Wie wenn im frost´gen Windhauch tödlichdes Sommers letzte Blüte krankt,und hie und da nur, gelb und rötlich,ein einzeln Blatt im Windhauch schwankt,so schaudert über meinem Lebenein nächtig trüber kalter Tag,warum noch vor dem Tode beben,o Herz, o Herz, mit deinem ew´gen Schlag!Sieh rings entblättert das Gestäude!Was spielst du, wie der Wind am Strauch,noch mit der letzten welken Freude?Gib dich zur Ruh, bald stirbt sie auch.
Das war der süßeste der Laute!Sie sprach´s, das erste Liebeswort;Im Herzen nun trag ich das trauteTiefselige Geheimnis fort.Allein, wo berg´ ich meine Wonne,Daß ich sie wohl behüten mag?Dein Licht verhülle, läst´ge Sonne!Verstumme, lärmbewegter Tag!Weltfern sei meines Glückes FülleBegraben, wo sie nichts verrätUnd nur durch Nacht und heil´ge StilleDes süßen Wortes Nachhall weht.
Unter tiefer Eisesdecketräumt die junge Knospe schon,Daß der Frühling sie erweckeMit der Lieder holdem Ton.Nur empor den Blick gewendet,Und durch düstres WolkengrauBricht zuletzt, daß es dich blendet,Glorreich noch des Himmels Blau.
Dich ahnte meine Seele lange,Bevor mein Auge dich gesehn,Und selig-süße Schauer bangeFühlt´ ich durch all mein Wesen gehn.…Ich sog von unbekannten BlütenDen Duft, der mir entgegenquoll,Und nie erblickte Sterne glühtenZu Häupten mir geheimnisvoll.Doch immer sah ich deinen SchattenNur trübe wie durch NebelflorDein Antlitz schien daraus in matten,Gebrochnen Zügen nur hervor.Und als der Schleier nun gesunken,Der dich vor mir verhüllt – vergib,Wenn lang ich sprachlos und wie trunken,Betäubt von all dem Glücke blieb!
Nichts ist mir von dir gebliebenAls der Brief, den du geschrieben,Meines Lebens höchstes Gut;Mag das Auge mir erblinden,Tröstung kann ich einzig finde,Wenn es auf dem Blatte ruht.Dann erstehn mir sel´ge StundenMit den Wonnen, die geschwunden,Wieder aus der Totengruft;Und um meine wehmuttrunkneSeele hauchen lang versunkneLenze ihren Blütenduft.Über mir im AbendwindeRauscht das Wipfellaub der LindeSo wie ehmals wiederum,Als wir Arm in Arm gelegenUnd nur mit des Herzens SchlägenZwiesprach hielten, wonnestumm.Und dann ist mir, auf dem BlatteRuhe neben mir dein SchatteIn dem blassen Dämmerlicht;O, an ihm im langen, langenKusse soll mein Mund noch hangen,Wenn im Tod mein Auge bricht.
Ringsum nun wird es stille,Indeß der Tag versinkt,Und froh im Gras die GrilleDen Thau der Dämmrung trinkt.Aufsteigt die Nacht im Westen,Sie athmet hörbar kaumUnd wiegt von Ast zu AestenDen Wald in Schlag und Traum.Den Vögeln wie sie brüten, Drückt sie die Augen zuUnd lullt im Thal die Blüten,Die Aehren all´ in Ruh´.Komm, Mutter Nacht, und legeDie Hand aufs Herz mir mild,Daß sie die wilden SchlägeDem Ruhelosen stillt!
Du willst, daß ich in Worte füge,was flüchtig ist wie Windeswehn,und meiner Seele Atemzüge,die leisen, kannst du nicht verstehn?Die stille Wonne wie die Klage,die nur in Geistertönen lallt,bleibt eine unverstandne Sage,wenn nicht das Herz ihr widerhallt.Ihr Sinn ist hin, ihr Laut verklungen,sobald die Lippe sie erst nennt;nicht eignet sich für Menschenzungen,was nur der Himmel weiß und kennt.
Du fragst mich, Mädchen, was flüsternd der WestVertraue den Blütenglocken?Warum von Zweige zu Zweig im GeästDie zwitschernden Vögel locken?Warum an Knospe die Knospe sich schmiegt,Und Wellen mit Wellen zerfließen,Und dem Mondstrahl, der auf den Kelchen sich wiegt,Die Violen der Nacht sich erschließen?O törichtes Fragen! Wem Wissen frommt,Nicht kann ihm die Antwort fehlen;Drum warte, mein Kind, bis die Liebe kommt,Die wird dir alles erzählen.