Das Weib mit rosigem Mund
begann den Leib zu recken,
Wie sich die Schlange dreht
auf heißem Kohlenbecken,
Und in den Schnürleib fest
die Brüste eingezwängt,
Sprach diese Wort sie,
von Moschus ganz durchtränkt:
"Mein Mund ist rot und feucht,
und auf des Lagers Kissen
Kann alle Tugend ich
und alle Wahrheit missen.
Die Tränen trockne ich
auf meines Busens Pracht,
Mach´ Alte fröhlich,
wie man Kinder lachen macht.
Wer ohne Hüllen schaut
des nackten Leibes Wonnen,
Dem ist der Mond verlöscht und
Himmelswelt und Sonnen!
Ich bin, mein Weiser,
so geübt in Wollustglut,
Daß tödlich fast dem Mann
wird der Umarmung Wut,
Und wenn ich meinen Leib
den Küssen überlassen,
Die frech und schüchtern mich
und zart und roh erfassen,
Dann ueber meinem Pfühl,
der sich vor Wonne bäumt,
Ohnmächtiger Engel Schar
von meinen Reizen träumt."

Charles Baudelaire
Bitte anmelden, um Kommentare zu sehen und zu posten