchzittert meine Seele Furcht und Hohn –Wenn ich mir Artur ohne Kragen denke,Zerfließt sofort die ganze Illusion.
Säng´ ich von Frauen was ich meine,Wie würd´ mein Lied noch neu und reich?Vergriffen sind die EdelsteineSamt allen Blumen zum Vergleich.Kein heller Stern mehr will mir taugenAm Frühlingshimmel, silberklar,Der nicht mit eines Mädchens AugenSchon tausendmal verglichen war.Auf Blume, Stern und Stein und PerleLeist´ ich mit heil´gem Schwur Verzicht.Verliebte sind halt gute Kerle,Originell – das sind sie nicht.Doch tröstet eins: Wenn sich im SchwörenIhr Hirn um neue Wendung plagt,Die eine wird stets gerne hören,Was andern tausendmal gesagt.So will ich nach der einen spähen,Die nichts bis heut von mir gewußt,Und meine schönsten Lieder säenIns junge Erdreich ihrer Brust.Und blüht es heiß auf ihren Wangen,Wie roter Blumen Widerschein:Dann ist die Liebe aufgegangen – Und ich, ich will ihr Schnitter sein!Und was das frohe Herz getragen,Wenn es der Lenz mit Blüten neckt,Will ich der Einz´gen flüstern sagen,Weil mich die Menge leicht erschreckt:"Ich liebe dich und will dir treu sein,Solang´ die Rose blüht am Strauch…"Und dieses Letzte wird ihr neu sein,Und, wenn ich ehrlich bin – mir auch.
Ich acht´ Gebet. Doch seh´ ich Menschen knieenUm kleine Fehler, die so menschlich sind,Da mein´ ich: Gott hab´ schon so viel verziehen,Daß er solch Tun ein bißchen albern find …Die gar zu oft die Hände ängstlich streckten,Die gleichen jenen Trunkenen an Witz,Die Nachts den Apotheker weckten:– Für einen Sechser Lakeritz! –
Wer nur um UnerläßlichesSich müht in Tagesfron,Dem fehlt ein UnvergeßlichesAls höchster Lebenslohn.Wie zahlreich auch die Jährchen sind,Gehäuft zu Leid und Lust,Was Blüten, Träume, Märchen sind,Das hat er nie gewußt!
Ich hab´ die Sonne des Tages gesehn,Nun ist es Zeit zum Schlafengehn.Nun ist es Zeit, nach Sorgen und WachenDie Augen in Frieden zuzumachen.Und wem mein Schatten im Herzen lag,Der soll mich vergessen am dritten Tag.Doch wem ich ein wenig Licht gegeben,Der laß´ im Herzen mich weiterleben.