Wie durch so manchen OrtBin ich nun schon gekommen,Und hab’ aus keinem fortEin freundlich Bild genommen.Man prüft am fremden GastDen Mantel und den Kragen,Mit Blicken, welche fastDie Liebe untersagen.Der Gruß trägt so die SpurGleichgültig-offner Kälte,Daß ich ihn ungern nurMit meinem Dank vergelte.Und weil sie in der BrustMir nicht die Flamme nähren,So muß sie ohne LustSich in sich selbst verzehren.Da ruf’ ich aus mit Schmerz,Indem ich fürbaß wandre:Man hat nur dann ein Herz,Wenn man es hat für andre.
Es steht ein Baum im Wüstensand, Der einzige, der dort gedieh; Die Sonne hat ihn fast verbrannt, Der Regen tränkt den durst´gen nie. In seiner falben Krone hängt Gewürzig eine Frucht voll Saft, Er hat sein Mark hinein gedrängt, Sein Leben, seine höchste Kraft. Die Stunde, wo sie, überschwer, Zu Boden fallen muß, ist nah´, Es zieht kein Wanderer daher, Und für ihn selbst ist sie nicht da.
O Blitz, der aus dem Tiefsten springtUnd mir durch jede Faser zuckt,Der mich mit neuer Glut durchdringt,Die sonst mein Inn´res still verschluckt;Ich grüße dich viel tausendmalUnd frag´ nicht: bringst du mir Genuß?Denn du befreist mich von der Qual,Daß ich mich selber lieben muß.
Friedlich bekämpfenNacht sich und Tag:Wie das zu dämpfen,Wie das zu lösen vermag. Der mich bedrückte,Schläfst du schon, Schmerz?Was mich beglückteSage, was war´s doch, mein Herz? Freude wie Kummer,Fühl ich, zerrann,Aber den SchlummerFührten sie leise heran. Und im Entschweben,Immer empor,Kommt mir das LebenGanz wie ein Schlummerlied vor.
Aus dem gold´nen Morgen-QualmSich herniederschwingend,Hüpft die Meise auf den Halm,Aber noch nicht singend.Doch der Halm ist viel zu schwach,Um nicht bald zu knicken,Und nur, wenn sie flattert, magSie sich hier erquicken.Ihre Flügel braucht sie nunFlink und unverdrossen,Und indeß die Füßchen ruh´n,Wird ein Korn genossen.Einen kühlen Tropfen ThauSchlürft sie noch daneben,Um mit Jubel dann in´s Blau Wieder aufzuschweben.
Im großen ungeheuren OzeaneWillst du, der Tropfe, dich in dich verschließen?So wirst du nie zur Perl’ zusammenschießen,Wie dich auch Fluten schütteln und Orkane!Nein! öffne deine innersten OrganeUnd mische dich im Leiden und GenießenMit allen Strömen, die vorüberfließen;Dann dienst du dir und dienst dem höchsten Plane.Und fürchte nicht, so in die Welt versunken,Dich selbst und dein Ur-Eignes zu verlieren:Der Weg zu dir führt eben durch das Ganze!Erst, wenn du kühn von jedem Wein getrunken,Wirst du die Kraft im tiefsten Innern spüren,Die jedem Sturm zu stehn vermag im Tanze!
Dein Auge glüht nicht mehr, wie einst, Und deine Wang´ ist nicht mehr roth, Und wenn du jetzt vor Sehnsucht weinst, So gilt es Keinem, als dem Tod. Nichts bist du, als ein Monument, Das, halb verwittert und gering, Nur kaum noch einen Namen nennt, Mit dem ein Leben unterging. Doch, wie hervor die Todten geh´n Aus ihrer Gruft in mancher Nacht, Darfst du zuweilen aufersteh´n Zu altem Glanz und alter Pracht, Wenn tief dich ein Gefühl ergreift, Wie es vielleicht dich einst bewegt, Und dir den Schnee vom Herzen streift, Der längst sich schon darauf gelegt. Da bist du wieder, wie zuvor, Und was die Mutter einst entzückt, Wodurch du der Gespielen Chor Einst anspruchlos und still beglückt, Das Alles ist noch einmal dein, Von einem Wunderstral erhellt, Gleichwie vom späten Mondenschein Die rings in Schlaf begrabne Welt. Mir aber wird es trüb zu Muth, Mir sagt ein unbekannter Schmerz, Daß tief in dir verschlossen ruht, Was Gott bestimmt hat für mein Herz, Und will´s dann hin zu dir mich zieh´n, Ach, mit allmächtiger Gewalt, So muß ich stumm und blutend flieh´n, Denn du bist wieder todt und kalt.
"Wie denkst du mein?"Wie eines holden Traumes,Der schönsten Blüt´ des blütenreichen BaumesDer Phantasie, gedenk´ ich dein!Ich bin erwacht!Der kosend mich umwunden,Der süße Traum ist eilig mir verschwunden,Ließ mich allein in dunkler Nacht.Doch, wenn ein Traum,Ein lieblicher, sich endet,Wer hätte Klagen wohl um ihn verschwendet?Man denkt an ihn Minuten kaum!Die Nacht entflieht:Mir winkt das rege Leben:Mögst du dir selbst so leicht, als ich vergeben,Ich, der in dir – sich selber sieht!
So wie die Sonne untergeht,Gibt´s einen letzten Baum,Der, wie in Morgenflammen, stehtAm fernsten Himmelssaum.Es ist ein Baum und weiter nichtsDoch denkt man in der NachtDes letzten wunderbaren Lichts,So wird auch sein gedacht.Auf gleiche Weise denk ich dein,Nun mich die Jugend läßt,Du hältst mir ihren letzten Schein Für alle Zeiten fest.
1Es spielten auf der BlumenauDie Kinder allzumal,Die Sonne sank, der Mond sah hellHerab ins stille Tal.Da nahte eine Mutter sichUnd winkte ihrem Sohn.Der Knabe sah sie bittend an:"Ach, liebste Mutter, schon?"Die Mutter ging mit ihm nach HausUnd zog ihm aus das Kleid,Der Knabe trotzte: fern von mirSind Schlaf und Müdigkeit!Die Mutter brachte ihn zu Bett,Das kränkte ihn gar tief;Sein Auge war noch tränenfeucht,Als er schon ruhig schlief.Ich frug: warum muß euer KindSo früh zu Bette gehn?Die Mutter lächelte mich an:"Um fröhlich aufzustehn!"2Ich ging nach einer kurzen FristDem kleinen Haus vorbei;Ich sah die Fenster dicht verhülltUnd hörte Wehgeschrei.Ich ging hinein, da sah ich bald,Was hier geschehen war,Der muntre Knabe, still und bleich,Lag auf der Totenbahr.Die Mutter schaute auf zu mir,Sie sah mich flehend an,Ich wurde erst so still wie sie,Doch tröstend sprach ich dann:Der liebe Gott, er denkt wie du,Läßt früh ihn schlafen gehn,Damit er einst am Jüngsten TagKann fröhlich auferstehn!