Die Sonne sinkt1.Nicht lange durstest du noch,verbranntes Herz!Verheißung ist in der Luft,aus unbekannten Mündern bläst mich´s an,– die große Kühle kommt...Meine Sonne stand heiß über mir im Mittage:seid mir gegrüßt, daß ihr kommt,ihr plötzlichen Winde,ihr kühlen Geister des Nachmittags!Die Luft geht fremd und rein.Schielt nicht mit schiefemVerführerblickdie Nacht mich an?...Bleib stark, mein tapfres Herz!Frag nicht: warum? –
Verhaßt ist mir das Folgen und das Führen.Gehorchen? Nein! Und aber nein – Regieren!Wer sich nicht schrecklich ist, macht niemand Schrecken:Und nur wer Schrecken macht, kann andre führen.Verhaßt ist mirs schon, selber mich zu führen!Ich liebe es, gleich Wald- und Meerestieren,mich für ein gutes Weilchen zu verlieren,in holder Irrnis grüblerisch zu hocken,von ferne her mich endlich heimzulocken,mich selber zu mir selber – zu verführen.
2.Diese Münze, mit deralle Welt bezahlt,Ruhm –,mit Handschuhen fasse ich diese Münze an,mit Ekel trete ich sie unter mich.Wer will bezahlt sein?Die Käuflichen...Wer feil steht, greiftmit fetten Händennach diesem Allerwelts-Blechklingklang Ruhm!– Willst du sie kaufen?Sie sind alle käuflich.Aber biete viel!klingle mit vollem Beutel!– du stärkst sie sonst,du stärkst sonst ihre Tugend...Sie sind alle tugendhaft.Ruhm und Tugend – das reimt sich.So lange die Welt lebt,zahlt sie Tugend-Geplappermit Ruhm-Geklapper –,die Welt lebt von diesem Lärm...Vor allen Tugendhaftenwill ich schuldig sein,schuldig heißen mit jeder großen Schuld!Vor allen Ruhms-Schalltrichternwird mein Ehrgeiz zum Wurm –,unter solchen gelüstets mich,der Niedrigste zu sein...Diese Münze, mit deralle Welt bezahlt,Ruhm –,mit Handschuhen fasse ich diese Münze an,mit Ekel trete ich sie unter mich.
Vorausbestimmt zur Sternenbahn,Was geht dich, Stern, das Dunkel an?Roll selig hin durch diese Zeit!Ihr Elend sei dir fremd und weit!Der fernsten Welt gehört dein Schein:Mitleid soll Sünde für dich sein!Nur ein Gebot gilt dir: sei rein!
Eine ernste Kunst ist Lachen:soll ich´s morgen besser machen,sagt mir: mach´ ich´s heute gut?Kam der Funke stets vom Herzen?Wenig taugt der Kopf zum Scherzen,glüht im Herzen nicht die Glut.
Es ist der Wind um Mitternacht,Der leise an mein Fenster klopft.Es ist der Regenschauer sacht,Der leis an meiner Kammer tropft.Es ist der Traum von meinem Glück,Der durch mein Herz streift wie der Wind.Es ist der Hauch von deinem Blick,Der durch mein Herz schweift regenlind.
Ecce homo Ja! Ich weiß woher ich stamme,ungesättigt gleich der Flamme,glühe und verzehr ich mich.Licht wird alles was ich fasse,Kohle alles was ich lasse,Flamme bin ich sicherlich.
Noch einmal, ehe ich weiterzieheund meine Blicke vorwärts sende, heb ich vereinsamt meine Händezu dir empor, zu dem ich fliehe, dem ich in tiefster HerzenstiefeAltäre feierlich geweiht,daß allezeitmich deine Stimme wieder riefe.Darauf erglüht tief eingeschriebendas Wort dem unbekannten Gotte.Sein bin ich, ob ich in der Frevler Rotteauch bis zur Stunde bin geblieben:Sein bin ich – und ich fühl die Schlingen,die mich im Kampf darniederziehnund, mag ich fliehn, mich doch zu seinem Dienste zwingen.Ich will dich kennen, Unbekannter.Du tief in meine Seele Greifender, mein Leben wie ein Sturm Durchschweifender, du Unfaßbarer, mir Verwandter!Ich will dich kennen, selbst dir dienen.
Es zuckt die Lippe und das Auge lacht,Und doch steigt´s vorwurfsvoll empor,Das Bild aus tiefer, tiefer Herzensnacht –Der milde Stern an meines Himmels Tor.Er leuchtet siegreich – und die Lippe schließtSich dichter – und die Träne fließt.