Oft in der stillen Nacht.Oft in der stillen Nacht,wenn zag der Atem gehtund sichelblank der Mondam schwarzen Himmel steht, wenn alles ruhig istund kein Begehren schreit,führt meine Seele michin Kindeslande weit.Dann seh´ ich, wie ich schrittunfest mit Füßen klein,und seh´ mein Kindesaug und seh´ die Hände mein und höre meinen Mund,wie lauter klar er sprachund senke meinen Kopfund denk´ mein Leben nach: Bist du, bist du allweggegangen also rein,wie du gegangen bistauf Kindes Füßen klein? Hast du, hast du allweggesprochen also klar,wie einsten deines Mundslautleise Stimme war? Sahst du, sahst du allwegso klar ins Angesichtder Sonne, wie dereinstder Kindesaugen Licht? Ich blicke, Sichel, aufzu deiner weißen Pracht;tief, tief bin ich betrübtoft in der stillen Nacht.
Ich sahe mit betrachtendem Gemütejüngst einen Kirschbaum, welcher blühte,in kühler Nacht beim Mondenschein;ich glaubt, es könne nichts von größerer Weiße sein.Es schien, als wär ein Schnee gefallen;ein jeder, auch der kleinste Ast,trug gleichsam eine rechte Lastvon zierlich weißen runden Ballen.Es ist kein Schwan so weiß, da nämlich jedes Blatt,- indem daselbst des Mondes sanftes Lichtselbst durch die zarten Blätter bricht -sogar den Schatten weiß und sonder Schwärze hat.Unmöglich, dacht ich, kann auf Erdenwas Weißres aufgefunden werden.Indem ich nun bald hin, bald herim Schatten dieses Baumes gehe,sah ich von ungefährdurch alle Blumen in die Höheund ward noch einen weißern Schein,der tausendmal so weiß, der tausendmal so klar,fast halb darob erstaunt, gewahr.Der Blüte Schnee schien schwarz zu seinbei diesem weißen Glanz. Es fiel mir ins Gesichtvon einem hellen Stern ein weißes Licht,das mir recht in die Seele strahlte.Wie sehr ich mich an Gott im Irdischen ergötze,dacht ich, hat er dennoch weit größre Schätze.Die größte Schönheit dieser Erdenkann mit der himmlischen doch nicht verglichen werden.
In einem angenehmen Herbst,bey ganz entwölktem heiterm Wetter,Indem ich im verdünnten Schatten,bald Blätter-loser Bäume, geh´,Und des so schön gefärbten Laubesannoch vorhandnen Rest beseh´;Befällt mich schnell ein sanfter Regen,von selbst herabgesunkner Blätter. Ein reges Schweben füllt die Luft.Es zirkelt, schwärmt´ und drehte sichIhr bunt, sanft abwärts sinkend Heer;doch selten im geraden Strich.Es schien die Luft, sich zu bemühn,den Schmuck, der sie bisher gezieret,So lang es möglich, zu behalten,und hindert´ ihren schnellen Fall.Hiedurch ward ihre leichte Last,im weiten Luft-Kreis überall,In kleinen Zirkelchen bewegt,in sanften Wirbeln umgeführet,Bevor ein jedes seinen Zweck,und seiner Mutter Schooß, berühret;Um sie, bevor sie aufgelöst,und sich dem Sichtlichen entrücken,Mit Decken, die weit schöner noch,als persianische, zu schmücken. Ich hatte diesem sanften Sinken,der Blätter lieblichem Gewühl,Und dem dadurch, in heitrer Luft,erregten angenehmen Spiel,Der bunten Tropfen schwebendem,im lindem Fall formiertem, Drehn,Mit offnem Aug´, und ernstem Denken,nun eine Zeitlang zugesehn;Als ihr von dem geliebten Baumfreywilligs Scheiden (da durch Wind,Durch Regen, durch den scharfen Nord,sie nicht herabgestreifet sind;Nein, willig ihren Sitz verlassen,in ihren ungezwungnen Fällen)Nach ernstem Denken, mich bewog,sie mir zum Bilde vorzustellen,Von einem wohlgeführten Alter,und sanftem Sterben; Die hingegen,Die, durch der Stürme strengen Hauch,durch scharfen Frost, durch schwehren Regenihren Zweigen abgestreift und abgerissen,kommen mir,Wie Menschen, die durch Krieg und Brandund Stahl gewaltsam fallen, für. Wie glücklich, dacht´ ich, sind die Menschen,die den freywillgen Blättern gleichen,Und, wenn sie ihres Lebens Ziel,in sanfter Ruh´ und Fried´, erreichen;Der Ordnung der Natur zufolge,gelassen scheiden, und erbleichen!
Flammende Rose,Zierde der Erden,Glänzender Gärtenbezaubernde Pracht;Augen, die deineVortrefflichkeit sehen,Müssen vor Anmut erstaunend gestehen,Daß dich ein göttlicher Fingergemacht.
Gott, der durch ein Wort: Es werde!Aller Himmel Himmel Pracht,Stern’ und Sonnen, Mond und Erde,Glut und Flut hervorgebracht!Alle Tropfen in den Bächen,Ja sogar im tiefen Meer,Hör’ ich gleichsam rauschend sprechen:Nur von Gott kommt alles her;Ihm allein sei Preis und Ehr!
Im Frühling prangt die schöne WeltIn einem fast Smaragden Schein.Im Sommer gläntzt das reife Feld,Und scheint dem Golde gleich zu seyn.Im Herbste sieht man, als Opalen, Der Bäume bunte Blätter strahlen.Im Winter schmückt ein Schein, wie DiamantUnd reines Silber, Fluth und Land.Ja kurtz, wenn wir die Welt aufmercksam sehn,Ist sie zu allen Zeiten schön.
Nun sich die Knospen aus den Zweigen drängen,blühende Kräfte morsche Bande sprengen,wohin du siehst, wacht alles fröhlich auf -:Nun sei in deiner Seele rein und heiter,Erzengel rechts und links dir als Begleiter,nimm in den Morgen fröhlich deinen Lauf! Die Schwingen streifen dich an beiden Seiten,um dich der Engel Atem im Geleiten,wie muß dein Schritt jetzt frei und kräftig sein!Schreit´ aus und glaube: Dir erklang das Werde!Schick´ deine Blicke aus: Die ganze Erdeblüht dir ans Herz: Was schön ist, das ist dein! Denn der ist König über alle Dinge,und den berührt der Engel goldene Schwinge,der seine Blicke so aussenden kann,daß sie wie Adler Beute heimwärts tragen,und dem die Morgenstunde leuchtend sagen:Du Mensch mit hellen Augen, nimm uns an!
Frühlings-Seufzer Großer Gott, in dieser Pracht Seh´ ich Deine Wunder-MachtAus vergnüg´ter Seelen an.Es gereiche dir zu Ehren,Daß ich sehen, daß ich hören,Fühlen, schmecken, riechen kann!
Die Erde hat gebebt und ihr geborstner GrundDie Königin am Meer verschlungen,Und schwärzre Trübsal noch droht unsrem armen RundVon schwärmender Propheten Zungen: Wie aus bemoostem Schutt der Uhu, wann die NachtIn furchtbarn Schatten ihn verstecket,Auf stille Dächer fliegt, selbst melancholisch wacht,Und heulend müde Städte wecket. Auf Schwanenfedern horcht die Wollust und erschrickt;Ein Schauer bebt durch ihre Glieder.Der sorgenvolle Geiz, auch schlafend unerquickt,Bebt heut und wuchert morgen wieder. Propheten wimmeln stets in trüber Zeit hervor:Der leichte Pöbel glaubt, er zittert,Wie dürres Laub im Herbst, und wie das schwache RohrDer Flügel eines Wests erschüttert. Ihr Musen, die ihr einst, im Frühling meiner Zeit,Mich mit Ambrosia genähret,Als ihr, in eurem Hayn voll heilger Dunkelheit,Die deutsche Leyer mich gelehret! Zufrieden dank ich euch, daß immer gleiche LustIn meiner Seelen helle scheinet,Und euer stiller Freund nicht, an der Thorheit Brust,Nach Phantasien lacht und weinet. O laßt, zu aller Zeit, mein Antlitz heiter seyn,Nicht bloß in sonnenvollen Tagen,Wann mich die Freude sucht, und Saitenspiel und WeinDie Wolken vor mir her verjagen: Nicht bloß im dunklen Busch und wo die NachtigallBald singend über mir verweilet,Bald an der Quelle seufzt, die reiner, als Crystall,Geschwätzig über Kiesel eilet. Es müss´ auf meiner Stirn, wann schon die Erde bebt,Der göttliche Gedanke schimmern,Daß Tugend glücklich ist und meine Seele lebt,Auch unter ganzer Welten Trümmern!