Wenn jetzt der Tod, der große Winzer, käme,Mich abzuschneiden von dem Stock der Zeit –Eh er die Traube mit dem Messer nähme,Sänk´ ihm der Arm: »Noch ist die Stunde weit.Zwar Sturm und Sonnenschein ward dir beschieden,Genossen hast du Qual und Lust der Welt,Empörung kennst du, und du kennst den Frieden,Den reiferen Früchten hast du dich gesellt.Doch tiefer sollst du deine Beeren neigen,Und süß wie Honig will ich deinen Saft,Gedeihe noch im Licht- und Schattenreigen –Erst wenn du köstlich, wirst du heimgerafft.«
Ein Vöglein flattert vor mir herMit silbergrauen Schwingen.Hör´ ich es singen,Bleibt mir das Herz nicht länger schwer.Das ist der Vogel vom Lande»Über dem Leid«,Trägt purpurne Tupfen am RandeVom Silberkleid.Hat in viel dunkle WellenSeine Flügelchen getaucht ...Meinem wunderfeinen GesellenBleibt Licht auf Flug und Flaum gehaucht.
So fliege,Du MöweDer Seele, hinausUnd wiegeDich höherUnd tiefer im Braus!Es lebt sich Das LebenNoch einmal so schön,Wenns hebt sichUnd senkt sichIn Wonnen und Wehn.Laß spritzenDie Wogen,Laß schäumen den Gischt,Kommts blitzendGeflogen,Hei wie das erfrischt!Und wills dichVerstimmen,Wenn Sumpfvögel schrein,So wirf dich Zum SchwimmenIn offene Meere hinein!So fliege,Du MöweDer Seele, hinaus,Und wiegeDich höherUnd wage dich tiefer im wogenden Braus!
So magst du unerschüttert schwebenUnd reichgefüllt im Gleichmaß ruhn,Du Schale, die mir Gott gegeben,All Lust und Last hineinzutun.Wild schwanktest du im Ungewissen,Hast dich zum Abgrund jäh geneigt –Nun sei in Licht und Finsternissen,Die nimmer stürzt noch schwindelnd steigt!
Nicht ein Lüftchen Regt sich leise, Sanft entschlummert Ruht der Hain; Durch der Blätter Dunkle Hülle Stiehlt sich lichter Sonnenschein. Ruhe, ruhe, Meine Seele, Deine Stürme Gingen wild, Hast getobt und Hast gezittert, Wie die Brandung, Wenn sie schwillt! Diese Zeiten Sind gewaltig, Bringen Herz und Hirn in Not – Ruhe, ruhe, Meine Seele,Und vergiß, Was dich bedroht.
Ich komme zu dir in der Nacht,Und auf die Stirn gar lind und sachtLeg ich der Liebe treue Hand,Daß sie die bösen Schmerzen bannt.Ich neige mich auf dein Lager niederUnd streichle deine zarten Glieder.Den brennend sehnsuchtskranken MundKüß´ ich mit einem Kuß gesund.Mein Lieb, hörst du mich denn nicht kommen?Ich gleite durch die weite Nacht,Hab´ meinen Flug zu dir genommen,Ich weiß, auch deine Seele wacht.Sie sucht des Freundes Bild im SchattenUnd will vor Harren fast ermatten,Denn lange, lange währt die Frist,Bis ihr der Freund beschieden ist. –Fühlst du mich nicht? O laßt euch rühren,Geheime Geister der Natur!Laßt Blick und Hand und Hauch sie spüren,Als sei ein Traum die Trennung nur!
»Wir sind die Armen, wir sind die Elenden, Arme und Elende sind wir nicht, Weil mit reichen Tönen, mit glückbeseelenden, Zu uns die Stimme der Zukunft spricht. Wir sind die drunten in Tiefen Wohnenden, Um unsre Stirnen noch streicht die Nacht, Doch wir beneiden die droben Thronenden Nicht um die prunkenden Sessel der Macht. Denn in die Tiefe sollen versinken Gleißende Herrlichkeiten der Herrn, Stürzen zur Rechten, stürzen zur Linken, Ob ihren Häuptern erbleicht der Stern. Aber zu unsern Häupten entflammen Sterne der Freiheit ihr funkelnd Licht, Goldene Säulen brechen zusammen, Nimmer, was wir erbauen, zerbricht. Uns ist gefallen ein Los vor allen Unvergleichlich und wahrhaft schön: Wir steigen aufwärts, und vorwärts wallen Wir zu des Lebens leuchtenden Höhn. Wir sind die Armen, wir sind die Elenden, Arme und Elende sind wir nicht, Weil mit reichen Tönen, mit glückbeseelenden, Zu uns die Stimme Gottes spricht.«
Lebenswogen, Kaum verzogen, Was ich ringend je ertrug: Neue wollen Mich umrollen, ´s ist noch lange nicht genug. Schicksalsschmiede, Drin zum Liede Stark der Hammer auf mich schlug: Frische Hitze, Funkenblitze! ´s ist noch lange nicht genug.
Die Winterwasser rauschen,dem Bache muß ich lauschen,der unterm Brückstein quillt;so rauscht das junge Lebenund will das Schicksal hebenund gurgelt so und schwillt;die Quadern bleiben liegen,das Wasser muß sich schmiegen,und schäumt´s auch noch so wild.
Es streift dich mit wehendem SaumePlötzlich in silberner Früh –Der Himmel beschert es im Traume,Dankbar vollendets die Müh. Oder ein goldschwerer TropfenFällt von der Schale des Lichts –Später der Schmied muß klopfenEmsig den Ring des Gedichts.