Seele, wirf den Kummer hin,Deiner Hoheit nachzudencken,Und las dir den freyen SinnDurch des Leibes Last nicht kräncken;Diese Bürde, so man trägt,Wird in kurzem abgelegt.Die Gefangenschaft vergeht,Stahl und Feßel müßen brechen;Unsers Lebens AlphabetIst ja noch wohl auszusprechen,Macht doch auch die ganze ZeitKeinen Punct der Ewigkeit.Sclaven werden endlich freyUnd der Kercker aufgebrochen,Wenn des Todes TyranneyIhren Feinden Hohn gesprochen;Ja, der längste RichterstabReichet selten bis ins Grab.Heiden mögen mit der GruftIhren Hofnungsport verschließenUnd, wenn das Verhängnüß ruft,Thränen vor Verdruß vergießen,Weil sie dieser Wahn betriegt,Daß der Geist zugleich verfliegt.Unser Glaube bricht die BahnDurch den Kirchhof in das Leben.Wer die Welt nicht grüßen kan,Lernt ihr zeitlich Abschied geben;Denn er glaubet, daß der GeistSich der Sterbligkeit entreißt.Nun wohlan, ich bin bereit,Meine Glieder hinzulegen;Denn des Todes BitterkeitFühret uns auf DornenwegenIn des Himmels Rosenfeld,Wo die Wollust Tafel hält.
Abermal ein Teil vom Jahre,abermal ein Tag vollbracht:Abermal ein Brett zur Bahreund ein Schritt zur Gruft gemacht.Also nähert sich die Zeitnach und nach der Ewigkeit;also müssen wir auf Erdenzu dem Tode reifer werden.
Himmel, ich erschrecke;Was ich riech und schmecke,Stinkt nach Höllenglut,Weil der Streich der RacheMeiner bösen SacheSchwer und bange tut.Angst und Not,Ja gar der Tod.
Ich habe genug.Lust, Flammen und KüsseSind giftig und süßeund machen nicht klug.Komm, selige Freiheit und dämpfe den Brand,Der meinem Gemüte die Weisheit entwand.Was hab ich getan!Jetzt seh ich die TriebeDer törichten LiebeVernünftiger an;Ich breche die Fessel, ich löse mein HerzUnd hasse mit Vorsatz den zärtlichen Schmerz.Was quält mich vor Reu?Was stört mir vor KummerDen nächtlichen Schlummer?Die Zeit ist vorbei.O köstliches Kleinod, o teurer Verlust!O hätt´ ich die Falschheit nur eher gewußt!Geh, Schönheit, und fleuch!Die artigsten BlickeSind schmerzliche Stricke;Ich merke den Streich.Es lodern die Briefe, der Ring bricht entzweiUnd zeigt meiner Schönen: Nun leb ich recht frei.Nun leb ich recht freiUnd schwöre von Herzen,Daß Küssen und ScherzenEin Narrenspiel sei;Denn wer sich verliebet, der ist wohl nicht klug.Geh, falsche Syrene, ich habe genug!
Schicke dich, geliebtes Kind,in unruhevolle Zeiten; dann und wannkann Sturm und Windunverhofft in Hafen leiten.Nun ist wohl niemand besser dran,als wer getreu und klug und ewig lieben kann.
Betrügliches Glücke!Die stählerne BrückeDer Hoffnung zerfällt;Der Becher der FreudenWird mir durch dies LeidenMit Wermut vergällt.Die Sonne der Tugend,Die Blume der Jugend,Geht unter und ein;Der Himmel wird trübe,Die Flammen der LiebeVerlieren den Schein.Der Frühling der JahreEr stirbt auf der Bahre:Wer wird mir den KußWie vormals gewähren?Ach langes Entbehren!Ach kurzer Genuß!Erblaßte Florette,Dein Tod reißt die KetteDer Eintracht entzwei;Dein LeichenbegängnisZeigt, wie das VerhängnisMein Henkersknecht sei.Bedeckt mich, ihr Berge,Umfaßt mich, ihr Särge,Versagt mir die Luft!Mein Geist mag zerfliegen,Des Leibes VergnügenIst Moder und Gruft.Ich sterbe vor Kummer,Der ewige SchlummerEntgeistert die Brust.Ich liebte von Herzen,Ich lebte mit Schmerzen,Ich sterbe mit Lust.
Endlich bleibt nicht ewig aus,Endlich wird der Trost erscheinen,Endlich grünt der Hoffnungsstrauß,Endlich hört man auf zu weinen.Endlich bricht der Tränen Krug,Endlich spricht der Tod: Genug!Endlich wird aus Wasser Wein,Endlich kommt die rechte Stunde,Endlich fällt der Kerker ein,Endlich heilt die tiefe Wunde.Endlich macht die SklavereiDen gefangnen Joseph frei. Endlich, endlich kann der Neid,Endlich auch Herodes sterben,Endlich Davids HirtenkleidSeinen Saum in Purpur färben,Endlich macht die Zeit den SaulZur Verfolgung schwach und faul.Endlich nimmt der LebenslaufUnsres Elends auch ein Ende,Endlich steht der Heiland auf,Der das Joch der Knechtschaft wende,Endlich machen vierzig JahrDie Verheißung zeitig wahr. Endlich blüht die Aloe,Endlich trägt der Palmbaum Früchte,Endlich schwindet Furcht und Weh,Endlich wird der Schmerz zunichte,Endlich sieht man Gottes Tal:Endlich endlich kommt einmal.