Mächtig zürnt der Himmel im Gewitter, Schmettert manche Rieseneich in Splitter, Übertönt des Niagara Stimme, Und mit seiner Blitze Flammenruten Peitscht er schneller die beschäumten Fluten, Daß sie stürzen mit empörtem Grimme. Indianer stehn am lauten Strande, Lauschen nach dem wilden Wogenbrande, Nach des Waldes bangem Sterbgestöhne; Greis der eine, mit ergrautem Haare, Aufrecht überragend seine Jahre, Die zwei andern seine starken Söhne. Seine Söhne jetzt der Greis betrachtet, Und sein Blick sich dunkler jetzt umnachtet Als die Wolken, die den Himmel schwärzen, Und sein Aug versendet wildre Blitze Als das Wetter durch die Wolkenritze, Und er spricht aus tiefempörtem Herzen: »Fluch den Weißen! ihren letzten Spuren! Jeder Welle Fluch, worauf sie fuhren, Die einst Bettler unsern Strand erklettert! Fluch dem Windhauch, dienstbar ihrem Schiffe! Hundert Flüche jedem Felsenriffe, Das sie nicht hat in den Grund geschmettert! Täglich übers Meer in wilder Eile Fliegen ihre Schiffe, giftge Pfeile, Treffen unsre Küste mit Verderben. Nichts hat uns die Räuberbrut gelassen, Als im Herzen tödlich bittres Hassen: Kommt, ihr Kinder, kommt, wir wollen sterben!« Also sprach der Alte, und sie schneiden Ihren Nachen von den Uferweiden, Drauf sie nach des Stromes Mitte ringen; Und nun werfen sie weithin die Ruder, Armverschlungen Vater, Sohn und Bruder Stimmen an, ihr Sterbelied zu singen. Laut ununterbrochne Donner krachen, Blitze flattern um den Todesnachen, Ihn umtaumeln Möwen sturmesmunter; Und die Männer kommen festentschlossen Singend schon dem Falle zugeschossen, Stürzen jetzt den Katarakt hinunter.
Diese Rose pflück ich hier,In der fremden Ferne;Liebes Mädchen, dir, ach dirBrächt ich sie so gerne!Doch bis ich zu dir mag ziehnViele weite Meilen,Ist die Rose längst dahin,Denn die Rosen eilen.Nie soll weiter sich ins LandLieb von Liebe wagen,Als sich blühend in der HandLäßt die Rose tragen;Oder als die NachtigallHalme bringt zum Neste,Oder als ihr süßer SchallWandert mit dem Weste.
Das sehnlichste, das quälendste Verlangen,Was selbstbewußte Seelen weich´rer ArtErgreift auf ihrer dunklen Lebensfahrt,Ist der Gedanke: hätt´ ich´s nie begangen!Der Qualgedanke: wär ich rein geblieben!Verfinstert ihnen jeden holden Stern,Vergällt der Freude innerlichsten Kern,Hat manchen schon in frühen Tod getrieben.
Wenn Worte dir vom Rosenmunde wehen,Bist du so schön! – gesenkten AngesichtsUnd still, bist du so schön! – was soll ich flehen;O rede mir!? O sage nichts!?Drum laß mich zwischen beiden Himmeln schwanken,Halb schweigend, sprechend halb, beglücke michUnd flüstre mir, wie heimlich in Gedanken,Das süße Wort: Ich liebe dich!
Die warme Luft, der SonnenstrahlErquickt mein Herz, erfüllt das Tal.O Gott! wie deine Schritte tönen!In tiefer Lust die Wälder stöhnen;Die hochgeschwellten Bäche fallenDurch Blumen hin mit trunknem Lallen;Sein bräutlich Lied der Vogel singt,Die Knosp in Wonne still zerspringt;Und drüber goldner Wolken Flug;Die Liebe ist in vollem Zug.An jeder Stelle möcht ich liegen;Mit jedem Vogel möcht ich fliegen,Ich möchte fort und möchte bleiben,Es fesselt mich und will mich treiben.O Lenz, du holder Widerspruch:Ersehnte Ruh und Friedensbruch,So heimatlich und ruhebringend,So fremd, in alle Ferne dringend.Das Frühlingsleuchten, treu und klar,Erscheint dem Herzen wunderbarEin stehngebliebner Freudenblitz,In Gottes Herz ein offner Ritz;Und wieder im VorübersprungEin Himmel auf der Wanderung;Ein irrer Geist, der weilend fliehtUnd bang das Herz von hinnen zieht.Ich wandle irr, dem Himmel nach,Der rauschend auf mich niederbrach;O Frühling! trunken bin ich dein!O Frühling! ewig bist du mein!
Seht ihr den Mann mit stäubender Perücke?Wie sprudelt ihm die hochgelahrte Kehle!Seht, an der morschen SyllogismenkrückeHinkt Gott in seine Welt; die MenschenseeleIst ewig, denn sie ist aus einem Stücke!Und daß der Argumente keines fehle,Hat er ein weises ›ergo‹ noch gesprochen:Der Mensch ist frei, die Fesseln sind gebrochen!
In Schlummer ist der dunkle Wald gesunken,Zu träge ist die Luft, ein Blatt zu neigen,Den Blütenduft zu tragen, und es schweigenIm Laub die Vögel und im Teich die Unken. Leuchtkäfer nur, wie stille TraumesfunkenDen Schlaf durchgaukelnd, schimmern in den Zweigen,Und süßer Träume ungestörtem ReigenErgibt sich meine Seele, schweigenstrunken. Horch! überraschend saust es in den BäumenUnd ruft mich ab von meinen lieben Träumen,Ich höre plötzlich ernste Stimme sprechen; Die aufgeschreckte Seele lauscht dem WindeWie Worten ihres Vaters, der dem KindeZuruft, vom Spiele heimwärts aufzubrechen. 2 Stimme des RegensDie Lüfte rasten auf der weiten Heide,Die Disteln sind so regungslos zu schauen,So starr, als wären sie aus Stein gehauen,Bis sie der Wandrer streift mit seinem Kleide. Und Erd und Himmel haben keine Scheide,In eins gefallen sind die nebelgrauen,Zwei Freunden gleich, die sich ihr Leid vertrauenUnd Mein und Dein vergessen traurig beide. Nun plötzlich wankt die Distel hin und wider,Und heftig rauschend bricht der Regen nieder,Wie laute Antwort auf ein stummes Fragen. Der Wandrer hört den Regen niederbrausen,Er hört die windgepeitschte Distel sausen,Und ein Wehmut fühlt er, nicht zu sagen. 3 Stimme der GlockenDen glatten See kein Windeshauch verknittert,Das Hochgebirg, die Tannen, Klippen, Buchten,Die Gletscher, die von Wolken nur besuchten,Sie spiegeln sich im Wasser unzersplittert. Das dürre Blatt vom Baume hörbar zittert,Und hörbar rieselt nieder in die SchluchtenDas kleinste Steinchen, das auf ihren FluchtenDie Gemse schnellt, wenn sie den Jäger wittert. Horch! Glocken in der weiten Ferne tönend,Den Gram mir weckend und zugleich versöhnend,Dort auf der Wiese weiden Alpenkühe. Das Läuten mahnt mich leise an den Frieden,Der von der Erd auf immer ist geschiedenSchon in der ersten Paradiesesfrühe. 4 Stimme des KindesEin schlafend Kind! o still! in diesen ZügenKönnt ihr das Paradies zurückbeschwören;Es lächelt süß, als lauscht es Engelchören,Den Mund umsäuselt himmlisches Vergnügen. O schweige, Welt, mit deinen lauten Lügen,Die Wahrheit dieses Traumes nicht zu stören!Laß mich das Kind im Traume sprechen hörenUnd mich, vergessend, in die Unschuld fügen! Das Kind, nicht ahnend mein bewegtes Lauschen,Mit dunklen Lauten hat mein Herz gesegnet,Mehr als im stillen Wald des Baumes Rauschen; Ein tiefres Heimweh hat mich überfallen,Als wenn es auf die stille Heide regnet,Wenn im Gebirg die fernen Glocken hallen.
Durch den Wald, den dunklen, gehtHolde Frühlingsmorgenstunde,Durch den Wald vom Himmel wehtEine leise Liebeskunde.Selig lauscht der grüne Baum,Und er taucht mit allen ZweigenIn den schönen Frühlingstraum,In den vollen Lebensreigen. Blüht ein Blümlein irgendwo,Wird´s vom hellen Tau getränket,Das einsame zittert froh,Daß der Himmel sein gedenket.In geheimer LaubesnachtWird des Vogels Herz getroffenVon der großen Liebesmacht,Und er singt ein süßes Hoffen. All das frohe LenzgeschickNicht ein Wort des Himmels kündet;Nur sein stummer, warmer BlickHat die Seligkeit entzündet.Also in den Winterharm,Der die Seele hielt bezwungen,Ist ein Blick mir, still und warm,Frühlingsmächtig eingedrungen.
Wer ist ein wahrhaft armer Mann?Ist´s der in hoffnungsloser Kerkernacht?Wer bei der sterbenden Geliebten wacht?Wer auf dem Balken treibt im Ocean?Ist´s, wer von Zweifeln ewig wird zerrissen?Wer eine Schuld beherbergt im Gewissen?Wem seine Tochter rohe Krieger schänden?Wer auf dem Hochgericht den Sohn sieht enden?Nein! wer den Jammer trinkt bis auf die NeigeUnd wahrhaft elend, ist allein der Feige;Ein Feiger, hoch vom Schicksal hingestelltUnd ausgesetzt den Blicken einer Welt,Die alle fragen, ob er kühn sich stemmeAnstürmenden Gefahren oder nicht?Ob er ein Mann soll heißen oder Memme?Wenn bleich und zitternd er zusammenbricht.
Rings ein Verstummen, ein Entfärben:Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln,Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln;Ich liebe dieses milde Sterben.Von hinnen geht die stille Reise,Die Zeit der Liebe ist verklungen,Die Vögel haben ausgesungen,Und dürre Blätter sinken leise.Die Vögel zogen nach dem Süden,Aus dem Verfall des Laubes tauchenDie Nester, die nicht Schutz mehr brauchen,Die Blätter fallen stets, die müden.In dieses Waldes leisem RauschenIst mir als hör´ ich Kunde wehen,dass alles Sterben und VergehenNur heimlich still vergnügtes Tauschen.