Hesperus, der blasse Funken,Blinkt und winkt uns traurig zu.Wieder ist ein Tag gesunkenIn die stille Todesruh;Leichte Abendwölkchen schwebenHin im sanften Mondenglanz,Und aus bleichen Rosen webenSie dem toten Tag den Kranz.Friedhof der entschlafnen Tage,Schweigende Vergangenheit!Du begräbst des Herzens Klage,Ach, und seine Seligkeit!
Friedlicher Abend senkt sich aufs Gefilde;Sanft entschlummert Natur, um ihre ZügeSchwebt der Dämmerung zarte Verhüllung, und sieLächelt die Holde;Lächelt, ein schlummernd Kind in Vaters Armen,Der voll Liebe zu ihr sich neigt, sein göttlichAuge weilt auf ihr, und es weht sein Odem Über ihr Antlitz.
Bin einsam, schwach und alt,Mich hüllen Lumpen ein,Wie bläst der Wind so kalt,Geht mir durch Mark und Bein.Ich bettle vor der Tür,Und hab ich lang gefleht,So tönt es oft herfür:»In Gottes Namen geht!«Da fährt durchs hohe TorEin Herr, – der Rosse HufVerstampfet seinem OhrDes Bettelmannes Ruf.Die Dame wendt den BlickVoll Ekel von mir; ach,Mein schreckliches GeschickFühl ich dann siebenfach!
Seht meine lieben Bäume an,Wie sie so herrlich stehn,Auf allen Zweigen angetanMit Reifen wunderschön!Von unten an bis oben ´nausAuf allen ZweigeleinHängt´s weiß und zierlich, zart und kraus,Und kann nicht schöner sein;Und alle Bäume rund umher,All alle weit und breit,Stehn da, geschmückt mit gleicher Ehr,In gleicher Herrlichkeit.
Frühlingskinder im bunten Gedränge, Flatternde Blüthen, duftende Hauche, Schmachtende, jubelnde Liebesgesänge Stürzen an´s Herz mir aus jedem Strauche. Frühlingskinder mein Herz umschwärmen, Flüstern hinein mit schmeichelnden Worten, Rufen hinein mit trunkenem Lärmen, Rütteln an längst verschlossenen Pforten. Frühlingskinder, mein Herz umringend, Was doch sucht ihr darin so dringend? Hab´ ich´s verrathen euch jüngst im Traume, Schlummernd unter dem Blüthenbaume? Brachten euch Morgenwinde die Sage, Daß ich im Herzen eingeschlossen Euren lieblichen Spielgenossen, Heimlich und selig – ihr Bildniß trage?
Noch immer, Frühling, bist du nichtGekommen in mein Tal,Wo ich dein liebes AngesichtBegrüß das letzte Mal.Frühblumen wähnten dich schon hier,Frost bringt sie um ihr Glück,Sie sehnten sich hinaus nach dir,Und können nicht zurück.Noch stehn die Bäume dürr und barUm deinen Weg herumUnd strecken, eine Bettlerschar,Nach dir die Arme stumm.Die Schwalbe fliegt bestürzt umherUnd ruft nach dir voll Gram,Bereut schon, daß sie über´s MeerZu früh herüber kam.
Die dunklen Wolken hingenHerab so bang und schwer,Wir beide traurig gingenIm Garten hin und her. So heiß und stumm, so trübeUnd sternlos war die Nacht,So ganz, wie unsre Liebe,Zu Tränen nur gemacht. Und als ich mußte scheidenUnd gute Nacht dir bot,Wünscht´ ich bekümmert beidenIm Herzen uns den Tod.
Mächtig zürnt der Himmel im Gewitter, Schmettert manche Rieseneich in Splitter, Übertönt des Niagara Stimme, Und mit seiner Blitze Flammenruten Peitscht er schneller die beschäumten Fluten, Daß sie stürzen mit empörtem Grimme. Indianer stehn am lauten Strande, Lauschen nach dem wilden Wogenbrande, Nach des Waldes bangem Sterbgestöhne; Greis der eine, mit ergrautem Haare, Aufrecht überragend seine Jahre, Die zwei andern seine starken Söhne. Seine Söhne jetzt der Greis betrachtet, Und sein Blick sich dunkler jetzt umnachtet Als die Wolken, die den Himmel schwärzen, Und sein Aug versendet wildre Blitze Als das Wetter durch die Wolkenritze, Und er spricht aus tiefempörtem Herzen: »Fluch den Weißen! ihren letzten Spuren! Jeder Welle Fluch, worauf sie fuhren, Die einst Bettler unsern Strand erklettert! Fluch dem Windhauch, dienstbar ihrem Schiffe! Hundert Flüche jedem Felsenriffe, Das sie nicht hat in den Grund geschmettert! Täglich übers Meer in wilder Eile Fliegen ihre Schiffe, giftge Pfeile, Treffen unsre Küste mit Verderben. Nichts hat uns die Räuberbrut gelassen, Als im Herzen tödlich bittres Hassen: Kommt, ihr Kinder, kommt, wir wollen sterben!« Also sprach der Alte, und sie schneiden Ihren Nachen von den Uferweiden, Drauf sie nach des Stromes Mitte ringen; Und nun werfen sie weithin die Ruder, Armverschlungen Vater, Sohn und Bruder Stimmen an, ihr Sterbelied zu singen. Laut ununterbrochne Donner krachen, Blitze flattern um den Todesnachen, Ihn umtaumeln Möwen sturmesmunter; Und die Männer kommen festentschlossen Singend schon dem Falle zugeschossen, Stürzen jetzt den Katarakt hinunter.
Rings ein Verstummen, ein Entfärben:Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln,Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln;Ich liebe dieses milde Sterben.Von hinnen geht die stille Reise,Die Zeit der Liebe ist verklungen,Die Vögel haben ausgesungen,Und dürre Blätter sinken leise.Die Vögel zogen nach dem Süden,Aus dem Verfall des Laubes tauchenDie Nester, die nicht Schutz mehr brauchen,Die Blätter fallen stets, die müden.In dieses Waldes leisem RauschenIst mir als hör´ ich Kunde wehen,dass alles Sterben und VergehenNur heimlich still vergnügtes Tauschen.
Vom Berge schaut hinaus ins tiefe SchweigenDer mondbeseelten schönen SommernachtDie Burgruine; und in TannenzweigenHinseufzt ein Lüftchen, das allein bewachtDie trümmervolle Einsamkeit,Den bangen Laut: ›Vergänglichkeit!‹›Vergänglichkeit!› mahnt mich im stillen TaleDie ernste Schar bekreuzter Hügel dort,Wo dauernder der Schmerz in TotenmaleAls in verlassne Herzen sich gebohrt;Bei Sterbetages WiederkehrBefeuchtet sich kein Auge mehr.Der wechselnden Gefühle TraumgestaltenDurchrauschen äffend unser Herz; es suchtVergebens seinen Himmel festzuhalten,Und fortgerissen in die rasche FluchtWird auch der Jammer; und der HauchDer sanften Wehmut schwindet auch.Horch ich hinab in meines Busens Tiefen,›Vergänglichkeit!‹ klagts hier auch meinem Ohr,Wo längst der Kindheit Freudenkläng entschliefen,Der Liebe Zauberlied sich still verlor;Wo bald in jenen Seufzer bangHinstirbt der letzte frohe Klang.