Fällt um dunkle Bäume weich der Schnee,Lange sacht, dann aufgewirbelt, jäh.Hüllt den Tag in dämmerndes Gewühl,Breitet auf die Erde Pfühl um Pfühl.Wandert einer, und er sieht den Flaum;Denkt er: weiches Bette, weiter Raum!Wandert einer und er weiß kein Dach,Denkt: hier fände ich ein Wohngemach!Ist wie zugehangen rings die Welt,Schiebt sich eng zusammen wie ein Zelt.Busch und Bäume stehen unbewegtUnd von Einsamkeit wie eingehegt.
Oft flieh ich mitten aus der HastDer ungestümen Lenzgefühle,Und meine Jugendlust verblaßtZu einer bleichen Dämmerkühle.Voreilend der gemessnen Zeit,Die noch mit Sonnenlicht mich blendet,Seh ich in der VergänglichkeitDas frohe Lebensspiel beendet:Da, was mir ward und ich erkor,Wie Hauch zerflattert im Entschweben,Vor meinem Blick, ein dunkler Flor,Verweht mein innerstes Erleben.
Schneegeriesel. Flocken über Flocken.In der weichen Luft zerfließt der Schaum,und kein Windhauch weht die Erde trocken.Aber, wenn im Frost erstarrt der Flaum,reift er schnell zu glitzernden Kristallenund blinkt dann am Boden und am Baum.– Nasser Schnee ist auf mein Haar gefallen –In den Bergen türmt er sich zu Eisund zu donnernden Lawinenballen.Von den Dächern tropft es leise, leis,und dazwischen gleiten und verschwimmenfern und ferner, kaum daß ich es weiß,Dämmernde Gedanken, leise StimmenWie Erinnern, wie Atem bloß,einer Sehnsucht aufgescheuchtes Glimmen.Alles fließt der Erde in den Schoß.Dieses Lebens gleitende Gesichte,ungezählte Tropfen, Los um Los,Einen Augenblick beglänzt vom Lichte –oder in der rauen Luft gereift,und nun auf der harten Erde dichteSternkristalle, bis ein Wind sie streift.
Der Tag bleicht. Letzte HelligkeitQuillt aus dem ebenmässigen Gewölk.Die Erde trocken und befreitVon Schnee; nur hie und da die SpurVon dünnem Eise, wie Glasur.Die Dunkelheit wächst sanft und stät;Ein Licht, das aufblitzt, glimmt noch matt;Die Kinder spielen noch so spät,Der Tagesfreuden nimmer satt.Die Menschen schreiten säumig, wie verführt;Und atmend heben sie das KinnSo an die Luft, als läge drinFür sie ein Etwas, das den SinnWie eine wahre Seligkeit berührt.
Weißt du denn – wenn auf Baum und StrauchDas Astwerk zittert und sich sträubt,Und wenn der leicht gewellte RauchAn einer Wetterwand zerstäubt –Ein scheuer Vogel ohne LautAn dir vorbei die Flügel schlägt,Und Wolke sich an Wolke baut –Wohin dein wilder Wunsch dich trägt?Weißt du denn, wenn nun alle WeltSich eng an Hof und Heimstatt schmiegt,Und deine Sehnsucht dich befällt, –Wo deine eigne Heimat liegt?
Ich liebe die, die nicht zu leben wissen ...Der Narrheit Raum! Wer hilft mir Berge ebnen!Mein Wille ist ein Kreislauf, der nie endet.Dem mühvoll Nutzlosen und dem VergebnenHab ich mit Leib und Leben mich verpfändet.Mein Hirn gab ich dem Wahn zum Herrensitze,Von Truggebilden ist mein Blick umflimmert.Ich klettre mittags auf die Kirchturmspitze,Weil sie so golden in der Sonne schimmert.Gestreckten Laufs und nimmermüden Fusses,Zum Horizont, der immer wieder schwindet,Folg ich den Krümmungen des raschen Flusses,Bis er sein Bett im fernen Meere findet.In Hass und Liebe ohne Mass und Grenzen,In Überschwang und Frevel ohne Reue,Lass ich mein Gold vor blöden Augen glänzenUnd werfe meine Perlen vor die Säue.Blind hängt mein Torenherz an seinem Bunde.Die Tage geb ich hin verlornem SinnenUnd lass mir nachts aus einer offnen WundeHeimlich, zum Spass, die roten Tropfen rinnen.
Oft muß ich denken: Wie mein Haar ergraut!Sind denn noch immer blühend meine Wangen?Wie wenn ein Wanderer nach rückwärts schautUnd zu sich spricht: Wie bin ich weit gegangen!Dann drängt inbrünstiger noch mein GefühlSich zu dem Heute, das noch nicht entschwebte,Und der Vergangenheit enttaucht so kühl,Was ehedem so schmerzlich ich durchlebte.So kommt ein Freund, den du verlorst, vielleichtVon ungefähr dir übern Weg nach Jahren,Und während fragend man die Hand sich reicht,Schweigt man von allem doch, was man erfahren.Die Augen nicken sich wohl grüßend zu,Wie voll Bedauern, aus gesenkten Lidern;Das Herz spricht unvernehmlich: Bist es du?Und fühlt sich fremd und weiß nichts zu erwidern.