Es war ein heitres goldnes Jahr,Nun rauscht das Laub im Sande,Und als es noch in Knopsen war,Da ging sie noch im Lande.Besehen hat sie Berg und TalUnd unsrer Ströme Wallen;Es hat im jungen SonnenstrahlIhr alles wohlgefallen.Ich weiß in meinem VaterlandNoch manchen Berg, o Liebe,Noch manches Tal, das Hand in HandUns zu durchwandern bliebe.Noch manches schöne Tal kenn´ ichVoll dunkelgrüner Eichen; –O fernes Herz, besinne dichUnd gib ein leises Zeichen!Da eilte sie voll Freundlichkeit,Die Heimat zu erlangen –Doch irrend ist sie allzu weitUnd aus der Welt gegangen.
Wir wähnten lange recht zu leben Wir wähnten lange recht zu leben,Doch fingen wir es töricht an;Die Tage ließen wir entschwebenUnd dachten nicht ans End der Bahn!Nun haben wir das Blatt gewendetUnd frisch dem Tod ins Aug geschaut;Kein ungewisses Ziel mehr blendet,Doch grüner scheint uns Busch und Kraut!Und wärmer ward´s in unsern Herzen,Es zeugt´s der froh gewordne Mund;Doch unsern Liedern, unsern ScherzenLiegt auch des Scheidens Ernst zugrund!
Die Schenke dröhnt, und an dem langen TischRagt Kopf an Kopf verkommener Gesellen;Man pfeift, man lacht; Geschrei, Fluch und GezischErtönte an des Trankes trüben Wellen. In dieser Wüste glänzt´ ein weißes Brot,Sah man es an, so ward dem Herzen besser;Sie drehten eifrig draus ein schwarzes SchrotUnd wischten dran die blinden Schenkemesser.Doch Einem, der da mit den andern schrie,Fiel untern Tisch des Brots ein kleiner Bissen;Schnell fuhr er nieder, wo sich Knie an KnieGebogen drängte in den Finsternissen.Dort sucht´ er selbstvergessen nach dem Brot,Doch da begann´s rings um ihn zu rumoren,Sie brachten mit den Füßen ihn in NotUnd schrie´n erbost: Was, Kerl! hast du verloren?Errötend taucht´ er aus dem dunklen GrausUnd barg es in des Tuches grauen Falten.Er sann und sah sein ehrlich VaterhausUnd einer treuen Mutter häuslich Walten.Nach Jahren aber saß derselbe MannBei Herrn und Damen an der Tafelrunde,Wo Sonnenlicht das Silber überspannUnd in gewählten Reden floh die Stunde.Auch hier lag Brot, weiß wie der Wirtin Hand,Wohlschmeckend in dem Dufte guter Sitten;Er selber hielt´s nun fest und mit Verstand,Doch einem Fräulein war ein Stück entglitten.O lassen Sie es liegen! sagt sie schnell;Zu spät, schon ist er unter´n Tisch gefahrenUnd späht und sucht, der närrische Gesell,Wo kleine seid´ne Füßchen stehn zu Paaren.Die Herren lächeln und die Damen zieh´nDie Sessel scheu zurück vor dem Beginnen;Er taucht empor und legt das Brötchen hin,Errötend hin auf das damast´ne Linnen.Zu artig, Herr! dankt ihm das schöne Kind,Indem sie spöttisch lächelnd sich verneigte;Er aber sagte höflich und gelind,Indem er sich gar sittsam tief verbeugte:Wohl einer Frau galt meine Artigkeit,Doch Ihnen diesmal nicht, verehrte Dame!Es galt der Mutter, die vor langer ZeitEntschlafen ist in Leid und bitt´rem Grame.
Die Zeit geht nicht, sie stehet still, Wir ziehen durch sie hin; Sie ist die Karawanserei, Wir sind die Pilger drin. Ein Etwas, form- und farbenlos, Das nur Gestalt gewinnt, Wo ihr drin auf und nieder taucht, Bis wieder ihr zerrinnt. Es blitzt ein Tropfen Morgentau Im Strahl des Sonnenlichts; Ein Tag kann eine Perle sein Und ein Jahrhundert nichts. Es ist ein weißes Pergament Die Zeit, und jeder schreibt Mit seinem roten Blut darauf, Bis ihn der Strom vertreibt. An dich, du wunderbare Welt, Du Schönheit ohne End´, Auch ich schreib´ meinen Liebesbrief Auf dieses Pergament. Froh bin ich, daß ich aufgeblüht In deinem runden Kranz; Zum Dank trüb´ ich die Quelle nicht Und lobe deinen Glanz.
Die ersten Veilchen waren schonErwacht im stillen Tal;Ein Bettelpack stellt´ seinen ThronIn´s Feld zum ersten Mal.Der Alte auf dem Rücken lag,Das Weib, das wusch am See;Bestaubt und unrein schmolz im HagDas letzte Häuflein Schnee.Der Vollmond warf den SilberscheinDem Bettler in die Hand,Bestreut´ der Frau mit EdelsteinDie Lumpen, die sie wand;Ein linder West blies in die GlutVon einem Dorngeflecht,Drauf kocht´ in Bettelmannes HutEin sündengrauer Hecht.Da kam der kleine Betteljung´,Vor Hunger schwach und matt,Doch glühend in BegeisterungVom Streifen durch die Stadt,Hielt eine Hyazinthe darIn dunkelblauer Luft;Dicht drängte sich der Kelchlein Schar,Und selig war der Duft. Der Vater rief: Wohl hast du mirViel Pfennige gebracht?Der Knabe rief: O sehet hierDer Blume Zauberpracht!Ich schlich zum goldnen Gittertor,So oft ich ging, zurück,Bedacht nur, aus dem WunderflorZu stehlen mir dies Glück!O sehet nur, ich werde toll,Die Glöcklein alle an!Ihr Duft, so fremd und wundervoll,Hat mir es angetan!O schlaget nicht mich armen Wicht,Laßt euren Stecken ruh´n!Ich will ja nichts, mich hungert nicht,Ich will´s nicht wieder tun!O wehe mir geschlagnem Tropf!Brach nun der Alte aus,Mein Kind kommt mit verrücktem Kopf,Anstatt mit Brot nach Haus!Du Taugenichts, du TagediebUnd deiner Eltern Schmach!Und rüstig langt er Hieb auf HiebDem armen Jungen nach.Im Zorn fraß er den Hecht, noch eh Der gar gesotten war,Schmiß weit die Gräte in den SeeUnd stülpt´ den Filz auf´s Haar.Die Mutter schmält´ mit sanftem WortDen mißgeratnen Sohn,Der warf die Blume zitternd fortUnd hinkte still davon.Es perlte seiner Tränen Fluß,Er legte sich ins GrasUnd zog aus seinem wunden FußEin Stücklein scharfes Glas.Der Gott der Taugenichtse riefDer guten Nachtigall,Daß sie dem Kind ein Liedchen pfiffZum Schlaf mit süßem Schall.
Den Wäldern ist zu Füßen tiefDas dürre Laub geblieben;Am Himmel steht ein ScheidebriefIns Abendrot geschrieben.Die Wasser glänzen still und kühl,Ein Herbst ist drin ertrunken;Mir ist ein schauernd GrabgefühlIns warme Herz gesunken.Du schöne Welt! muß ich wohl baldIn diese Blätter sinken,Daß andres Herz und andrer WaldDie Lebenslüfte trinken?Wenn du für dieses Herzens RaumEin Beßres weißt zu finden,Laß mich aus deinem LebenstraumRasch und auf ewig schwinden!
Nicht ein Flügelschlag ging durch die Welt,Still und blendend lag der weiße Schnee,Nicht ein Wölklein hing am Sternenzelt,Keine Welle schlug im starren See. Aus der Tiefe stieg der Seebaum auf,Bis sein Wipfel in dem Eis gefror;An den Ästen klomm die Nix´ herauf,Schaute durch das grüne Eis empor.Auf dem dünnen Glase stand ich da,Das die schwarze Tiefe von mir schied;Dicht ich unter meinen Füßen sahIhre weiße Schönheit Glied um Glied.Mit ersticktem Jammer tastet´ sieAn der harten Decke her und hin.Ich vergess´ das dunkle Antlitz nie,Immer, immer liegt es mir im Sinn!
Rinne sanft, du weiche Welle, Schöner Flachs, durch meine Hände, Daß ich dich mit stiller Schnelle Fein zum goldnen Faden wende! Du Begleiter meiner Tage Wirst nun bald zum Tuch erhoben, Dem ich alle Lust und Klage Singend, betend eingewoben. Wie so schwer bist du von Tränen, Schwer von Märchen und von Träumen, Wie so schwer vom schwülen Sehnen Nach des Lebens Myrtenbäumen! Ahnt wohl er, du traute Linne, Welch geheimnisvolle Dinge, Welchen Schatz der tiefsten Minne Ich mit dir ins Haus ihm bringe? Kühler Balsam seinen WundenSollst du werden, mein Gewebe – Wohl ihm, daß er mich gefunden Unter dieses Gartens Rebe! Wie durchdringt mich das Bewußtsein, Daß ich ganz sein Glück soll werden Und das Kleinod seiner Brust sein Und sein Himmel auf der Erden!
Wie schön, wie schön ist dieses kurze Leben,Wenn es eröffnet alle seine Quellen!Die Tage gleichen klaren Silberwellen,Die sich mit Macht zu überholen streben.Was gestern freudig mocht´ das Herz erheben,wir müssen´s lächelnd heute rückwärts stellen;Wenn die Erfahrungen des Geistes schwellen,Erlebnisse gleich Blumen sie durchweben.So mag man breiter stets den Strom erschauen,auch tiefer mählich sehn den Grund wir winkenUnd lernen täglich mehr der Flut vertrauen.Nun zierliche Geschirre, sie zu trinken,Leiht, Götter! uns, und Marmor, um zu bauenDen festen Damm zur Rechten und zur Linken.