Manchen Wein hab ich getrunken,
Manchem schönen Kinde bin
Ich verliebt ans Herz gesunken:
Jetzt geht alles nüchtern hin,
Abgezirkelt, abgemessen,
Und das ist des Liedes Sinn:
Ach, vergossen, ach, vergessen!

Dunkelroter Wein im Becher
Und ein weißer Busen bloß,
Ein Verliebter und ein Zecher,
War ich selig, war ich groß,
Ritt auf Rausches roten Rossen
Mitten in der Götter Schoß,
Ach, vergessen, ach, vergossen!

Einsam geh ich nachts nach Hause,
Und mein Keller steht mir leer,
Das verworrene Gebrause,
Ach, mein Herz kennt es nicht mehr;
hat sich eingesessen,
Exemplarisch, würdig schwer,
Ach, vergossen, ach, vergessen!

Soll mich gar nichts mehr entzücken?
Soll ich ewig nüchtern sein?
Wehe, Tugend deinen Tücken,
Denn sie machen mir nur Pein;
Sauertöpfisch und verdrossen
Trag ich meinen Heiligenschein, –
Ach, vergessen, ach, vergossen!

Otto Julius Bierbaum
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