Alt Heidelberg, du feine, Du Stadt an Ehren reich, Am Neckar und am Rheine Kein´ andre kommt dir gleich. Stadt fröhlicher Gesellen, An Weisheit schwer und Wein, Klar ziehn des Stromes Wellen, Blauäuglein blitzen drein. Und kommt aus lindem Süden Der Frühling übers Land, So webt er dir aus Blüten Ein schimmernd Brautgewand. Auch mir stehst du geschrieben Ins Herz gleich einer Braut, Es klingt wie junges Lieben Dein Name mir so traut. Und stechen mich die Dornen, Und wird mir´s drauß zu kahl, Geb´ ich dem Roß die Spornen Und reit´ ins Neckartal.
Willst die Welt du klar erschauen, Schaue erst, was vor dir liegt, Wie aus Stoffen und aus Kräften Sich ein Bau zusammenfügt. Laß die Starrheit des Gewordnen Künden, was belebend treibt; In dem Wechsel der Erscheinung Ahne das, was ewig bleibt.Aus dem Dünkel eignen Meinens Nie entkeimt die frische Saat, Im Nachdenken nur erschwingt sich Menschengeist zur Schöpfertat.
Römisch Recht, gedenk ich deiner, Liegts wie Alpdruck auf dem Herzen, Liegt´s wie Mühlstein mir im Magen, Ist der Kopf wie brettvernagelt! ... Sind verdammt wir immerdar, den Großen Knochen zu benagen, den als Abfall ihres Mahles uns die Römer hingeworfen? Soll nicht aus der deutschen Erde Eignen Rechtes Blum´ entsprossen, Waldes duftig, schlicht, kein üppig Wuchernd Schlinggewächs des Südens? Traurig Los der Epigonen! Müssen sitzen, müssen schwitzen, Hin und her die Fäden zerren, eines wüstverschlungnen Knäuels, Gibts´s kein Schwert und andre Lösung?
Laß die breitgetretnen Plätze, Steig nach unten, klimm nach oben; Reiche Nibelungen-Schätze Liegen rings noch ungehoben. Und du schaust vom Grat der Berge Fernes Meer und Ufer dämmern, Hörst tief unten der Gezwerge Erzgewaltig dumpfes Hämmern.Mannagleich wird dich erquicken Süße, starke Geistesnahrung, Hell vor den gestählten Blicken Glänzt die alte Offenbarung:Wie der gröbste und der feinste Faden sich zu einem Netz schlingt, Wie durchs Größte und das Kleinste Stets das gleiche Weltgesetz dringt.Aber einmal, – schwer Geständnis, – Einmal mußt du doch dich beugen, Und am Ende der Erkenntnis Steht ein ahnungsvolles Schweigen.
Berggipfel erblühen,Waldwipfel erblühenVom Lenzhauch geschwellt;Zugvogel mit SingenErhebt seine Schwingen;Ich fahr´ in die Welt.Mir ist zum GeleiteIn lichtgoldnem KleideFrau Sonne bestellt;Sie wirft meinen SchattenAuf blumige Matten;Ich fahr´ in die Welt.Mein Hutschmuck die Rose,Mein Lager im Moose,Der Himmel mein Zelt;Mag lauern und kauernWer will, hinter Mauern;Ich fahr´ in die Welt.
Arm wird matter, Stirn wird bleicher, Balde reißt des Lebens Faden, Grabt ein Grab mir auf dem Speicher, Auf der Walstatt meiner Taten! Fester Kämpe, trug die ganze Wucht ich hitzigen Gefechtes: Senkt mich ein mit Schild und Lanze Als den Letzten des Geschlechtes.Als den letzten, – o die Enkel, Nimmer gleichen sie den Vätern, Kennen nicht des Geists Geplänkel, Ehrbar sind sie, steif und ledern.Ledern sind sie und langweilig, Kurz und dünn ist ihr Gedächtnis; Nur sehr wen´ge halten heilig Ihrer Ahnherrn fromm Vermächtnis.Aber einst, in fernen Tagen, Wenn ich längst hinabgesargt bin, Zieht ein nächtlich Katerklagen Zürnend über euren Markt hin.Zürnend klingt euch in die Ohren Hiddigeigeis Geisterwarnung: »Rettet euch, unsel´ge Toren, Vor der Nüchternheit Umgarnung!«
»Manch ein schwer Problema hab´ ichPrüfend in dem KaterherzenSchon erwogen und ergründet,Aber eins bleibt ungelöst mir,Ungelöst und unbegriffen:Warum küssen sich die Menschen?´s ist nicht Haß, sie beißen nicht,Hunger nicht, sie fressen sich nicht.´s kann auch kein zweckloser, blinderUnverstand sein, denn sie sind sonstKlug und selbstbewußt im Handeln,Warum also, frag´ umsonst ich,Warum küssen sich die Menschen;Warum meistens nur die jüngern?Warum diese meist im Frühling?Über diese Punkte werd´ ichMorgen auf des Daches GiebelEtwas näher meditieren.«
Im Herz tobt altes Grollen, Der Sturm pfeift durch die Luft – »Du kommst mir eben rechte Des Weges, welscher Schuft! Dein Dolchstoß ist parieret, Nun, werter Freund, hab acht, Wie auf den welschen Schädel Die deutsche Klinge kracht!«– Die Sonn´ war untergegangen Fern, fern beim Vatikan; Sie schien des andern Morgens Auf einen toten Mann.
Das Epheu spricht:Mein Blüh´n wird nichtVom Farbenschmuck verklärt,Bin zäh und schlichtUnd halt´ mich dichtZum Stamm, der mich ernährt.Doch Sommers grünUnd Winters grünUnd grün in´s späte Alter,Freut mehr denn glüh´n,Buntfarbig sprüh´nUnd sterben mit dem Falter.
An dem Ende seiner Tage Steht der Kater Hiddigeigei, Und er denkt mit leiser Klage, Wie sein Dasein bald vorbei sei. Möchte gerne aus dem Schatze Reicher Weisheit Lehren geben, Dran in Zukunft manche Katze Haltpunkt fänd´ im schwanken Leben.Ach, der Lebenspfad ist holpernd, – Liegen dort so manche Steine, Dran wir Alte, schmählich stolpernd, Oftmals uns verrenkt die Beine.Ach, das Leben birgt viel Hader Und schlägt viel unnütze Wunden, Mancher tapfre schwarze Kater Hat umsonst den Tod gefunden.Doch wozu der alte Kummer, Und ich hör´ die Jungen lachen, Und sie treiben´s noch viel dummer, Schaden erst wird klug sie machen.Fruchtlos stets ist die Geschichte; Mögen sehn sie, wie sie´s treiben! – Hiddigeigeis Lehrgedichte Werden ungesungen bleiben.