Daß man nicht alle haben kann –!
Wie gerne möcht ich Ernestinen
Als Schemel ihrer Lüste dienen!
Und warum macht mir Magdalene,
Wenn ich sie frage, eine Szene?
Von jener Lotte ganz zu schweigen –
Ich tät mich ihr als Halbgott zeigen.
Doch bin ich schließlich ein Stück Mann...
Daß man nicht alles haben kann –!

Gewiß: der Spiegel ist etwas alt.
Ich weiß, daß zwischen Spree und Elbe
Das Dramolet je stets dasselbe,
Doch denk ich alle, alle Male:
Entfern ich diesmal nur die Schale –
Was wird sich deinen Blicken zeigen?
Was ist, wenn diese Lippen schweigen?
Nur diesmal greifts mich mit Gewalt...
(Gewiß: das Spiel ist etwas alt.)

Daß man nicht alles haben kann –!
Das läßt sich zeitlich auch nicht machen...
Ich weiß, jetzt wirst du wieder lachen!
Ich komm doch stets nach den Exzessen
Zu Dir und kann dich nicht vergessen.
So gib mir denn nach langem Wandern
Die Summe aller jener andern.
Sei du die Welt für einen Mann...
Weil er nicht alle haben kann.

Kurt Tucholsky

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deutscher Journalist und Schriftsteller
* 9.1. 1890 - Berlin , Deutschland
21.12. 1935 - Göteborg
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