Ich hatte mich verirrt im tiefsten Wald,Schwarz war die Nacht, unheimlich troff der Regen,Der Sturm ging in den Wipfeln wild und kalt.Da sah ich plötzlich unfern meinen WegenDurchs feuchte Laub blutrote Funken sprühn,Und Hammerschläge dröhnten mir entgegen.Durch Dornen und durch Buschwerk drang ich kühn,Und bald gewahrt´ ich, rings vom Wald umfangen,In hoher Hall´ ein Schmiedesfeuer glühn.Drei Riesen waren´s, die die Hämmer schwangen,Berußt, die Augen nur aufs Werk gekehrt,Dazu sie schauerliche Weisen sangen.Sie schmiedeten an einem großen Schwert,Zweischneidig war´s, der Griff als Kreuz gestaltet,Die Kling´ ein Strahl, der züngelnd niederfährt.Und einer sang in Tönen, fast veraltet,Doch also tief, wie wenn emporgeschwelltDer mächt´ge Hauch in dumpfer Orgel waltet:"Es rührt im Birnbaum auf dem WalserfeldSich schon der Saft, und seinem Volk zum HeileErscheinen wird der langersehnte Held.Drum rüstig mit dem Hammer, mit der Feile!Das Schwert, das Königsschwert muß fertig sein,Und unser Werk hat Eile, Eile, Eile!"Er schwieg, und singend fiel der zweite einMit einer Stimm´, als wollt´ er aus den GrüftenMit Erzposaunenschall die Toten schrein:"Es hat zu Nacht gedonnert in den KlüftenDes alten Bergs, den man Kyffhäuser heißt,Und einen Adler sah ich in den Lüften.Wie Sturmesrauschen klingt es, wenn er kreist,In seinen Fängen trägt er Blitzeskeile,Die Rabenbrut entflieht, wo er sich weist.Drum rüstig mit dem Hammer, mit der Feile!Zur rechten Stunde sei das Werk getan;Das Kreuzesschwert hat Eile, Eile, Eile!"Und tief einfallend hub der dritte an,Das scholl, wie unterird´sche Donner grollen,Wenn sich die Lava rühret im Vulkan:"Die Zeit ist schwanger, aus den dürren SchollenWird eisern aufgehn eine Kriegersaat,Sein rotes Banner wird der Kampf entrollen.Drum schreiten hohe Geister früh und spatDurchs deutsche Land und pochen an die TürenUnd mahnen laut: der Tag des Schicksals naht!Viel eitles Blendwerk wird der Feind erküren,Mit Lächeln locken, dräun mit Blitzgeschoß,O lasse keiner dann sein Herz verführen!Denn Füße nur von Ton hat der Koloß,Und stürzen wird er über kurze Weile,Im Fall begrabend seiner Knechte Troß.Drum rüstig mit dem Hammer, mit der Feile!Ihr Bälge blast, ihr Funken sprüht empor!Das Schwert des Siegs hat Eile, Eile, Eile!"So sangen sie. Dann schwieg der dumpfe Chor,In kaltem Schauer bebten meine Glieder,Doch wagt´ ich nicht mich in der Halle Tor.Zurück ins schwarze Dickicht floh ich wieder,Und sah verlöschen bald der Flamme Licht,Nur bang im Haupt noch summten mir die Lieder.Kaum weiß ich jetzt, war´s Traumbild, war´s Gesicht?Doch mahnt es, daß auch wir das Schwert bereiten,Das Schwert des Geistes, welches nie zerbricht.Wachet und betet! Schwer sind diese Zeiten.
Laß andre nur im ReigenMit lautem Gruß mir nahn,Du bist mein lieblich Schweigen,Und siehst mich freundlich an.Dein Auge tief und minnig,Es sagt mir Tag für Tag,Was nimmer so herzinnigDie Lippe künden mag.So hat die FrühlingssonneAuch Schall und Rede nicht,Und doch mit stiller WonneDurchschauert uns ihr Licht.Mir gab den Wohllaut eigen,Der dir den Blick beschied;Sei du mein lieblich SchweigenUnd ich will sein dein Lied.
Die Nacht war schwarz, die Luft war schwül, Ich fand nicht Schlaf auf meinem Pfühl, Mein Sinn ward trüb und trüber; Da schritten die Tage der alten Zeit Zu langem, langem Zug gereiht Wehklagend mir vorüber:»Du hattest den Lenz und du hast ihn entlaubt, Du hattest das Heil und du hast nicht geglaubt, Du hattest ein Herz zum Lieben, Du hast es vertändelt mit eitlem Schein; Nun bist du zuletzt allein, allein Mit deinem Jammer geblieben.Und wie du ringst in bangem Gebet, Es ist zu spät, es ist zu spät, Du darfst von Rast nicht wissen; Dein einsam Herz ist dein Gericht.« Ich aber drückte mein Angesicht Laut weinend in die Kissen.
Ein gut Gedicht ist wie ein schöner Traum,Es zieht dich in sich, und du merkst es kaum;Es trägt dich mühelos fort durch Raum und Zeit,Du schaust und trinkst im Schaun Vergessenheit,Und gleich als hättest du im Schlaf geruht,Steigst du erfrischt aus seiner klaren Flut.
Ich bin ein altes KrokodilUnd sah schon die Osirisfeier;Bei Tage sonn ich mich im Nil,Bei Nacht am Strande leg ich Eier. Ich weiß mit listgem WehgekreischMir stets die Mahlzeit zu erwürken;Gewöhnlich freß ich MohrenfleischUnd sonntags manchmal einen Türken. Und wenn im gelben Mondlicht ringsDer Strand liegt und die Felsenbrüche,Tanz ich vor einer alten Sphinx,Und lausch auf ihrer Weisheit Sprüche. Die Klauen in den Sand gepflanzt,Tiefsinnig spricht sie: Tochter Thebens,Friß nur, was du verdauen kannst!Das ist das Rätsel deines Lebens.
So ist es, wars und wird es sein:Gebt Freiheit! rufen die Partein,Mit was für Farben sie sich schmücken;Das heißt: gebt uns das Reich allein,Daß wir die andern unterdrücken!So ist es, wars und wird es sein!
Auf des Gartens Mauerzinne bebt noch eine einz´ge Ranke: Also bebt in meinem Sinne schmerzlich nur noch ein Gedanke. Kaum vermag ich ihn zu fassen, aber dennoch von mir lassen will er, ach, zu keiner Frist; und so denk ich ihn und trage alle Nächte, alle Tage mit mir fort die dumpfe Klage, daß du mir verloren bist.
Ich sah den Wald sich färben,Die Luft war grau und stumm;Mir war betrübt zum Sterben,Und wußt es kaum, warum.Durchs Feld von HerbstgestäudeHertrieb das dürre Laub;Da dacht´ ich: Deine FreudeWard so des Windes Raub!Dein Lenz, der blütenvolle,Dein reicher Sommer schwand;An die gefrorne ScholleBist du nun festgebannt.Da plötzlich flog ein klaresGetön in Lüften hoch:Ein Wandervogel war es,Der nach dem Süden zog.Ach, wie der Schlag der Schwingen,Das Lied ins Ohr mir kam,Fühlt´ ich´s wie Trost mir dringenZum Herzen wundersam.Es mahnt aus heller KehleMich ja der flücht´ge Gast:Vergiß, o Menschenseele,Nicht, daß du Flügel hast!
Wer recht in Freuden wandern will,der geh der Sonn´ entgegen;da ist der Wald so kirchenstill,kein Lüftchen mag sich regen;noch sind nicht die Lerchen wach,nur im hohen Gras der Bachsingt leise den Morgensegen.Die ganze Welt ist wie ein Buch,darin uns aufgeschriebenin bunten Zeilen manch ein Spruch,wie Gott uns treu geblieben;Wald und Blumen nah und fernund der helle Morgensternsind Zeugen von seinem Lieben.Da zieht die Andacht wie ein Hauchdurch alle Sinnen leise,da pocht ans Herz die Liebe auchin ihrer stillen Weise,pocht und pocht, bis sich´s erschließtund die Lippe überfließtvon lautem, jubelndem Preise.Und plötzlich läßt die Nachtigallim Busch ihr Lied erklingen,in Berg und Tal erwacht der Schallund will sich aufwärts schwingen,und der Morgenröte Scheinstimmt in lichter Glut mit ein:Laßt uns dem Herrn lobsingen!