Eigner Sang erfreut den Biedern, Denn die Kunst ging längst ins Breite, Seinen Hausbedarf an Liedern Schafft ein jeder selbst sich heute. Drum der Dichtung leichte Schwingen Strebt´ auch ich mir anzueignen; Wer wagt´s, den Beruf zum Singen Einem Kater abzuleugnen?Und es kommt nicht minder teuer, Als zur Buchhandlung zu laufen Und der andern matt´ Geleier Fein in Goldschnitt einzukaufen.
Auch ein ernstes gottesfürchtig Leben nicht vor Alter schützet, Mit Entrüstung seh´ ich, wie schon Graues Haar im Pelz mir sitzet. Ja die Zeit tilgt unbarmherzig, Was der einz´le keck geschaffen – Gegen diesen scharfgezahnten Feind gebricht es uns an Waffen.Und wir fallen ihm zum Opfer, Unbewundert und vergessen; – O ich möchte wütend an der Turmuhr beide Zeiger fressen!
Eichhorn klettert übern Schlehdorn, Eichhorn will zum Wipfel steigen, Eichhorn fällt ins Gras herab. Wär´ es nicht so hoch gestiegen, Wär´ es nicht so tief gefallen, Bräch´s sein Füßlein nicht entzwei.
Im Herz tobt altes Grollen, Der Sturm pfeift durch die Luft – »Du kommst mir eben rechte Des Weges, welscher Schuft! Dein Dolchstoß ist parieret, Nun, werter Freund, hab acht, Wie auf den welschen Schädel Die deutsche Klinge kracht!«– Die Sonn´ war untergegangen Fern, fern beim Vatikan; Sie schien des andern Morgens Auf einen toten Mann.
Einsam wandle deine Bahnen,Stilles Herz, und unverzagt!Viel erkennen, vieles ahnenWirst du, was dir keiner sagt.Wo in stürmischem GedrängeKleines Volk um Kleines schreit,Da erlauschest du Gesänge,Siehst die Welt du groß und weit.Andern laß den Staub der Straße,Deinen Geist halt frisch und blank,Spiegel sei er wie die Meerflut,Drin die Sonne niedersank.Einsam aus des Tages LärmenAdler in die Höhen schweift,Storch und Kranich fliegt in Schwärmen,Doch ihr Flug die Erde streift.Einsam wandle deine BahnenStilles Herz, und unverzagt!Viel erkennen, vieles ahnenWirst du, was dir keiner sagt.
Die Blicke scharf wie der junge Aar, Das Herz von Hoffnung umflogen, So bin ich dereinst mit reisiger Schar In den Kampf der Geister gezogen. Die Fahne hoch, gradaus den Speer – Da wichen der Feinde Reihen; O Reiterspaß, dem fliehenden Heer Die breiten Rücken zu bläuen!Doch kamen auch wir an jenes End´, Zu wissen, daß nichts wir wissen! Da hab´ ich langsam mein Roß gewend´t Und mich des Schweigens beflissen.Zu stolz zum Glauben – bin ich gemach In die Felskluft niedergestiegen; Die Welt da draußen ist oberflach, Der Kern muß tiefer liegen.Nun freut mich mein alt Gewaffen nicht mehr, Verspinnwebt liegt´s in der Ecken; Doch soll drum kein hochweiser Herr Als wehrlosen Mann mich necken:Noch reicht ein Blick, das Eulenpack Und die Fledermaus zu verjagen, Noch reicht ein alter Eselskinnback, Den Philisterschwarm zu erschlagen!
Maimorgengang, o still Entzücken:Der Äther strahlt im reinsten Blau,Und bräutlich will der Wald sich schmückenMit zartem Grün und Silbertau.Mit weichem, träumerischem SchläfernStrömt rings ein lauer Frühlingsduft,Und mit den Faltern und den KäfernDurchfliegt ein Blütenschnee die Luft;Die Halden blühn, die jüngst noch dorrten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Erneut im Licht! so will´s des LebensGesetz, das allen Stoff durchkreist,Ahrimans Winter drohn vergebens,Der Sieg verbleibt dem guten Geist.Sein weltverjüngend MaienwunderWeckt Saft und Farbe, Ton und Klang,Drum schallt von allen Wipfeln munterDer Nachtigallen Lobgesang.Sie jubeln seiner denn in Worten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Im Kies verstrüppter UferdämmeSchleicht heut mein Pfad feldaus, waldein,Da spiegeln wilde BirnbaumstämmeMit Ulm´ und Esche sich im Rhein.Auch ihn erfreun des Maien Wonnen,Sein Schuppenvolk taucht wohlig vor,Der Aal kommt schlängelnd sich zu sonnen,Laut plätschernd schnalzt der Hecht empor,Und murmelnd trägt´s die Flut gen Norden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Gekränktes Herz, wozu dein Härmen?Streif ab den fleckendunkeln Rost,Laß dich von diesen Lüften wärmenUnd schöpf´ aus dieser Landschaft Trost!Kein Leid, kein Groll darf allzeit dauern,Es kommt der Tag, da alles grünt,Da Kränkung, Schuld und herbes TrauernIn goldner Sonne Strahl sich sühnt,Auch im Gemüt, wie allerorten,Sieh´, es ist alles neu geworden.Und ruht im kühlen Schoß der ErdeVon allem Schmerz dein sterblich Teil,Getrost, getrost! ein kräftig „Werde!"Beruft dich einst zu bessrem Heil.Aus ird´schen Stoffs und Grams VerzehrungReist unsichtbar ein frischer Keim,Den eines andern Mal VerklärungZur Blüte bringt in anderm Heim.Dort rauscht´s in höheren Akkorden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Am Rhein bei Dettenheim, den 1. Mai 1869
In den Stürmen der Versuchung Hab´ ich lang schon Ruh´ gefunden, Doch dem Tugenhaftsten selber Kommen unbewachte Stunden! Heißer als in heißer Jugend Überschleicht der alte Traum mich, Und beflügelt schwingt des Katers Sehnen über Zeit und Raum sich.O Neapel, Land der Wonne, Unversiegter Nektarbecher! Nach Sorrent möcht´ ich mich schwingen, Nach Sorrent, aufs Dach der Dächer.Der Vesuvius grüßt, es grüßt vom Dunkeln Meer das weiße Segel, Im Olivenwald ertönt ein Süß Konzert der Frühlingsvögel.Zu der Loggia schleicht Carmela, Sie, die schönste aller Katzen, Und sie streichelt mir den Schnauzbart, Und sie drückt mir leis die Tatzen,Und sie schaut mich an süß schmachtend – Aber horch, es tönt ein Knurren. Ist´s vom Golf der Wellen Rauschen? Ist es des Vesuvius Murren?´s ist nicht des Vesuvius Murren, Der hält jetzo Feierstunde, – In dem Hof, Verderben sinnend, Bellt der schlechtste aller Hunde.Bellt der schlechtste aller Hunde, Bellt Krakehlo, der Verräter, Und mein Katertraum zerrinnet Luftig in den blauen Äther.