Ich sah den Wald sich färben,Die Luft war grau und stumm;Mir war betrübt zum Sterben,Und wußt es kaum, warum.Durchs Feld von HerbstgestäudeHertrieb das dürre Laub;Da dacht´ ich: Deine FreudeWard so des Windes Raub!Dein Lenz, der blütenvolle,Dein reicher Sommer schwand;An die gefrorne ScholleBist du nun festgebannt.Da plötzlich flog ein klaresGetön in Lüften hoch:Ein Wandervogel war es,Der nach dem Süden zog.Ach, wie der Schlag der Schwingen,Das Lied ins Ohr mir kam,Fühlt´ ich´s wie Trost mir dringenZum Herzen wundersam.Es mahnt aus heller KehleMich ja der flücht´ge Gast:Vergiß, o Menschenseele,Nicht, daß du Flügel hast!
Mein Herz ist wie die dunkle NachtSüße Ruh, süßer Taumel im Gras, Von des Krautes Arome umhaucht, Tiefe Flut, tief tief trunkne Flut, Wenn die Wolk am Azure verraucht, Wenn aufs müde, schwimmende Haupt Süsses Lachen gaukelt herab, Liebe Stimme säuselt und träuft Wie die Lindenblüt auf ein Grab. Wenn im Busen die Toten dann, Jede Leiche sich streckt und regt, Leise, leise den Odem zieht, Die geschlossne Wimper bewegt, Tote Lieb, tote Lust, tote Zeit, All die Schätze, im Schutt verwühlt, Sich berühren mit schüchternem Klang Gleich dem Glöckchen, vom Winde umspielt. Stunden, flüchtger ihr als der Kuß Eines Strahls auf den trauernden See, Als des ziehenden Vogels Lied, Das mir nieder perlt aus der Höh, Als des schillernden Käfers Blitz, Wenn den Sonnenpfad er durcheilt, Als der heisse Druck einer Hand, Die zum letzten Male verweilt. Dennoch, Himmel, immer mir nur Dieses eine mir: für das Lied Jedes freien Vogels im Blau Eine Seele, die mit ihm zieht, Nur für jeden kärglichen Strahl Meinen farbig schillernden Saum, Jeder warmen Hand meinen Druck, Und für jedes Glück meinen Traum.
Die Freuden, die rosigen Tänzerinnen,Mit Kränzen und Fackeln, mit Spiel und Gesang,Wie fliehn sie auf schimmernden Sohlen von hinnen!Aber der Kummer hat schleichenden Gang.Verhallt ist das Fest und das süße GelächterDer schwärmenden Dirnen, ach, eh ich´s gedacht;Nun tappt er um´s Haus mir, ein grimmiger Wächter,Und ruft mir die langsamen Stunden der Nacht.
Ein gut Gedicht ist wie ein schöner Traum,Es zieht dich in sich, und du merkst es kaum;Es trägt dich mühelos fort durch Raum und Zeit,Du schaust und trinkst im Schaun Vergessenheit,Und gleich als hättest du im Schlaf geruht,Steigst du erfrischt aus seiner klaren Flut.
Wenn einer starb, den du geliebt hienieden,So trag´ hinaus zur Einsamkeit dein Wehe,Daß ernst und still es sich mit dir ergeheIm Wald, am Meer, auf Steigen längst gemieden.Da fühlst du bald, daß jener, der geschieden,Lebendig dir im Herze auferstehe,In Luft und Schatten spürst du seine Nähe,Und aus den Thränen blüht ein tiefer Frieden.Ja, schöner muß der Tote dich begleiten,Ums Haupt der Schmerzverklärung lichten Schein,Und treuer -- denn du hast ihn alle Zeiten.Das Herz hat auch sein Ostern, wo der SteinVom Grabe springt, dem wir den Staub nur weihten;Und was du ewig liebst, ist ewig dein.
Das ist die köstlichste der Gaben,Die Gott dem Menschenherzen gibt,Die eitle Selbstsucht zu begraben,Indem die Seele glüht und liebt.O, süß Empfangen, sel´ges Geben!O, schönes Ineinanderweben!Hier heißt Gewinn, was sonst Verlust;Je mehr du schenkst, je froher scheinst du,Je mehr du nimmst, je sel´ger weinst du –O, gib das Herz aus deiner Brust!
O stille dies Verlangen,Stille die süße Pein!Zu seligem UmfangenLaß den Geliebten ein!Schon liegt die Welt im Traume,Blühet die duft´ge Nacht;Der Mond im blauen RaumeHält für die Liebe Wacht.Wo zwei sich treu umfangen,Da giebt er den holdesten Schein.O stille dies Verlangen,Laß den Geliebten ein!Du bist das süße Feuer,Das mir am Herzen zehrt;Lüfte, lüfte den Schleier,Der nun so lang´ mir wehrt!Laß mich vom rosigen MundeKüssen die Seele dir,Aus meines Busens GrundeNimm meine Seele dafür –O stille dies Verlangen,Stille die süße Pein,Zu seligem UmfangenLaß den Geliebten ein!Die goldnen Sterne grüßenSo klar vom Himmelszelt,Es geht ein Wehn und KüssenHeimlich durch alle Welt,Die Blumen selber neigenSehnsüchtig einander sich zu,Die Nachtigall singt in den Zweigen –Träume, liebe auch du!O stille dies Verlangen,Laß den Geliebten ein!Von Lieb´ und Traum umfangenWollen wir selig sein.
So ist es, wars und wird es sein:Gebt Freiheit! rufen die Partein,Mit was für Farben sie sich schmücken;Das heißt: gebt uns das Reich allein,Daß wir die andern unterdrücken!So ist es, wars und wird es sein!
Es gibt wohl manches, was entzücket,Es gibt wohl vieles, was gefällt,Der Mai, der sich mit Blumen schmücket,Die güldne Sonn´ im blauen Zelt.Doch weiß ich eins, das schafft mehr Wonne,Als jeder Glanz der Morgensonne,Als Rosenblüt´ und Lilienreis;Das ist, getreu im tiefsten SinneZu tragen eine fromme Minne,Davon nur Gott im Himmel weiß.
Minne hält, das wilde Kind,Einen Brauch, wie blind sie fahre,Daß ihr vierundzwanzig JahreLieber stets als vierzig sind;Altersfrost und graue HaareTreiben sie zur Flucht geschwind.Bei des Herzens RosenfestGilt vor aller Weisheit SchätzenSelig Stammeln, süßes Schwätzen,Lipp´ auf Lippe stumm gepreßt;Geist wird nie den Mund ersetzen,Der sich feurig küssen läßt.Was verstrickte denn so jähEinst das junge Herz Isolden,Daß sie sich mit ihrem HoldenGlühend stürzt´ in Schmach und Weh?Tristans Locken wallten golden,König Markes weiß wie Schnee.Darum setze dich zur Wehr,Glänzt in´s alternde GemütheDir der Schönheit Strahl, und hüteDich vor nichtigem Begehr;Minneglück will Jugendblüte,Und du änderst´s nimmermehr.