Wie die Lieder wirbelnd erklingen!
Wie sie fiedeln, zwitschern und singen!
Wie aus den Blicken die Funken springen!
Wie sich die Glücklichen liebend umschlingen!
Jauchzend und schrankenlos,
Sorglos, gedankenlos
Dreht sich der Reigen,
Der Lebensreigen. –
Ich muß schweigen,
Kann mich nicht freuen,
Mir ist so angst ...

Finster am Bergesrand
Wandelt die Wolke,
Hebt sich des Herren Hand
Dräuend dem Volke:
Und meine Augen, sie sehens alleine,
Und meine Sorgen verstehens alleine ...
Es fiel auf mich in der schweigenden Nacht,
Und es läßt mich nicht los,
Wie dumpfer hallender Glockenlaut,
Es folgt mir durch die Frühlingspracht,
Ich hör es durch der Wellen Getos:
Ich habe den Frevel des Lebens geschaut!
Ich sah den Todeskeim, der aus dem Leben sprießt,
Das Meer von Schuld, das aus dem Leben fließt,
Ich sah die Fluten der Sünden branden,
Die wir ahnungslos begehen,
Weil wir andere nicht verstanden,
Weil uns andere nicht verstehen.

Hugo von Hofmannsthal

Zusätzliche Informationen

aus »Sünde des Lebens«

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österreichischer Schriftsteller und Dramatiker, Lyriker, Librettist, Mitbegründer der Salzburger Festspiele
* 1.2. 1874 - Wien , Österreich
15.7. 1929 - Rodaun
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