Vor fünfundzwanzigtausend undFünfhundertfünfzig Tagen stundIch ziemlich in Gefahr,Denn schwer ward ich zur Welt gebracht,Doch hat´s den Eltern Freud´ gemacht,Daß ich ein Büblein war.Ja siebzig Jahre sind es schon,Daß meiner Frau, der Appollon´,Nichts ahnte von dem Glück.Wie bitter hat mich nun gemahnt,Seit ich zum erstenmal gezahnt,Des Lebens Ungeschick!Und doch, obschon ein Siebziger,Bin ich ein Mensch ein glücklicher:Kaum einmal war ich krank.Zwar unberufen sag´ ich´s nur,Es denkt mir nicht, daß ich MixturAus meinem Glase trank.Vonnöten hab´ ich keine Krück´,Und keine Brille für den Blick,Ich hör´ und schmecke gut;Was schreib´ ich eine feste Hand!Gottlob es ist mir unbekanntDas Zipperlein, wie´s tut.Nur geht es mir wie jedem Greis,Daß mir die Zähne reihenweisAusfallen kreuz und quer;Doch tröstet mich der Umstand auchDaß ich jetzt nicht zu beißen brauch In saure Äpfel mehr.Und wird auch mein Gedächtnis schwach,Daß ich oft letze Sachen mach´,So weiß ich doch noch scharf,Zu unterscheiden Bös und Gut,Und was ein Christenmensch voll MutZur Seligkeit bedarf.Ja loben muß ich Gott darum,Daß er so alt und doch nicht dummMich zeitlich werden läßt.Ein unzufried´ner Jubilar?Er wäre ja ganz undankbarFür ein so selt´nes Fest!
Frühling, bist du wiedergekommen?Lieblicher Lenz, du lachendes Kind!Kommst du auf dem Fluß geschwommen?Oder kommst du mit dem Wind?Unter den weichen singenden Wellen,Aus den Wassern melodisch klar,Über die Hügel, die waldig schwellen,Luget dein kluges Augenpaar.Schaue ich nur in dein sonniges Auge,Küsse ich nur deinen wonnigen Mund,Trink ich von deinem blühenden Hauche,Wird auch mein winterlich Herze gesund!
Schwebe, Mond, im tiefen BlauUeber Bergeshöhn,Sprudle Wasser, blinke Thau . . .Nacht, wie bist du schön!Spiegle, See, den reinen Strahl;Friede athmend lindDurch das wiesenhelle ThalWalle, weicher Wind!Wie durch einen ZauberschlagBin ich umgestimmtVon Gedanken, die der TagBringt und wieder nimmt.Daß es auch ein Sterben gibt,Fühl´ ich ohne Schmerz,Was ich liebe, was micht liebt,Geht mir still durchs Herz.
Leb wohl, ich will dich nimmer sehn,Will nichts mehr von dir wissen,Ob Thränen mir im Auge stehn,Ich hab den Schmerz verbissen.Als wie ein Vogel flattert fort,Als wie ein Blatt im Lenz verdorrt,Als wie ein Lenz vergeht,Sei unser Traum verweht!Es ist vorbei, es thut kein gut,Wir passen nicht zusammen,In gleichem Takte springt das BlutUnd prasseln unsre Flammen.Wir liebten uns, es war ein Wahn,Wir beteten uns selber an.Geheimnis, tief und groß,Zieht an und läßt nicht los!Wir konnten auf der Herzen GrundUns schauen und erlauschen –Wir könnten schließen neuen BundUnd Lieb in Freundschaft tauschen,Geschwisterlich zusammengehn,Uns friedlich in die Augen sehn,Doch nein! Leb wohl, leb wohl!– So flieht sich gleicher Pol.
So ich jetzt alleine bin,Und kein Mensch um mich,Jagt mein rascher SinnZu dir nur hin, Weiß und fühlt nur dich.Eine Seele ganz alleinIst lebendig todt,Herrlich ist, zu Zwein,Glückselig sein,Theilen Brod und Noth!Als ich deine liebe HandKüßte, deinen MundStets zu küssen fand,War grünes LandMir der Wüstengrund.So ich jetzt alleine bin,Und kein Mensch um mich,Fühlt mein öder SinnDurch Blumen hinIn den Wüsten sich.
Es gilt ein Mann zu sein, ein Fürst des Lebens!Steck dir ein Ziel, verwirf den Traum!Die tausend Wünsche loderten vergebens,Und herrschen kannst du nur im Raum.Der Jüngling flieht – Jugend grüne weiter!In Thaten wohnet Poesie.Sei der Humor dein schützender Begleiter!Verlasse dieser Gott dich nie!Verzage nicht in Ungemach und Sorgen,Kampf ist die Loosung bis zum Tod.Hast du nicht Freunde treu für Heut und Morgen,Die Vieles wenden, was dir droht?Es holt der Geist vom Geiste sich Genesung,An treuer Brust ruht aus die Brust,Nur die Verlassenheit ist auch VerwesungJedweder Kraft, jedweder Lust.Die Liebe aber, die du kennst, die Liebe,Gibt sie nicht allen Wesen Schwung?Wenn sie ein Dämon aus dem Busen triebe,Dir fehlte die Beseligung.
Wellenschäume,Wolkensäume,Wünsche, Träume,Im Entfalten,Im Zerfließen festgehalten;Manch ErlebtesLängst Entschwebtes,Mit GestaltenLeicht Verwebtes,Wie sie kommen, wie sie fliehn– Launekinder, Phantasien,Bilder im Vorüberziehn,Liebespoesien!
Was kleidet die Wiesen, was schmücket die Wälder, Was sprenget die Fesseln dem keuchenden Bach?Was führet die Thiere zurück in die Felder Und wehet den Klang aller Lieder wach?Es ist der Frühling, es ist die Sonne, Drum freue sich laut ein jegliches Herz,Und in der großen unsterblichen Wonne Verstumme der eitle, der menschliche Schmerz!