"Dem Auge fern, dem Herzen nah!"Als ich die alte Grabschrift sahIm eingesunknen Marmorstein,Da fiel mein totes Lieb mir ein.O Gott, ich schrieb schon tausendmalDas gleiche Lied aus gleicher Qual,Und war doch keins wie dieses da:"Dem Auge fern, dem Herzen nah!"
Ein Bissen Brot,Ein Stückchen Wurst,Ein Glas voll WasserFür den Durst,Ein Teller mitGeblümtem Rand,Und ich davor, soHand in Hand …Mein Blick geht leerDarüber hin.Mir will es gar nichtAus dem Sinn,Daß du mich gesternHast geküßtUnd heut´ schon bei derAndern bist.Der Abend kommt.Ich spar das Licht.Zum bißchen EssenBrauch´ ich´s nicht.Und wie es schmeckt,Es ist ja gleich,Ist doch vor lauterThränen weich …
Die Mutter schleppte einst Gemüse,Und wenn die Kirschenernte kam,Dann stahl für mich die kleine Liese,Soviel die kleine Schürze nahm. –Wie schmausten wir in Feld und Wiese!Die Mutter hockt vor ihren Körben;Jetzt ist sie alt, doch froh im Sinn,Drum prahlt sie vor der Nachbarin:"Mein Mädel kann ja nicht verderben,Denn die versteht sich aufs ErwerbenUnd legt noch was für später hin!"Ich hab sie gestern erst gesehenIch hab ihr Antlitz gleich erkannt.Stumm blieb ich in der Menge stehen,Bis ihrer Rembrandtfedern WehenIm Straßenstrudel langsam schwand.Und konnt nicht von der Stelle gehen,So hat ihr Dirnenblick gebrannt.
Weiche Hände hat die Nachtund sie reicht sie mir ins Bette;fürchtend, daß ich Tränen hätte,streicht sie meine Augen sacht. Dann verläßt sie das Gemach;rauschen hör´ ich, sanft und seiden;und den Dornenzweig der Leidenzieht sie mit der Schleppe nach.
»Dem Auge fern, dem Herzen nah!«Als ich die alte Grabschrift sahim eingesunknen Marmorstein,da fiel mein totes Lieb mir ein . . .O Gott, ich schrieb schon tausendmaldas gleiche Lied aus gleicher Qual,und war doch keins wie dieses da:»Dem Auge fern, dem Herzen nah!«
Familie(Meinen Brüdern Albert und Heinrich) Mir wird das Herz so bitterschwer, hol´ ich die alten Bilder her der Eltern und der Brüder. Verwehte Jahre ziehn herauf, vernarbte Wunden wachen auf und zucken plötzlich wieder. Der Vater lief von Haus zu Haus und lief sich fast die Seele aus, fünf Jungens satt zu kriegen. Mit einem Fünfzigpfennigbrot da hat man seine liebe Not... Zehn Kilo müßt´ es wiegen!Die Mutter immer bleich und krank, - das ging so Jahr und jahrelang; wir schlichen nur auf Zehen. Nur manchmal um ihr Bett herum, da saßen wir und hörten stumm die alte Wanduhr gehen.Dann polterte ein Sarg herein, der zog den zweiten hinterdrein, und den schob gleich ein dritter. Die Tischler hatten guten Lohn, die Totengräber grüßten schon und gar die Leichenbitter!Zwei Brüder sind der ganze Rest; die andern hält die Erde fest, die wird nichts wiedergeben. Wir drei, wir schaun uns oft so an – Wer weiß, wer morgen von uns dran – Prost Brüder, ihr sollt leben!
Ich aber weiß, ich seh dich manche Nacht, In meinen Träumen klingt dein holdes Lachen, Und meine Lippen murmeln oft im Wachen Verlor´ne Wünsche, die an dich gedacht. Und unaufhörlich legt sich Zeit zu Zeit, Verweht wie deine sind dann meine Spuren, Bis zu den Mauern jener stillen Fluren, Wo schweigsam Hügel sich an Hügel reiht. Dann wird der Sturmwind um die Gräber gehn, Der wird mit seinen regenfeuchten Schwingen Von Menschenglück und junger Liebe singen; Wir aber ruhn und werden´s nicht versteh´n.
Fünf Kätzchen vorm Fenster und Lieschen dazu, die stehen zusammen schon längst auf du. Trippelt zum Garten sie in der Früh´, wartet Frau Mietzekatz schon auf sie, putzt die vier kleinen noch akkurat; jeder macht gern mit den Kindern Staat. Die Kätzchen haben heut Augen gekriegt, gucken ganz dumm und blinzeln vergnügt. Wenn solch ein großes Wunder gescheh´n, das muß die Mutter doch auch mal seh´n! Holt noch ein Näpfchen, so ein klein´s, macht für die Kätzchen was Extrafein´s. Das ist ein Springen, hinauf und hinab, lecken sich alle Pfoten ab.Durch den Apfelbaum, schwerbelaubt, fällt der Mutter ein Strahl aufs Haupt, glänzt dann auf Lieschens Blondhaar hell, gleitet hernieder aufs Katzenfell, bis zu den Kätzchen winzig und klein kriegt jedes sein bißchen Sonnenschein.
Du bist für meine arme SeeleWie treuer Stab dem Sinkenden,Wie Wein dem gierig Trinkenden,Wie Himmelstrost in Falsch und Fehle.So lebt mein Herz, das ängstlich-zage,Beglückt im Schatten deiner MächteDas halbe Leben meiner Tage,Das ganze Leben meiner Nächte.