Ich habe wohl, es sei hier lautvor aller Welt verkündigt,gar vielen heimlich anvertraut,was du an mir gesündigt.Ich sagt’s dem ganzen Blumenheer,dem Veilchen sagt’ ich’s stille,der Rose laut, und lauter dergroßäugigen Kamille.Doch hat’s dabei noch keine Not,bleib’ munter nur und heiter,die es gewußt, sind alle tot,und sagen’s nicht mehr weiter.
Leise atmend, halb entschlummertLiegt das Kind im Bettchen klein:Plötzlich, durch das offne FensterSchaut der Abendstern herein.Und nach ihm mit beiden HändenLaut aufweinend langt das Kind:"Mutter, Mutter! hol mir diesenSchönen Stern herab geschwind!""Dummheit!" ruft der Vater zornigHinter einem Zeitungsblatt,"Was der Fratz von dritthalb JahrenFür verrückte Launen hat!Denk mal: Dreißig MillionenMeilen weg und ein Planet,Der zweihundertvierundzwanzigTage um die Sonne geht!"Doch die Mutter tröstet leise:"Schlaf, mein Engel! Diese NachtHol´ ich dir den Stern vom Himmel,Der dir so viel Freude macht;Morgen früh, hier auf dem BetteFindest du den Edelstein!" –Und das Kind in Tränen lächelndSchläft am Mutterherzen ein.
Der Vater ist seit Jahren blind –blind sein ist mehr als sterben!Die Mutter hat ein krankes Kindund kann nicht viel erwerben.Die Stube war noch nie so warm,obgleich das Fenster offen,seitdem des Winters harter Armdie Erde hat getroffen.Die Sonne küßt das bleiche Kindzum erstenmal im Jahre;es spielt ein weicher, warmer Windmit seinem feuchten Haare.Und wie sein Blick am Himmel hängt,als möcht´s dahin entfliehen,im Wangengrübchen langsam fängtein Röslein an zu blühen.Und – süßes Wunder! – plötzlich, alssei alles Leid zu Ende,schlingt lächelnd um der Mutter Halses seine beiden Hände.Die Mutter weiß vor Freud´ nicht Rat,bricht aus in lautes Weinen. –Das war des Frühlings erste Tatund keine von den kleinen.
Ja, du weißt es, teure Seele, Daß ich fern von dir mich quäle, Liebe macht die Herzen krank, Habe Dank.Einst hielt ich, der Freiheit Zecher, Hoch den Amethysten-Becher, Und du segnetest den Trank, Habe Dank.Und beschworst darin die Bösen, Bis ich, was ich nie gewesen, heilig, heilig an´s Herz dir sank, Habe Dank.
Habt ihr mich hinausgetragen,in den Wald, den morgenfrischen,wo die Nachtigallen schlagenin den jungen Rosenbüschen?Mutter, hilf mir aus dem Bette!Auf den Rasen möcht ich springenwie das Reh, und um die Wettemöcht ich mit der Lerche singen.Und von Blumen welch Gewimmel!Ach, so schön war´s nie auf Erden!Mutter, sag, ist das der Himmel,oder will es Frühling werden.
Aus dem Walde tritt die Nacht;an den Bäumen schleicht sie leise,schaut sich um im weiten Kreise –Nun gib acht!Alle Lichter dieser Welt,alle Blumen, alle Farbenlöscht sie aus und stiehlt die Garbenweg vom Feld.Alles nimmt sie, was nur hold;nimmt das Silber weg des Stromes,nimmt vom Kupferdach des Domesweg das Gold.Ausgeplündert steht der Strauch –Rücke näher: Seel´ an Seele!O, die Nacht, mir bangt, sie stehledich mir auch.
Stell´ auf den Tisch die duftenden Reseden,Die letzten rothen Astern trag´ herbeiUnd laß uns wieder von der Liebe redenWie einst im Mai.Gieb mir die Hand, daß ich sie heimlich drücke,Und wenn man´s sieht, mir ist es einerlei;Gieb mir nur einen deiner süßen BlickeWie einst im Mai.Es blüht und funkelt heut´ auf jedem Grabe,Ein Tag im Jahre ist den Todten frei;Komm´ an mein Herz, daß ich dich wieder habe,Wie einst im Mai.
Es liegen die Veilchen dunkelblauauf einem Grab im Abendtau,ein kleines Mädchen kniet davorund hebt die Hände fromm empor: "O sagt, ihr Veilchen, in der Nachtder Mutter, was der Vater macht,daß ich schon stricken kann, und daßich tausendmal sie grüßen laß." Himmel oder Frühling?Habt ihr mich hinausgetragen,in den Wald, den morgenfrischen,wo die Nachtigallen schlagenin den jungen Rosenbüschen? Mutter, hilf mir aus dem Bette!Auf den Rasen möcht ich springenwie das Reh, und um die Wettemöcht ich mit der Lerche singen. Und von Blumen welch Gewimmel!Ach, so schön war´s nie auf Erden!Mutter, sag, ist das der Himmel,oder will es Frühling werden?