Vorbei ist die Zeit, wo der Mensch noch nicht Den Erdball unsicher machte, Wo der Urwald unter dem Vollgewicht Des Mammutfußtritts erkrachte. Vergeblich spähst du in unserm Revier Nach dem Löwen, dem Wüstensohne; Es ist zu bedenken: wir leben allhier In sehr gemäßigter Zone.In Leben und Dichtung gehört das Feld Nicht dem Großen und Ungemeinen; Und immer schwächlicher wird die Welt, Noch kommen die Kleinsten der Kleinen.Sind wir Katzen verstummt, so singt die Maus, Dann schnürt auch die ihren Bündel; Zuletzt jubiliert noch in Saus und Braus Das Infusorien-Gesindel. (einzellige Wimperntierchen)
Eichhorn klettert übern Schlehdorn, Eichhorn will zum Wipfel steigen, Eichhorn fällt ins Gras herab. Wär´ es nicht so hoch gestiegen, Wär´ es nicht so tief gefallen, Bräch´s sein Füßlein nicht entzwei.
Römisch Recht, gedenk ich deiner, Liegts wie Alpdruck auf dem Herzen, Liegt´s wie Mühlstein mir im Magen, Ist der Kopf wie brettvernagelt! ... Sind verdammt wir immerdar, den Großen Knochen zu benagen, den als Abfall ihres Mahles uns die Römer hingeworfen? Soll nicht aus der deutschen Erde Eignen Rechtes Blum´ entsprossen, Waldes duftig, schlicht, kein üppig Wuchernd Schlinggewächs des Südens? Traurig Los der Epigonen! Müssen sitzen, müssen schwitzen, Hin und her die Fäden zerren, eines wüstverschlungnen Knäuels, Gibts´s kein Schwert und andre Lösung?
Unkraut:Wie kommt´s, daß du so traurig bist,Und gar nicht einmal lachst?Ich seh dir´s an den Augen an,Daß du geweinet hast.Gärtner:Und wer ein´n steinigen Acker hat,Dazu ´nen stumpfen Pflug,Und dessen Schatz zum Schelmen wird,Hat der nicht Kreutz genug?Unkraut:Doch wer mit Katzen ackern will,Der spann die Mäus voraus,So geht es alles wie ein Wind,So fängt die Katz die Maus.Hab all mein Tag kein Gut gethan,Hab´s auch noch nicht im Sinn;Die ganze Freundschaft weiß es ja,Daß ich ein Unkraut bin.
Maimorgengang, o still Entzücken:Der Äther strahlt im reinsten Blau,Und bräutlich will der Wald sich schmückenMit zartem Grün und Silbertau.Mit weichem, träumerischem SchläfernStrömt rings ein lauer Frühlingsduft,Und mit den Faltern und den KäfernDurchfliegt ein Blütenschnee die Luft;Die Halden blühn, die jüngst noch dorrten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Erneut im Licht! so will´s des LebensGesetz, das allen Stoff durchkreist,Ahrimans Winter drohn vergebens,Der Sieg verbleibt dem guten Geist.Sein weltverjüngend MaienwunderWeckt Saft und Farbe, Ton und Klang,Drum schallt von allen Wipfeln munterDer Nachtigallen Lobgesang.Sie jubeln seiner denn in Worten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Im Kies verstrüppter UferdämmeSchleicht heut mein Pfad feldaus, waldein,Da spiegeln wilde BirnbaumstämmeMit Ulm´ und Esche sich im Rhein.Auch ihn erfreun des Maien Wonnen,Sein Schuppenvolk taucht wohlig vor,Der Aal kommt schlängelnd sich zu sonnen,Laut plätschernd schnalzt der Hecht empor,Und murmelnd trägt´s die Flut gen Norden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Gekränktes Herz, wozu dein Härmen?Streif ab den fleckendunkeln Rost,Laß dich von diesen Lüften wärmenUnd schöpf´ aus dieser Landschaft Trost!Kein Leid, kein Groll darf allzeit dauern,Es kommt der Tag, da alles grünt,Da Kränkung, Schuld und herbes TrauernIn goldner Sonne Strahl sich sühnt,Auch im Gemüt, wie allerorten,Sieh´, es ist alles neu geworden.Und ruht im kühlen Schoß der ErdeVon allem Schmerz dein sterblich Teil,Getrost, getrost! ein kräftig „Werde!"Beruft dich einst zu bessrem Heil.Aus ird´schen Stoffs und Grams VerzehrungReist unsichtbar ein frischer Keim,Den eines andern Mal VerklärungZur Blüte bringt in anderm Heim.Dort rauscht´s in höheren Akkorden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Am Rhein bei Dettenheim, den 1. Mai 1869
Dienst – im Dienst! o schlimmes Wort, Das klingt so starr und frostig; Die Lieb´ ist hin, der Lenz ist fort, Mein Herz, werd´ mir nicht rostig. Trompete sieht mich traurig an, Mit Flor ist sie umhangen; Sie haben den lustigen Fiedelmann In Käfig eingefangen.Die schwere Zeit, die schwere Not Sank lastend auf ihn nieder, Muß spielen um sein täglich Brot – Verstummt sind seine Lieder.Der einst, die Zither leicht im Arm, Sang an des Rheines Welle, Schlägt jetzt den Takt – daß Gott erbarm! In der Sistinschen Kapelle.
Eigner Sang erfreut den Biedern, Denn die Kunst ging längst ins Breite, Seinen Hausbedarf an Liedern Schafft ein jeder selbst sich heute. Drum der Dichtung leichte Schwingen Strebt´ auch ich mir anzueignen; Wer wagt´s, den Beruf zum Singen Einem Kater abzuleugnen?Und es kommt nicht minder teuer, Als zur Buchhandlung zu laufen Und der andern matt´ Geleier Fein in Goldschnitt einzukaufen.
Das Epheu spricht:Mein Blüh´n wird nichtVom Farbenschmuck verklärt,Bin zäh und schlichtUnd halt´ mich dichtZum Stamm, der mich ernährt.Doch Sommers grünUnd Winters grünUnd grün in´s späte Alter,Freut mehr denn glüh´n,Buntfarbig sprüh´nUnd sterben mit dem Falter.
Arm wird matter, Stirn wird bleicher, Balde reißt des Lebens Faden, Grabt ein Grab mir auf dem Speicher, Auf der Walstatt meiner Taten! Fester Kämpe, trug die ganze Wucht ich hitzigen Gefechtes: Senkt mich ein mit Schild und Lanze Als den Letzten des Geschlechtes.Als den letzten, – o die Enkel, Nimmer gleichen sie den Vätern, Kennen nicht des Geists Geplänkel, Ehrbar sind sie, steif und ledern.Ledern sind sie und langweilig, Kurz und dünn ist ihr Gedächtnis; Nur sehr wen´ge halten heilig Ihrer Ahnherrn fromm Vermächtnis.Aber einst, in fernen Tagen, Wenn ich längst hinabgesargt bin, Zieht ein nächtlich Katerklagen Zürnend über euren Markt hin.Zürnend klingt euch in die Ohren Hiddigeigeis Geisterwarnung: »Rettet euch, unsel´ge Toren, Vor der Nüchternheit Umgarnung!«
Auch Hiddigeigei hat einstmals geschwärmt Für das Wahre und Gute und Schöne. Auch Hiddigeigei hat einst sich gehärmt Und geweint manch sehnsüchtige Träne. Auch Hiddigeigei ist einstmals erglüht Für die schönste der Katzenfrauen, Es klang wie des Troubadours Minnelied Begeistert sein nächtlich Miauen.Auch Hiddigeigei hat mutige Streich´ Vollführt einst, wie Roland im Rasen, Es schlugen die Menschen das Fell ihm weich, Sie träuften ihm Pech auf die Nasen.Auch Hiddigeigei hat spät erst erkannt, Daß die Liebste ihn schändlich betrogen, Daß mit einem ganz erbärmlichen Fant Sie verbotenen Umgang gepflogen.Da ward Hiddigeigei entsetzlich belehrt, Da ließ er das Schwärmen und Schmachten, Da ward er trotzig in sich gekehrt, Da lernt´ er die Welt verachten.