´S gibt Gräber, wo die Klage schweigt,
Und nur das Herz von innen blutet,
Kein Tropfen in die Wimpern steigt,
Und doch die Lava drinnen flutet;
´S gibt Gräber. die wie Mitternacht
An unserm Horizonte stehn,
Und alles Leben niederhalten,
Und doch, wenn Abendrot erwacht,
Mit ihren goldnen Flügeln wehn,
Wie milde Seraphimgestalten.

Zu heilig sind sie für das Lied,
Und mächt´ge Redner doch vor allen,
Sie nennen dir, was nimmer schied,
Was nie und nimmer kann zerfallen;
O, wenn dich Zweifel drückt herab,
Und möchtest atmen Ätherluft,
Und möchtest schauen Seraphsflügel,
Dann tritt an deines Vaters Grab!
Dann tritt an deines Bruders Gruft!
Dann tritt an deines Kindes Hügel!

Annette von Droste-Hülshoff
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