Nach dem Rausche dieser Stunden,Dieser seligen Sekunden,Dem Verflackern meiner Glut:Sänftigt sich des Herzens Klopfen,Und es fällt ein dunkler TropfenReue in mein rotes Blut…
An Tagen, da der Schwermut breite SchwingenOb meiner Seele eb´nen Planen schweben,Beugt sich der Stamm des Lebensbaums zur Erde.Aus solcher Zeit trägt meine Stirne FurchenUnd tief´re Narben mein empfindsam Herz,Als aus dem Schlachtgetös´ des thätigen Lebens.An solchen Tagen weiß ich mit Entsetzen,Daß alle Kunst nur Spiel und Thorheit ist,Den Greisenblick zum Kindesblick zu fälschen;Daß nie das Rauschen eines HeldenliedsAus Memmen Helden schuf; daß Bösewichter,Im Schauspielhause vor der Szene sitzend,Des falschen Pathos lächeln, das sie feiert;Daß dieser Dirne Lachen Eva lachte,Und Kain, der vor Millionen dunklen JahrenDen Bruder Abel schlug, noch lebt und haßt.An solchen Tagen bin ich ohne HoffnungUnd flüchte mich zum Lied, wie oft im KriegeIn Gärten das Entscheidungsmorden wütet.Heut´ aber, da der Schwermut SchwingenschlagVon fernher meiner Seele Halme beugt,Heut´ lad´ ich dich, die du voll Sonne bist,Zu mir ins Haus: bring´ mir die Sonne mit.Noch lechzt mein Herz nach Licht. Kommst du zu spät,So liegt mein Haus in Nacht. Kommst du zur Zeit,So wollen wir die Krüge roten WeinsMit Rosen kränzen. Aber spute dich !Ich war zu lang´ allein: die EinsamkeitSchreit schon nach ihrer Schwester, nach der Schwermut.
Der Apotheker, der Kaufmann, der Arzt und der Richter,Es sind immer wieder dieselben Gesichter;So eine Kleinstadt, es ist ein Graus,Gott gebe, ich wäre schon wieder heraus.Aber am Sonntag lädt der Herr Richter›auf einen Löffel Suppe den Großstadtdichter‹,Der Apotheker, der Kaufmann, der Arzt, die dreiSind natürlich auch dabei.Das Essen ist gut, da ist nichts zu sagen,Ihr Minister des Innern ist eben der Magen,Und der Wein nicht übel; nun ja, man spürt,›Man‹ hat eben in der Hauptstadt studiert.Dann spricht man und raucht; es geschieht auch zuweilen,Daß Minuten ohne Gespräch enteilen.Dann spricht man wieder und dann, auf Ehr,Bringt die Hausfrau Notenständer her.Und dann, da ich seufze: "Es ist nicht zu ändern!"Sitzen die Alten schon vor ihren Ständern,Ein jeder den Fidelbogen nimmt,Zwei Geigen, Viola und Cello. – Es stimmt – .Und sie spielen. Beethoven. Erst etwas befangen;Dann steigen Flämmlein in ihre Wangen,Und herrlich durch das Zimmer ziehnDie unendlichen, mächtigen Melodien.Ich sitze und lausche, aufs Tiefste erschüttert;Mein Herz wird mild und die Seele erzittert.Der Flügelschlag der Kunst durchrauschtDie Luft, der fromm die Seele lauscht.Mir wird, versunken im Anblick der Alten,Als müßt´ zum Gebet ich die Hände falten:O Himmel, im Alter bewahre auch mirDie Freude am Schönen, wie diesen hier!
Sternschnuppenfall, Sternschnuppenfall!Heut will ich nicht schlafen und immer nur wünschen,Und alles wird in Erfüllung gehn:Ein Kleid aus Seide, aus schneeweißer Seide,Mit uralten Spitzen aus Brabant,Und jeder Knopf ein Diamant;Ein Diadem aus lauter Türkisen,Dazwischen Brillanten, wie Wasser klar,Das paßt am besten ins schwarze Haar;Sternschnuppe, ein Halsband aus großen Perlen;Und du, Sternschnuppe, ich bitte dich,Such Perlen ohne Thränen für mich;Dann wünsch´ ich ein Paar ganz kleiner Pantoffel,Kleiner, viel kleiner als mein Fuß,Aber das mir doch passen muß!Zu alledem wünsch´ ich mir einen Liebsten…O weh, die Mutter! Sie jagt mich ins Bett!Ach, wenn ich nur erst einen Liebsten hätt!
Mich führt allmorgen mein AndachtsgangDurch die leuchtenden Wiesen zum BaumAm Saum des Walds zu der einsamen Bank,Sie steht dort als wie im Traum.Waldboden, schattig, doch sonnfleckenhell,Du bist hier noch schimmernde Au,Waldanfang und -Ende durchmurmelt vom Quell,Dem Auge seligste Schau.O Grün der Wiesen, o Grün des Walds,Bin ich denn wert euch zu sehn?Schweig! rauscht der Wald, lausch uns, so schallt´s,Dann wird dir das Wunder geschehn!Da kam den sonnigen WiesenpfadEin Weib aus dem Volke daher,Bekreuzt sich, da sie den Wald betratAls ob er die Kirche wär!So trat sie ins Waldesrauschen hinein.Doch ich hab´ am Waldsaum gekniet:Du Wiese und Wald, ihr macht mich noch rein!Eine Träne fällt mir vom Lid …
Nun sind ihrer selbst noch die Tage nicht sicherUnd wissen vor Zweifel nicht aus noch ein:Ist dieser Glanz noch ein winterlicher,Oder schon Frühlingssonnenschein?Nun decken sie selbst noch mit nebelfeuchtenSchleiern die Glut ihrer Morgen zuUnd ihrer Abende zärtliches Leuchten,Und sind voll Unrast und ohne Ruh.Indes macht die Erde sich gar keine SorgenUnd ist nur in aller Stille bedacht,Und rüstet froh für den einen Morgen,Da alles blüht und duftet und lacht…
In den Strahlen des Monds, die zur Erde staunen,Ist mein Gärtchen ein herrlicher Garten geworden,Voll Blumen der seltensten Arten geworden,Die Märchen duften und Düfte raunen.Und mein blühender, glühender GoldregenstrauchLäßt zu des Pfades silbernen Kieseln,Wie ein Springbrunn, die Goldtropfen niederrieseln,Und die Tropfen verstäuben berauschenden Hauch.Und mir ist und ich kann mich nimmer besinnen;Will den Goldregen sacht auseinanderbiegen,Ob nicht eine Danae da mag liegen,Den mondweißen Leib an mich zu schmiegen;Und daß ich heut Nacht sie mir könnte gewinnen…