Dunkeln muß der Himmel rings im Runde,Daß sein Sternenglanz zu leuchten wage;Stürmen muß das Meer bis tief zum Grunde,Daß ans Land es seine Perlen trage;Klaffen muß des Berges offne Wunde,Daß sein Goldgehalt ersteh´ zu Tage:Dunkle Stunden müssen offenbaren,Was ein Herz des Großen birgt und Klaren.
Großvater und Großmutter,Die saßen im Gartenhag,Es lächelte still ihr AntlitzWie sonn´ger Wintertag.Die Arme verschlungen, ruhtenIch und die Geliebte dabei,Und blühten und klangen die HerzenWie Blumenhaine im Mai.Ein Bächlein rauschte vorüberMit plätscherndem Wanderlied,Stumm zog das Gewölk am Himmel,Bis unseren Blicken es schied.Es raschelte von den BäumenDas Laub, verwelkt und zerstreut,Und schweigen an uns vorüberZog leichten Schrittes die Zeit.Stumm blickte aufs junge PärchenDas alte stille Paar;Des Lebens DoppelspiegelStand vor uns licht und wahr:Sie sah´n uns an und dachtenDer schönen Vergangenheit;Wir sah´n sie an und träumtenVon ferner künft´ger Zeit.
Gesät hab´ ich meine FreudeTief in die Erde hinein;Doch weil sie zu tief, drum wollteNur spärlich die Ernte gedeih´n.Hinauf an die höchsten SterneGeheftet hab´ ich meinen Schmerz;Doch weil er so hoch, drum fiel erMir doppelt schwer nun auf´s Herz.
Zwei Jungfrauen sitzen am Meeresstrand;Die Eine weint in die Fluthen,Die Andre mit dem Kranz in der HandWirft Rosen in die Fluthen.Die eine, trüber Wehmuth Bild,Stöhnt mit geheimem Beben:"O Meer, o Meer, so licht und wild,Wie gleichst du so ganz dem Leben!"Die Andre, lichter Freude Bild,Jauchzt selig lächelnd daneben:"O Meer, o Meer, so licht und wild,Wie gleichst du so ganz dem Leben!"Fortbraust das Meer und überklingtDas Jauchzen und das Stöhnen;Fort wogt das Meer und, ach, verschlingtDie Rosen und die Thränen.
Vollbracht ist´s – ach, wie alles Menschenstreben!Kein Stein, drum nicht schon kämpfte Menschenwut!Kein Strauch an dem nicht Menschentränen kleben!Kein Stäubchen Land, an dem nicht Menschenblut!Mich dünkt´s, im Buch des Himmels wärenDie schönsten Stellen, heiligsten Legenden,Des Friedens und der Liebe GotteslehrenMit schwarzem Strich durchkreuzt von Menschenhänden.
Warum auch zweite LiebeNoch stets mit bangem Muth,Mit Angst uns füllt und ZweifelnWie´s kaum die erste thut?Seht, ein ergrauter BergmannFährt in der Grube Nacht,Und alle Weg´ und TritteKennt er im dunkeln Schacht.Er, dem wie seine HütteBekannt der Stollen ward,Bekreuzt sich doch und betet,Bevor er wagt die Fahrt.
Die Seele warm,das Auge klar,die Lippe wahr,von Stahl der Arm;für´s andre sorgendein Heut´ dein Morgen.
Wo war, wo ist, wo wird sie sein, die Stunde, wahrem Glück erlesen? Sie ist und sie wird nicht sein, denn sie ist immer nur gewesen! Daß wir glücklich waren, wissen wir erst, wenn wir es nimmer sind.
Es glüht das Meer, endlos vor mir gebreitet,Wie die Erinnerung an ros´gen Mai,Und jenes Segel, das darüber gleitet,Mich dünkt´s, als ob mein eignes Herz es sei.Du unstet Fahrzeug dort, das schwank und irreFern durch die Wogen steuert hin und her,Wer sagt mir wohl, wohin dein Segel schwirreIn diesem weiten, inselreichen Meer?Welch Eiland einst dein Port aus all den blauen,Zerstreut im Spiegel abendrother Gluth,Wie Häupter holder Jungfraun anzuschauenAuftauchend aus dem Bade lauer Fluth?O dieses hier, auf diesen Flur von RosenDer Abend jetzt auch seine Rosen streut,Daß Himmelsblüthen mit den ird´schen kosen,Und Erd´ und Himmel glühn im Blumenstreit?Ob jenes dort, so stolz die Stirne tragend,Wenn Morgenroth drauf seinen Kuß gepreßt,Doch dessen goldner Felsenwall, hochragend,Den Kahn der Sehnsucht nimmer landen läßt?Ob jene Insel, die, daß sanft es lande,Manch Schifflein lockt, und lieblich anzusehn,Wenn Mondenglanz sich gießt auf ihre StrandeUnd goldne Stern´ in Meer und Äther stehn?Ob es die blondgelockte, deren FelderIn üpp´ger Saat hinfluthen helles Gold?Die schwarzgelockte, der ein Kranz der WälderWie lindes Haar reich um die Schultern rollt?Wer sagt es mir, wohin dies Segel schwirre,Und ob´s ein Schiff auch, was dort treibt umher?Ob´s nicht vielleicht mein Herz, das schwanke, irre,Durchschiffend der Erinnrung blaues Meer?