Es huscht die Nacht vorbei auf leisen Sohlen,
Schwül weht ihr Athemzug zu ihm herauf,
Im Garten schließt der zitternden Violen
Lichtscheue Schaar die blassen Kelche auf.

Und in die Winde, die sein Haupt umkosen
Wie eine linde, weiche Frauenhand,
Mischt sich ein Duft von Heliotrop und Rosen,
Der süße Duft, den er so wohl gekannt.

Sie trug ihn einst, die er im Arm gehalten,
Die hingeschmiegt an seiner Brust geruht,
Er stieg empor aus des Gewandes Falten,
Aus ihres Hauptes gold´ner Lockenfluth.

Er war ihr eigen, wie der Nacht die Träume,
Und als sie längst sich seinem Arm entwand,
Zog noch der schwere Duft durch seine Räume
Ein Frühlingsgruß, da lang der Frühling schwand.

So lang ist´s her! Die Jahre sind entschwunden
Er ward ein müder, freudeloser Mann,
Dem Keiner mehr den Rausch verblühter Stunden
Von der durchfurchten Stirne lesen kann.

Doch wenn die schwülen Sommerwinde wehen,
In´s Fenster zieht des Heliotrops Duft,
Dann will ihr Bildniß ihm wie einst erstehen,
Dann steigt die Jugend aus der stillen Gruft.

Anna Ritter
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