Ich weiß nicht, was da noch werden soll?
Schon dämmert´s im feuchten Grunde,
Die Fledermaus macht ahnungsvoll
Um den alten Stadtwall die Runde,
Am Scherbenberg wird´s öd und still,
Ich glaub´, die alte Wirtin will
Bereits die Schenke verschließen.

Ein Käuzlein hör´ ich drüben schrei´n,
Wo die Grabzypressen trauern,
Campagnanebel ziehen herein,
Verhüllt stehen Tor und Mauern;
Es wogt und wallt wie ein Geisterheer
Um Cestius´ Pyramide her
Was mögen die Toten wollen?

Jetzt zuckt und flammt um den Berg ein Licht,
Die grauen Wolken verfliegen;
Es kommt mit neidisch gelbem Gesicht
Der Vollmond aufgestiegen,
Er scheint so grell, er scheint so fahl,
Er scheint mir mitten in Weinpokal,
Das kann nichts Gutes bedeuten.

Und wer von der Liebsten scheiden gemüßt,
Dem wird sie nur um so lieber,
Und wer zu lang in der Nachtluft sitzt,
Bekommt in Rom das Fieber.
Schon löscht die Wirtin die Lampe aus –
Felice notte! ich geh´ nach Haus,
Die Zeche bezahl´ ich morgen.

Joseph Victor von Scheffel

Zusätzliche Informationen

»Der Trompeter von Säckingen. Werners Lieder aus Welschland«, 1854
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