Einsam ist der Stern am Himmel,
Einsam zieht er durch die Weite:
Jeder freilich – will uns dünken –
Hat ein schimmerndes Geleite;
Aber die den Pfad zu teilen
Scheinen, traut gesellt zu wandern,
Sind sich fern viel tausend Meilen,
Einer ewig fern dem andern!

Einsam ist die Menschenseele:
Ob wir Herz an Herz auch drücken,
Klafft doch immer eine Tiefkluft,
Die wir niemals überbrücken:
Nichts kann ganz des andern werden,
Jedes folgt dem eig´nen Triebe,
Und ein Traumbild bleibt die Sehnsucht,
Und ein schöner Wahn die Liebe.

Ob die Blumen blüh´n in Haufen,
Ob die Wellen zieh´n in Scharen,
Kann ein Sein, gesellt dem andern,
Völlig je sich offenbaren?
Suchend sich mit Liebesaugen,
Bleibt sich´s fremd im tiefsten Kerne,
Schwimmend durch das Meer des Lebens
Ewig nah und ewig ferne!

Robert Hamerling

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österreichischer Roman-, Bühnenautor
* 24.3. 1830 - Kirchberg am Walde, Niederöstereich
13.7. 1889 - Graz
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