Das macht, es hat die NachtigallDie ganze Nacht gesungen;Da sind von ihrem süßen Schall,Da sind in Hall und WiderhallDie Rosen aufgesprungen.Sie war doch sonst ein wildes Kind;Nun geht sie tief in Sinnen,Trägt in der Hand den SommerhutUnd duldet still der Sonne GlutUnd weiß nicht, was beginnen.Das macht, es hat die NachtigallDie ganze Nacht gesungen;Da sind von ihrem süßen Schall,Da sind in Hall und WiderhallDie Rosen aufgesprungen.
Ich hab es mir zum Trost ersonnenIn dieser Zeit der schweren Not,In dieser Blütezeit der Schufte,In dieser Zeit von Salz und Brot.Ich zage nicht, es muß sich wenden,Und heiter wird die Welt erstehn,Es kann der echte Keim des LebensNicht ohne Frucht verlorengehn.Der Klang von Frühlingsungewittern,Von dem wir schauernd sind erwacht,Von dem noch alle Wipfel rauschen,Es kommt noch einmal, über Nacht!Und durch den ganzen Himmel rollenWird dieser letzte Donnerschlag;Dann wird es wirklich Frühling werdenUnd hoher, heller, goldner Tag.Heil allen Menschen, die es hören!Und Heil dem Dichter, der dann lebtUnd aus dem offnen Schacht des LebensDen Edelstein der Dichtung hebt!
Die fremde Stadt durchschritt ich sorgenvoll, der Kinder denkend, die ich ließ zu Haus. Weihnachten war’s, durch alle Gassen scholl der Kinder Jubel und des Markts Gebraus. Und wie der Menschenstrom mich fortgespült, drang mir ein heiser Stimmlein in das Ohr: „Kauft, lieber Herr!“ Ein magres Händchen hielt feilbietend mir ein ärmlich Spielzeug vor. Ich schrak empor, und beim Laternenschein sah ich ein blasses Kinderangesicht; wes Alters und Geschlechts es mochte sein, erkannt ich im Vorübergehen nicht. Nur von dem Treppenstein, darauf es saß, noch immer hört ich, mühsam, wie es schien: „Kauft, lieber Herr!“ den Ruf ohn Unterlaß; doch hat wohl keiner ihm Gehör verliehn. Und ich? War’s Ungeschick, war es die Scham, am Weg zu handeln mit dem Bettelkind? Eh’ meine Hand zu meiner Börse kam, verscholl das Stimmlein hinter mir im Wind. Doch als ich endlich war mit mir allein, erfaßte mich die Angst im Herzen so, als säß’ mein eigen Kind auf jenem Stein und schrie nach Brot, indessen ich entfloh.
Es ist ein Flüstern in der Nacht,Es hat mich ganz um den Schlaf gebracht;Ich fühl´s, es will sich was verkündenUnd kann den Weg nicht zu mir finden.Sind´s Liebesworte, vertrauet dem Wind,Die unterwegs verwehet sind?Oder ist´s Unheil aus künftigen Tagen,Das emsig drängt sich anzusagen?
Da sitzt der Kauz im UlmenbaumUnd heult und heult im Ulmenbaum.Die Welt hat für uns beide Raum!Was heult der Kauz im UlmenbaumVon Sterben und von Sterben?Und übern Weg die Nachtigall,Genüber pfeift die Nachtigall.O weh, die Lieb ist gangen all!Was pfeift so süß die NachtigallVon Liebe und von Liebe?Zur Rechten hell ein Liebeslied,Zur Linken grell ein Sterbelied!Ach, bleibt denn nichts, wenn Liebe schied,Denn nichts als nur ein SterbeliedKaum wegbreit noch hinüber?
Mehr in der Töne SchwellenNeigt sich die Seele dir;Höher schlagen die Wellen,Fluten die Pulse mir.Fliehen und Wiederfinden,Wechselnde Melodie!Laß du die Seele schwinden,Sterben in Harmonle.Hörst du den Ruf erklingen,Rührend dein träumend Ohr?Weiße blendende SchwingenTragen dich wehend empor.Selig, im Lichte zu schwebenÜber den Wolken hoch!Ließt du das süße Leben,Kennst du die Erde noch?Aber zum stillen GrundeZieht es hernieder schon;Heimlich von Mund zu MundeWechselt ein leiser Ton.Fernhin rauschen die Wogen,Schütze mein pochend Herz!Schon kommt die Nacht gezogen -Fühlst du den süßen Schmerz?
Noch wandert er; doch hinter ihmschon liegen längst die blauen Berge;kurz ist der Weg, der noch zu gehn,und tief am Ufer harrt der Ferge*. Doch blinket schon das Abendrotund glühet durch das Laub der Buchen;so muß er denn auch heute nochwie sonst am Wege Herberg suchen.Die liegt in grünen Ranken ganzund ganz vom Abendschein umglommen;am Tore steht ein blondes Kindund lacht ihn an und sagt Willkommen.Seitab am Ofen ist der Platz;schon kommt der Wirt mit blankem Kruge.Das ist ein Wein! – So trank er ihnvor Jahren einst in vollem Zuge.Und endlich schaut der Mond hereinvon draußen durch die dunklen Zweige;es wird so still; der alte Mannschlürft träumerisch die letzte Neige.Und bei des bleichen Sternes Scheingedenkt er ferner Sommertage,nur halb ein lauschend Ohr geneigt,ob jemand klopf´ und nach ihm frage.(*Fährmann)
Hehle nimmer mit der Wahrheit! Bringt sie Leid nicht, bringt sie Reue; doch, weil Wahrheit eine Perle, wirf sie auch nicht vor die Säue. Blüte edelsten Gemütes ist die Rücksicht; doch zu Zeiten sind erfrischend wie Gewitter goldne Rücksichtslosigkeiten. Wackrer heimatlicher Grobheit setze deine Stirn entgegen; artigen Leutseligkeiten gehe schweigend aus den Wegen. Wo zum Weibe du nicht die Tochter wagen würdest zu begehren, halte dich zu wert um gastlich in dem Hause zu verkehren. Was du immer kannst, zu werden, Arbeit scheue nicht und Wachen, aber hüte deine Seele vor dem Karrieremachen!Wenn der Pöbel aller Sorte tanzt um die goldnen Kälber, halte fest: du hast vom Leben doch am Ende nur dich selber.
Schon ins Land der PyramidenFlohn die Störche übers Meer;Schwalbenflug ist längst geschieden,Auch die Lerche singt nicht mehr.Seufzend in geheimer KlageStreift der Wind das letzte Grün;Und die süßen Sommertage,Ach, sie sind dahin, dahin!Nebel hat den Wald verschlungen,Der dein stillstes Glück gesehn;Ganz in Duft und DämmerungenWill die schöne Welt vergehn.Nur noch einmal bricht die SonneUnaufhaltsam durch den Duft,Und ein Strahl der alten WonneRieselt über Tal und Kluft.Und es leuchten Wald und Heide,Daß man sicher glauben mag,Hinter allem WinterleideLieg´ ein ferner Frühlingstag.
Wenn einsam du im Kämmerlein gesessen,wenn dich der Schlummer floh die lange Nacht,dann hast du oft, so sprichst du, mein gedacht;doch, wenn die Sonne kommen unterdessen,wenn dir die Welt und jeglich Aug gelacht,hast du auch dann wohl jemals mein gedacht?