Wolken seh´ ich geh´n und kommen, Und ewig droht der Winter fortzuwähren – Die Seele war so trüb mir und beklommen, Ich rief den Frühling, ach! er will nicht kommen, Sie und des Himmels Stirne aufzuklären. Und durch des Gartens Gänge dichtverschlungen Ging ich – doch sieh, was hat sich dort begeben! Schneeglöcklein sind der kalten Erd´ entsprungen, Sie haben siegend sich hervorgerungen, Erweckt von eines Sonnenkusses Leben. Nun stillt ihr, Frühlingsboten, mein Verlangen! Ihr wollt in´s Herz mir neues Leben senken! Wie gläubig euer Kelch ist aufgegangen, Weil er der Sonne einz´gen Kuß empfangen, So soll mir Frühling euer Anblick schenken!
Es ist vorbei – auch dieser Traum ist aus,Auch diesen Kelch hat leer das Herz getrunken,Auch dieser Stern ist in den Staub gesunken –Hinweg, hinweg – es führt in dieses HausKein Gott mich mehr zurück! Weh´ euren Banden –Ihr habt mich nie geliebt und nie verstanden!Warum denn locktet ihr mich falsch hinein,Warum habt meine Seele ihr gebettetAuf des Vertrauens Pfühl, bis sie gekettetSich an euch fest mit ihrem ganzen Sein?Warum? Da eure Zungen dann bekannten –Daß ihr mich nie geliebt und nie verstanden!War ich ein Spielzeug nur in eurer Hand,Ein Zeitvertreib, den Geist euch zu ergetzen?Ihr labtet euch an meines Herzens Schätzen,Dann warfet achtlos ihr es in den Sand;Sprecht, ob von Schaam nicht eure Stirnen brannten –Die ihr mich nie geliebt und nie verstanden!Ich gehe – nimmer mißt zurück mein FußDie Straße – gehe sonder Muth und Glaube;Entrüstung hebt empor mich aus dem Staube,Allein es starb der Freundschaft Genius.Euch ist nur Wahn, was andre wahr empfanden –Mich habt ihr nie geliebt und nie verstanden!
Es quillt des AbendsternsGeheimnißvoller Schein,So nah´ und auch so fern,Mir in das Herz hinein.Drin glüht ein and´res Licht,So nah´ und auch so fern,Das Herz umschließt es dicht –Doch weit ist´s wie der Stern.Du gold´ner Liebesstrahl,Geh´, frage deinen Stern,Bleibt er zu deiner Qual,Dir ewig, ewig fern?
Schwarzes Eisen, kalt und spröde,Schelten möchte ich dich nicht,Weil es dir an LebenswärmeUnd an Biegsamkeit gebricht.Bist du doch in FeuersgluthenZischend einst emporgewallt,Eh´ du unter HammerschlägenMußtest werden starr und kalt.Und, so sollt auch ihr nicht schelten,Wenn ihr seht ein kaltes Herz,Sollt ihm heißes Mitleid zollen,Weil es gleicht dem todten Erz.Wißt ihr denn, ob es nicht glühend,Zischend einst emporgewallt,Bis es unter SchicksalsschlägenWard wie Eisen starr und kalt?
Es liegt der Herbst auf allen Wegen,In hundert Farben prangt sein Kleid,Wie seine Trauer, seinen SegenEr um sich streut zu gleicher Zeit.Es rauscht der Fuß im welken Laube,Was blüht´ und grünte, ward ein Traum –Allein am Stocke winkt die TraubeUnd goldne Frucht schmückt rings den Baum.So nimmt und gibt mit vollen HändenDer Herbst, ein Dieb und eine Fee;Erfüllung kann allein er spenden,Doch sie umfängt ein tiefes Weh! –O, Herbst der Seele! deine Früchte,Sind auch Gewinn sie, oder Raub?Der Wünsche Blüthe ist zunichte,Der Hoffnung Grün ein welkes Laub.Zu schwer erkauft, um zu beglücken,O, Seelenherbst, ist deine Zier!Der Saft der Traube kann entzücken,Doch keine Wonne strömt aus dir.Die Weisheit, wie die Frucht sie nennen,Sie preßt mir bittre Thränen aus,Und ihres Kernes herbem BrennenEntkeimet nie ein Frühlingsstrauß!
Kam die Liebe in mein Herz gezogen,Kam nicht wie ein heitrer Sommertag,Kam nicht wie das junge Grün im Walde,Wie die duft´ge Blume auf der Halde,Kam wie Noth und bitt´res Ungemach.Wohl ist wie ein Sommertag sie kommen,Aber ganz von Staub und Gluth erfüllt;Wie das Grün vom nächt´gen Frost verheeret,Wie die Blume, die der Wurm verzehret,Eh´ die Knospe sich noch ganz enthüllt!Anders, anders ahnte sie die Seele,Anders hoffte sie mein pochend Herz;Aber, ob sie mir im FestgeschmeideSei erschienen, ob im Trauerkleide,Nimmer tausch´ ich meinen süßen Schmerz!
Ich will nicht dein gedenken, Sollst nicht mehr bei mir sein In allem meinem Denken, In meinem ganzen Sein. Die Rose wird gepflücket Vom Sturm, an einem Tag, Den Felsen selbst zerstücket Ein einz´ger Donnerschlag. So will ich´s auch erringen, Dem Alles ist geweiht – Schnell soll dies Herz erzwingen Sich die Vergeßlichkeit! Nicht, wie ja Alles müde Zu Grabe endlich schwankt, Nein, wie die Ros´ verblühte, Und wie der Felsen wankt. So flieh mit einem Schlage Du Leid, so herb gesinnt, Dich tödt´ an einem Tage, Vernunft, der rauhe Wind!
Als Moses in der Seele höchstem Zagen,Um Hülfe flehend, an den Fels geschlagen,Da fühlte Mitleid selbst mit ihm der Stein;Er öffnete des Busens starre Rinde,Und segensreich entströmte voll und lindeDen Schmachtenden die Quelle frisch und rein. –Ein andrer Moses, hab´ ich auch geschlagenAn einen Fels, mit banger Furcht und Zagen,Was aus dem Innern mir entgegenquillt;Voll Inbrunst hab´ ich heiß mit ihm gerungen,Ich redete mit Mensch- und Engelzungen –Es lag vor ihm der Seele ganzes Bild!Doch kalt und stumm blieb er bei meinen Fragen,Taub und verschlossen meinen heißen Klagen,Ihn rührte nicht der Seele wahrster Schmerz;Kein Quell hat lindernd sich aus ihm ergossen,Kein Seufzer wehte, keine Thränen flossen –Du, mehr als Stein – du warst ein Menschenherz!