Der Tod steht schon am Orte,Wo sich ein Leben regt.Der Tod steht an der Pforte,Wo man zu Grabe trägt.Er geht im LeidgefolgeUngesehen mit,Wie er dabei gewesenIm Leben Schritt für Schritt.Zum König wie zum BettlerSagt er sein letztes DuUnd schließt mit stummen HändenDie dunkle Pforte zu.Und geht mit uns nachhauseUnd ißt das AbendbrotUnd schweigt und weiß doch alles,Der Herr der Welt, der Tod.
Was nah ist und was ferne,Von Gott kommt alles her,Der Strohhalm und die Sterne,Das Sandkorn und das Meer.Von ihm sind Büsch und BlätterUnd Korn und Obst, von ihmDas schöne FrühlingswetterUnd Schnee und Ungestüm.
Meine Mutter sagt´ mir:"Deine Lippen gab dirZum Sprechen, Tochter, die Natur,Und zum Sprechen brauch´ sie nur."Warum sind sie so rot?Oh, ich könnt´ auch mit weißen Lippen sprechen,Und warum gebotMeine Mutter: nur zum Sprechen?Wer zeigt mir armen Mädchen an,Was mein Mund mehr als sprechen kann?
Sieben kleine Meisensaßen auf dem Ast.Sieben kleine Meisenhielten kurze Rast.Sieben kleine Meisengaben sich Bericht,Sieben kleine Meisen.Ich verstand sie nicht.Sieben kleine Meisenflogen wieder fortin die blaue Weite.Und ich blieb am Ort.Liebe sieben Meisenkommt doch wieder her,liebe sieben Meisenund erzählt mir mehr!
Ich sehe oft um Mitternacht,wenn ich mein Werk getanund niemand mehr im Hause wacht,die Stern´ am Himmel an.Sie gehn da, hin und her zerstreut,als Lämmer auf der Flur;in Rudeln auch und aufgereihtwie Perlen an der Schnur;und funkeln alle weit und breit,und funkeln rein und schön;ich seh die große Herrlichkeitund kann mich satt nicht sehn,dann saget unterm Himmelszeltmein Herz mir in der Brust:"Es gibt was Bess´res in der Welt,als all ihr Schmerz und Lust."Ich werf mich auf mein Lager hinund liege lange wachund suche es in meinem Sinnund sehne mich darnach.
Ich sah einst einen Knaben zartBei einer Seifenblase stehen;Er lächelte nach Knaben ArtUnd konnte sich nicht satt dran sehen,Und freute sich der lieblichen Gestalt,Und ihrer wunderschönen Farben,Die Grün in Rot und Rot in Gelb erstarben,Und hüpfte fröhlich auf - doch baldZersprang vor ihm die Wunderblase,Und eine bittre Trän lief über seine Nase.Der Himmel weit und breit ist ewig jung und schön,Jenseit des Monds ist alles unvergänglich;Die Siebenstern und ihre Brüder stehnJahrtausende schon, überschwenglichIn ihrer Herrlichkeit! und trotzen Tod und Sterben,Und sagen Hui zum Verderben,Hier unterm Mond Natur ist anders gar,Ein brütend Saatfeld für den Tag der Garben;Da wanket alles immerdar,Und wandelt sich, und spielt mit Farben,Mit Wasserblasen wunderbar.Die armen Menschen traun -Und raufen sich das Haar.
Ist gar ein holder Knabe er!Als ob er´s Bild der Liebe wär´.Sieht freundlich aus und weiß und rot,Hat große Lust am Butterbrot,Hat blaue Augen, gelbes Haar,Und Schelm im Nacken immerdar,Hat Arm´ und Beine rund und voll!Und alles, wie man´s haben soll.Nur eines fehlt dir, lieber Knabe!Eins nur: daß ich dich noch nicht habe.
Die Liebe hemmet nichts;Sie kennt nicht Tür noch RiegelUnd drängt durch alles sich:Sie ist ohn´ Anbeginn,Schlug ewig ihre FlügelUnd schlägt sie ewiglich.
Das Mädchen: Vorüber! Ach, vorüber!Geh, wilder Knochenmann!Ich bin noch jung, geh Lieber!Und rühr mich nicht an.Der Tod: Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!Bin Freund, und komme nicht, zu strafen.Sei guten Muts! Ich bin nicht wild,Sollst sanft in meinen Armen schlafen!