Nach der 11ten Ode AnakreonsEuch, lose Mädchen, hör ich sagen:– Du bist ja alt, Anakreon.Sieh her! du kannst den Spiegel fragen,Sieh, deine Haare schwinden schon;Und von den trocknen WangenIst Blüt und Reiz entflohn. –Wahrhaftig! ob die WangenNoch mit dem Lenze prangen,Wie, oder ob den WangenDer kurze Lenz vergangen,Das weiß ich nicht; doch was ich weiß,Will ich euch sagen: daß ein Greis,Sein bißchen Zeit noch zu genießen,Ein doppelt Recht hat, euch zu küssen.
Ich singe nicht für kleine Knaben,Die voller Stolz zur Schule gehn,Und den Ovid in Händen haben,Den ihre Lehrer nicht verstehn.Ich singe nicht für euch, ihr Richter,Die ihr voll spitzger GründlichkeitEin unerträglich Joch dem Dichter,Und euch die Muster selber seid.Ich singe nicht den kühnen Geistern,Die nur Homer und Milton reizt;Weil man den unerschöpften MeisternDie Lorbeern nur umsonst begeizt.Ich singe nicht, durch Stolz gedrungen,Für dich, mein deutsches Vaterland.Ich fürchte jene Lästerzungen,Die dich bis an den Pol verbannt.Ich singe nicht für fremde Reiche.Wie käm mir solch ein Ehrgeiz an?Das sind verwegne Autorstreiche.Ich mag nicht übersetzet sein.Ich singe nicht für fremde Schwestern,Die nie der Liebe Reiz gewinnt,Die, wenn wir munter singen, lästern,Daß wir nicht alle Schmolken sind.Ich singe nur für euch, ihr Brüder,Die ihr den Wein erhebt wie ich.Für euch, für euch sind meine Lieder.Singt ihr sie nach: o Glück für mich!Ich singe nur für meine Schöne,O muntre Phyllis, nur für dich.Für dich, für dich sind meine Töne.Stehn sie dir an, so küsse mich.