Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,bis auf den letzten Hauch von Leben leer;die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise,so gräbt er, glaub´ ich, sich hinein ins Grab.Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,wirft einen letzten Blick auf´s öde Land,doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,trotzt ihr der Tod im weissen Festgewand.
Sie hat ein Kind geboren, Zu höchster Lust in tiefstem Leid, Und ist nun ganz verloren In seine stumme Lieblichkeit. Es blüht zwei kurze Tage, So daß sie´s eben küssen mag, Und ohne Laut und Klage Neigt es sein Haupt am dritten Tag. Und wie es still erblaßte, So trägt sie still den heil´gen Schmerz, Und eh´ sie´s ganz noch faßte, Daß es dahin ist, bricht ihr Herz. Der mit dem Lilienstengel Sonst tritt aus einem finstern Thor, Er ging, der Todes-Engel, Aus ihrem eig´nen Schooß hervor.
Die Schnecke muß erst eine WundeEmpfangen, wenn sie aus ihrem SchoßIn ihres Lebens schönster StundeSich ringen soll die Perle los.So steigt auch aus dem DornenschoßeDes bleichen Jammers und der NotHervor das Herrliche und Große,Auf der Bedürftigkeit Gebot.Laßt uns denn alle mutig stehen,Wenn uns ein hartes Schicksal naht.Die Mutter fühlt ja auch erst Wehen,Eh´ sie ein lieblich Kindlein hat.
Wir träumten voneinanderUnd sind davon erwacht.Wir leben, um uns zu lieben,Und sinken zurück in die Nacht.Du tratst aus meinem Traume,Aus deinem trat ich hervor,Wir sterben, wenn sich einesIm andern ganz verlor.Auf einer Lilie zitternZwei Tropfen rein und rund,Zerfließen in Eis und rollenHinab in des Kelches Grund.
Das Bettelmädchen lauscht am Tor,Es friert sie gar zu sehr.Der junge Ritter tritt hervorUnd wirft ihr hin den MantelUnd spricht: "Was willst du mehr?"Das Mädchen sagt kein einzig Wort,Es friert sie gar zu sehr.Dann geht sie stolz und glühend fortUnd läßt den Mantel liegenUnd spricht: "Ich will nichts mehr!"
So wie die Sonne untergeht,Gibt´s einen letzten Baum,Der, wie in Morgenflammen, stehtAm fernsten Himmelssaum.Es ist ein Baum und weiter nichtsDoch denkt man in der NachtDes letzten wunderbaren Lichts,So wird auch sein gedacht.Auf gleiche Weise denk ich dein,Nun mich die Jugend läßt,Du hältst mir ihren letzten Schein Für alle Zeiten fest.
Jüngst traf ich einen alten Mann Und hub ihm vorzusingen an, Doch an den Mienen des Gesichts Bemerkt´ ich bald, er höre nichts. Da dachte ich: der Greis ist taub, Drum wird dein Lied des Windes Raub, So tu´ ihm denn, nicht durch den Mund, Durch Zeichen dies und jenes kund. Ich tat´s, doch ward mir leider klar, Daß er auch schon erblindet war, Denn, wie der Frosch aus seinem Sumpf, Hervorglotzt, sah er dumpf und stumpf, Und ungestört in seiner Ruh´, Der Sprache meiner Finger zu. Ich rief: mit dem steht´s schlimm genug, Doch mögt´ ich ihm den letzten Zug Noch gönnen aus dem Lebensquell! Da reicht´ ich ihm die Rose schnell, Die ich für meine Braut gepflückt, Allein auch das ist schlecht geglückt, Ihm schien der Duft nicht mehr zu sein, Wie einem Gartengott von Stein. Nunmehr verlor ich die Geduld, Ich dacht´ an meines Mädchens Huld, Die mir so schmählig jetzt entging, Da sie die Rose nicht empfing, Und jagte ihm im ersten Zorn In´s dicke Fell den scharfen Dorn; Doch bracht´ auch dies ihm wenig Not, Er zuckte nicht, er – war wohl tot!
Schilt nimmermehr die Stunde hart,Die fort von dir was Teures reißt;Sie schreitet durch die GegenwartAls ferner Zukunft dunkler Geist.Sie will dich vorbereiten, ernst,Auf das, was unabwendbar droht,Damit du heut entbehren lernst,Was morgen sicher raubt der Tod.
"Wie denkst du mein?"Wie eines holden Traumes,Der schönsten Blüt´ des blütenreichen BaumesDer Phantasie, gedenk´ ich dein!Ich bin erwacht!Der kosend mich umwunden,Der süße Traum ist eilig mir verschwunden,Ließ mich allein in dunkler Nacht.Doch, wenn ein Traum,Ein lieblicher, sich endet,Wer hätte Klagen wohl um ihn verschwendet?Man denkt an ihn Minuten kaum!Die Nacht entflieht:Mir winkt das rege Leben:Mögst du dir selbst so leicht, als ich vergeben,Ich, der in dir – sich selber sieht!
Ich schlaf, ich wach, ich geh, ich steh,Ich kann dein nit vergessen;Mich deucht, daß ich dich allzeit seh,Du hast mein Herz besessen.Wie hübsch sein dein Gebärden!Für dich hab ich doch gar kein RuhAuf dieser Welt und Erden.