Als ich noch ein Seepferdchen war,
im vorigen Leben,
wie war das wonnig, wunderbar
unter Wasser zu schweben.
In den träumenden Fluten
wogte, wie Güte, das Haar
der zierlichsten aller Seestuten,
die meine Geliebte war.
Wir senkten uns still oder stiegen,
tanzten harmonisch umeinand,
ohne Arm, ohne Bein, ohne Hand,
wie Wolken sich in Wolken wiegen.
Sie spielte manchmal graziöses Entfliehn,
auf daß ich ihr folge, sie hasche,
und legte mir einmal im Ansichziehn
Eierchen in die Tasche.
Sie blickte traurig und stellte sich froh,
schnappte nach einem Wasserfloh,
und ringelte sich
an einem Stengelchen fest und sprach so:
Ich liebe dich!
Du wieherst nicht, du äpfelst nicht,
du trägst ein farbloses Panzerkleid
und hast ein bekümmertes altes Gesicht,
als wüßtest du um kommendes Leid.
Seestütchen! Schnörkelchen! Ringelnaß!
Wann war wohl das?

Joachim Ringelnatz
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