Willst du, o Herz, ein gutes Ziel erreichen,mußt du in eigner Angel schwebend ruhn;ein Tor versucht zu gehn in fremden Schuhn,nur mit sich selbst kann sich der Mann vergleichen!Ein Tor, der aus des Nachbars Kinderstreichensich Trost nimmt für das eigne schwache Tun,der immer um sich späht und lauscht und nunsich einen Weg bestimmt nach falschen Zeichen!Tu frei und offen, was du nicht willst lassen,doch wandle streng auf selbstbeschränkten Wegen –und lerne früh, nur deine Fehler hassen!Und ruhig geh den anderen entgegen;kannst du dein Ich nur fest zusammenfassen,wird deine Kraft die fremde Kraft erregen.
Es wandert eine schöne SageWie Veilchenduft auf Erden um,Wie sehnend eine LiebesklageGeht sie bei Tag und Nacht herum. Das ist das Lied vom VölkerfriedenUnd von der Menschheit letztem Glück,Von goldner Zeit, die einst hienieden,Der Traum als Wahrheit, kehrt zurück.Wo einig alle Völker betenZum Einen König, Gott und Hirt:Von jenem Tag, wo den ProphetenIhr leuchtend Recht gesprochen wird.Dann wird´s nur eine Schmach noch geben,Nur eine Sünde in der Welt:Des Eigen-Neides Widerstreben,Der es für Traum und Wahnsinn hält.Wer jene Hoffnung gab verlorenUnd böslich sie verloren gab,Der wäre besser ungeboren:Denn lebend wohnt er schon im Grab.
O wär mein Herz das tiefe MeerUnd meine Feinde die Schiffe:Wie schleudert´ es sie hin und herAn meines Hasses Riffe!Und endlich schläng es unter sie,Hinunter in die Tiefe,Daß drüber glänzend spät und frühDer Meeresfrieden schliefe!So aber ist´s ´ne Welle kaum,Von tausenden nur eine,Doch nagt und wäscht ihr leichter SchaumAm morschen Schiffsgebeine!Wir Wellen brausen treu vereint,Und eine folgt der andern!Wir haben all den gleichen Feind,Nach dem wir spähn und wandern.Das Unglück ist der Wirbelwind,Der peitscht uns, bis wir schäumenUnd bis wir wach geschlagen sindVon unsern Wasserträumen.Und endlich sinkt im Trümmerfall,Was wir so lang getragen –Heil uns, wenn wir mit sattem SchwallDann oben zusammenschlagen!
Wohin hat dich dein guter Stern gezogen,O Schulgenoß aus ersten Knabenjahren?Wie weit sind auseinander wir gefahrenIn unsern Schifflein auf des Lebens Wogen! Wenn wir die Untersten der Klasse waren,Wie haben wir treuherzig uns betrogen,Erfinderisch und schwärm´risch uns belogenVon Aventuren, Liebschaft und Gefahren! Da seh´ ich just, beim Schimmer der Laterne,Wie mir gebückt, zerlumpt ein VagabundMit einem Häscher scheu vorübergeht - ! So also wendeten sich unsre Sterne?Und so hat es gewuchert, unser Pfund?Du bist ein Schelm geworden - ich Poet!
Die alte Heimat seh´ ich wieder,Gehüllt in herbstlich feuchten Duft;Er träufelt von den Bäumen nieder,Und weithin dämmert grau die Luft.Und grau ragt eine Flur im Grauen,Drauf geht ein Mann mit weitem SchrittUnd streut, ein Schatten nur zu schauen,Ein graues Zeug, wohin er tritt.Ist es der Geist verschollner Ahnen,Der kaum erstrittnes Land besät,Indeß zu Seiten seiner BahnenDer Speer in brauner Erde steht?Der aus vom Kampf noch blut´gen HändenDie Körner in die Furche wirft,So mit dem Pflug von End´ zu EndenEin jüngst vertriebnes Volk geschürft?Nein, den Genossen meines BlutesErkenn´ ich, da ich ihm genaht,Der langsam schreitend, schweren MutesDie Flur bestäubt mit Aschensaat.Die müde Scholle neu zu stärkenLäßt er den toten Staub verweh´n,So seh´ ich ihn in seinen WerkenGedankenvoll und einsam geh´n.Grau ist der Schuh an seinem Fuße,Grau Hut und Kleid, wie Luft und Land;Nun reicht er mir die Hand zum GrußeUnd färbt mit Asche mir die Hand.Das alte Lied, wo ich auch bliebe,Von Mühsal und Vergänglichkeit!Ein wenig Freiheit, wenig Liebe,Und um das Wie der arme Streit!Wohl hör´ ich grüne Halme flüsternUnd ahne froher Lenze Licht!Wohl blinkt ein Sichelglanz im Düstern,Doch binden wir die Garben nicht!Wir dürfen selbst das Korn nicht messen,Das wir gesät aus toter Hand;Wir gehn und werden bald vergessen,Und unsre Asche fliegt im Land!
Nicht ein Flügelschlag ging durch die Welt,Still und blendend lag der weiße Schnee,Nicht ein Wölklein hing am Sternenzelt,Keine Welle schlug im starren See. Aus der Tiefe stieg der Seebaum auf,Bis sein Wipfel in dem Eis gefror;An den Ästen klomm die Nix´ herauf,Schaute durch das grüne Eis empor.Auf dem dünnen Glase stand ich da,Das die schwarze Tiefe von mir schied;Dicht ich unter meinen Füßen sahIhre weiße Schönheit Glied um Glied.Mit ersticktem Jammer tastet´ sieAn der harten Decke her und hin.Ich vergess´ das dunkle Antlitz nie,Immer, immer liegt es mir im Sinn!
Nun in dieser FrühlingszeitIst mein Herz ein klarer See,Drin versank das letzte Leid,Draus verflüchtigt sich das Weh.Spielend meine Seele ruht,Von der Sonne überhaucht,Und mit Lieb´ umschließt die Flut,Was sich in dieselbe taucht.Aber auf dem Grunde sprühtUeberdies ein Quell hervor,Welcher heiß und perlend glühtDurch die stille Flut empor.Und im Quelle badest du,Eine Nix´ mit goldnem Haar;Oben deckt den Zauber zuDas Gewässer tief und klar.
Nun haben wir das Blau gewendetUnd frisch dem Tod ins Äug geschaut;Kein Ungewisses Ziel mehr blendet,Doch grüner scheint uns Busch und Kraut,Und wärmer ward´s in unsern Herzen,Es zeugt´s der frohgewordene Mund;Doch unsern Liedern, unsern SchmerzenLiegt auch des Scheidens Ernst zugrund.
Es ist ein stiller Regentag,So weich, so ernst, und doch so klar,Wo durch den Dämmer brechen magDie Sonne weiß und sonderbar.Ein wunderliches Zwielicht spieltBeschaulich über Berg und Tal;Natur, halb warm und halb verkühlt,Sie lächelt noch und weint zumal.Die Hoffnung, das VerlorenseinSind gleicher Stärke in mir wach;Die Lebenslust, die Todespein,Sie ziehn auf meinem Herzen Schach.Ich aber, mein bewußtes Ich,Beschau´ das Spiel in stiller Ruh,Und meine Seele rüstet sichZum Kampfe mit dem Schicksal zu.
Der Winter ist eine ehrliche Haut,Ein alter Poldrian;Wie zornig er mir ins Auge schaut,Blick ich ihn wiederum an!Sein Blut ist kühl und starr wie Eis,Doch nie seine Treue wankt;Wie oft hab ich mich nächtlicherweisMit ihm herumgezankt!Da rüttelt er mir am GartentorUnd stampft auf den Beeten herum,Er schimpft mich einen sanguinischen Tor,Leichtgläubig und herzlich dumm!Viel Hoffnungen zieh ich in Scherben aufAm kalten Sternenschein,Da ist er besonders versessen draufUnd stürmt auf sie herein.Ich balge mich immer, so gut ich kann,Um jedes grüne Reis;Er aber entrupft sie, der harte Mann,Den Scherben büschelweis.Doch die mir der Alte stehenläßt,Die sind erprobt und gefeit!Die sind gelenzet und frühlingsfestUnd der Erfüllung geweiht!