Frühlings-Seufzer Großer Gott, in dieser Pracht Seh´ ich Deine Wunder-MachtAus vergnüg´ter Seelen an.Es gereiche dir zu Ehren,Daß ich sehen, daß ich hören,Fühlen, schmecken, riechen kann!
Die Erde hat gebebt und ihr geborstner GrundDie Königin am Meer verschlungen,Und schwärzre Trübsal noch droht unsrem armen RundVon schwärmender Propheten Zungen: Wie aus bemoostem Schutt der Uhu, wann die NachtIn furchtbarn Schatten ihn verstecket,Auf stille Dächer fliegt, selbst melancholisch wacht,Und heulend müde Städte wecket. Auf Schwanenfedern horcht die Wollust und erschrickt;Ein Schauer bebt durch ihre Glieder.Der sorgenvolle Geiz, auch schlafend unerquickt,Bebt heut und wuchert morgen wieder. Propheten wimmeln stets in trüber Zeit hervor:Der leichte Pöbel glaubt, er zittert,Wie dürres Laub im Herbst, und wie das schwache RohrDer Flügel eines Wests erschüttert. Ihr Musen, die ihr einst, im Frühling meiner Zeit,Mich mit Ambrosia genähret,Als ihr, in eurem Hayn voll heilger Dunkelheit,Die deutsche Leyer mich gelehret! Zufrieden dank ich euch, daß immer gleiche LustIn meiner Seelen helle scheinet,Und euer stiller Freund nicht, an der Thorheit Brust,Nach Phantasien lacht und weinet. O laßt, zu aller Zeit, mein Antlitz heiter seyn,Nicht bloß in sonnenvollen Tagen,Wann mich die Freude sucht, und Saitenspiel und WeinDie Wolken vor mir her verjagen: Nicht bloß im dunklen Busch und wo die NachtigallBald singend über mir verweilet,Bald an der Quelle seufzt, die reiner, als Crystall,Geschwätzig über Kiesel eilet. Es müss´ auf meiner Stirn, wann schon die Erde bebt,Der göttliche Gedanke schimmern,Daß Tugend glücklich ist und meine Seele lebt,Auch unter ganzer Welten Trümmern!
Flammende Rose,Zierde der Erden,Glänzender Gärtenbezaubernde Pracht;Augen, die deineVortrefflichkeit sehen,Müssen vor Anmut erstaunend gestehen,Daß dich ein göttlicher Fingergemacht.
Angenehmes Frühlingskindchen, Kleines Traubenhyazinthchen, Deiner Farb und Bildung Zier Zeiget mit Verwundrung mir Von der bildenden Natur Eine neue Schönheitsspur. An des Stengels blauer Spitzen Sieht man, wenn man billig sieht, Deiner sonderbaren Blüt Kleine blaue Kugeln sitzen, Dran, so lange sich ihr Blatt Noch nicht aufgeschlossen hat, Wie ein Purpurstern sie schmücket, Man nicht sonder Lust erblicket. Aber wie von ungefähr Meine Blicke hin und her Auf die offnen Blumen liefen, Konnt ich in den blauen Tiefen Wie aus himmelblauen Höhen Silberweiße Sternchen sehen, Die in einer blauen Nacht, So sie rings bedeckt, im Dunkeln Mit dadurch erhöhter Pracht Noch um desto heller funkeln. Ihr so zierliches Gepränge, Ihre Nettigkeit und Menge, Die die blauen Tiefen füllt, Schiene mir des Himmels Bild, Welches meine Seele rührte Und durch dieser Sternen Schein, Die so zierlich, rein und klein, Mich zum Herrn der Sterne führte, Dessen unumschränkte Macht Aller Himmel tiefe Meere, Aller Welt- und Sonnen Heere Durch ein Wort hervorgebracht; Dem es ja so leicht, die Pracht In den himmlischen Gefilden Als die Sternchen hier zu bilden. Durch dein sternenförmig Wesen Gibst du mir, beliebte Blume, Ein´ Erinnerung zu lesen, Daß wir seiner nicht vergessen, Sondern in den schönen Werken Seine Gegenwart bemerken, Seine weise Macht ermessen Und sie wie in jenen Höhen So auf Erden auch zu sehen.
Wir gingen durch die stille milde Nacht, dein Arm in meinem, dein Auge in meinem. Der Mond goß silbernes Licht über dein Angesicht, wie auf Goldgrund ruhte dein schönes Haupt. Und du erschienst mir wie eine Heilige, mild, mild und groß und seelenübervoll, heilig und rein wie die liebe Sonne. Und in die Augen schwoll mir ein warmer Drang, wie Tränenahnung. Fester faßt´ ich dich und küßte, küßte dich ganz leise.
Oft in der stillen Nacht.Oft in der stillen Nacht,wenn zag der Atem gehtund sichelblank der Mondam schwarzen Himmel steht, wenn alles ruhig istund kein Begehren schreit,führt meine Seele michin Kindeslande weit.Dann seh´ ich, wie ich schrittunfest mit Füßen klein,und seh´ mein Kindesaug und seh´ die Hände mein und höre meinen Mund,wie lauter klar er sprachund senke meinen Kopfund denk´ mein Leben nach: Bist du, bist du allweggegangen also rein,wie du gegangen bistauf Kindes Füßen klein? Hast du, hast du allweggesprochen also klar,wie einsten deines Mundslautleise Stimme war? Sahst du, sahst du allwegso klar ins Angesichtder Sonne, wie dereinstder Kindesaugen Licht? Ich blicke, Sichel, aufzu deiner weißen Pracht;tief, tief bin ich betrübtoft in der stillen Nacht.
Gott, der durch ein Wort: Es werde!Aller Himmel Himmel Pracht,Stern’ und Sonnen, Mond und Erde,Glut und Flut hervorgebracht!Alle Tropfen in den Bächen,Ja sogar im tiefen Meer,Hör’ ich gleichsam rauschend sprechen:Nur von Gott kommt alles her;Ihm allein sei Preis und Ehr!
Ich sahe mit betrachtendem Gemütejüngst einen Kirschbaum, welcher blühte,in kühler Nacht beim Mondenschein;ich glaubt, es könne nichts von größerer Weiße sein.Es schien, als wär ein Schnee gefallen;ein jeder, auch der kleinste Ast,trug gleichsam eine rechte Lastvon zierlich weißen runden Ballen.Es ist kein Schwan so weiß, da nämlich jedes Blatt,- indem daselbst des Mondes sanftes Lichtselbst durch die zarten Blätter bricht -sogar den Schatten weiß und sonder Schwärze hat.Unmöglich, dacht ich, kann auf Erdenwas Weißres aufgefunden werden.Indem ich nun bald hin, bald herim Schatten dieses Baumes gehe,sah ich von ungefährdurch alle Blumen in die Höheund ward noch einen weißern Schein,der tausendmal so weiß, der tausendmal so klar,fast halb darob erstaunt, gewahr.Der Blüte Schnee schien schwarz zu seinbei diesem weißen Glanz. Es fiel mir ins Gesichtvon einem hellen Stern ein weißes Licht,das mir recht in die Seele strahlte.Wie sehr ich mich an Gott im Irdischen ergötze,dacht ich, hat er dennoch weit größre Schätze.Die größte Schönheit dieser Erdenkann mit der himmlischen doch nicht verglichen werden.