Der Frost hat mir bereifet des Hauses Dach;Doch warm ist mirs geblieben im Wohngemach.Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt;Doch fließt das Blut, das rote, durchs Herzgemach.Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sindGegangen, all gegangen einander nach.Wo sind sie hingegangen? ins Herz hinab:Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.Sind alle Freudenströme der Welt versiegt?Noch fließt mir durch den Busen ein stiller Bach.Sind alle Nachtigallen der Flur verstummt?Noch ist bei mir im stillen hier eine wach.Sie singet: Herr des Hauses! verschleuß dein Tor,Daß nicht die Welt, die kalte, dring ins Gemach.Schleuß aus den rauhen Odem der Wirklichkeit,Und nur dem Duft der Träume gib Dach und Fach.Ich habe Wein und Rosen in jedem Lied,Und habe solcher Lieder noch tausendfach.Vom Abend bis zum Morgen und Nächte durchWill ich dir singen Jugend und Liebesach.
Unsterblichkeit ist nicht der Zukunft aufgespart,Unsterblichkeit ist im Gefühl der Gegenwart.Du wärst nicht, der du bist, in diesem Nu der Zeit,Wenn du derselbige nicht wärst in Ewigkeit.So bald du denken willst, du wärest nicht mehr einst:So fühlst du, daß du dich insoweit selbst verneinst.Verneine nur dies Nein! dazu hast du empfahnDes Geistes Kraft allein, dich ewig zu bejahn.
Du bist die Rose meiner Liebe,Die Ros´ auf meines Herzens FlurEs waren andre BlumentriebeVorahnung meiner Rose nur.Es kam der Flor, daß er zerstiebe,Verschwinden mußte jede Spur,Daß Raum für meine Rose bliebe,Die mir zu bleiben ewig schwur.
Kehr´ ein bei mirDu bist die Ruh´,Der Friede mild,Die Sehnsucht du,Und was sie stillt. Ich weihe dirVoll Lust und SchmerzZur Wohnung hierMein Aug´ und Herz. Kehr´ ein bei mir,Und schließe duStill hinter dirDie Pforten zu! Treib andern SchmerzAus dieser Brust!Voll sei dies HerzVon deiner Lust; Dies Augenzelt,Von deinem GlanzAllein erhellt,O füll´ es ganz!
Du, dieses Jahres Abend, Herbst,Sei meines Lebensabends Bild!Wie langsam du den Hain entfärbst,Und deine Sonn´ ist frühlingsmild:Es lacht das grünende Gefild Tief im Oktober ohne Frost,Und in der Traube schwillt der Most,Wie in der Brust Begeist´rung schwillt.
Die Sprache ging durch Busch und Gehege,Sie bahnte sich ihre eigenen Wege.Und wenn sie einmal verirrt im Wald,Doch fand sie zurecht sich wieder bald.Sie ging einmal den gebahnten Steg,Da trat ein Mann ihr in den Weg.Die Sprache sprach: Wer bist du, Dreister?Er sprach: Dein Lehrer und dein Meister.Die Sprache dacht´ in ihrem Sinn:Bin ich nicht selber die Meisterin?Aber sie ließ es sich gefallen,Ein Streckchen mit ihrem Meister zu wallen.Der Meister sprach in einem fort,Er ließ die Sprache nicht kommen zum Wort.Er hatt´ an ihr gar manches zu tadeln,Sie sollte doch ihren Ausdruck adeln.Die Sprache lächelte lang´ in Huld,Endlich kam ihr die Ungeduld.Da fing sie an, daß es ihn erschreckte,Zu sprechen in einem Volksdialekte.Und endlich sprach sie gar in Zungen,Wie sie vor tausend Jahren gesungen.Sie konnt´ es ihm am Maul ansehn,Daß er nicht mocht´ ein Wort verstehn.Sie sprach: Wie du mich siehst vor dir,Gehört´ das alles doch auch zu mir;Das solltest du doch erst lernen fein,Eh´ du wolltest mein Lehrer sein.Drauf gingen sie noch ein Weilchen fort,Und der Meister führte wieder das Wort.Da kamen sie, wo sich die Wege teilten,Nach jeder Seit´ auseinander eilten.Die Sprache sprach: Was rätst nun du?Der Meister sprach: Nur gerade zu!Nicht rechts, und links nicht ausgeschritten;Immer so fort in der rechten Mitten!Die Sprache wollt´ einen Haken schlagen,Der Meister packte sie beim Kragen:Du rennst mein ganz System übern Haufen.Wenn du so willst in die Irre laufen.Die Sprache sprach: Mein guter Mann,Was geht denn dein System mich an?Du deutest den Weg mir mit der Hand,Ich richte mich nach der Sonne Stand;Und wenn die Stern´ am Himmel stehn,So lassen auch die mich nicht irre gehn.Macht ihr nur keinen Dunst mir vor,Daß ich sehn kann den ewigen Chor.Doch daß ich jetzo mich links will schlagen,Davon kann ich den Grund dir sagen:Ich war heut´ früh rechts ausgewichen,Und so wird´s wieder ausgeglichen.
Nie stille steht die Zeit, der Augenblick entschwebt,und den du nicht benutzt, den hast du nicht gelebt.Und du auch stehst nie still, der gleiche bleibst du nimmer,und wer nicht besser wird, ist schon geworden schlimmer.Wer einen Tag der Welt nicht nutzt, hat ihr geschadet,weil er versäumt, wozu ihn Gott mit Kraft begnadet.
Sieh! keinen Tropfen Wasser schluckt das Huhn,Ohn´ einen Blick zum Himmel auf zu tun;Und ohne vor anbetend sich zum StaubeGeneigt zu haben, pickt kein Korn die Taube.Was sie bewußtlos tun, tu du´s bewußt;Daß du vor ihnen dich nicht schämen mußt.
Engel umschweben uns,Wo wir auch gehn,Engel umgeben uns,Wie wir uns drehn.Doch wir erkennen sieNicht in dem Licht,Und zu benennen sieWissen wir nicht.Selber zu blenden unsScheinet der Glanz,Wir von ihm wenden unsHalb oder ganz.Aber nun haben wirEngel ein Paar,Denen ja gaben wirNamen fürwahr.Und nicht vergaßen wir:Wirklich einmalSelber besaßen wirLeiblich den Strahl.Sollten wir wenden unsAb von dem Glanz?Sollten verblenden unsHalb oder ganz?Nein! wir erkennen euchFreudig im Licht,Und zu benennen euchZweifeln wir nicht.Lächelnd ihr gebet unsWohl zu verstehn,Daß ihr umschwebet uns,Wo wir auch gehn.
Der Schnee, der gestern noch in FlöckchenVom Himmel fiel,Hängt nun geronnen heut´ als GlöckchenAm zarten Stiel.Schneeglöckchen läutet; was bedeutet´sIm stillen Hain?O komm geschwind! Im Haine läutet´sDen Frühling ein.O kommt, ihr Blätter, Blüt´ und Blume,Die ihr noch träumt,All´ zu des Frühlings Heiligtume!Kommt ungesäumt!