Die Jugend folgt, ein Rosenblatt, den Winden;Wenn, jung getrennt, sich wiedersehn die Alten,Sie meinen doch, in ihren ernsten FaltenDen Strahl der süßen Jugend noch zu finden.Des Dauerns Wahn, wer läßt ihn gerne schwinden?Mag auch ein Herz, das uns geliebt, erkalten,Wir suchen immer noch den Traum zu halten,Nur stiller sei geworden sein Empfinden.Die Jugend folgt, ein Rosenblatt, den Lüften;Noch leichter als die Jugend flieht die Liebe,Die nur des Blattes wonnereiches Düften.Und dennoch an den herben Tod des Schönen,Im treuen Wahn, als ob es ihm noch bliebe,Kann sich das Herz auch sterbend nicht gewöhnen.
Und wem heiliger GedankeBis auf den Grund des Herzens durchdringt,Der spricht uneingedenk der Schranke,Ihn aus, gewaltig, unbedingt. –Nicht also treulos wird erfundenDie Menschheit je, so kümmerlich,Daß allen Herzen unempfundenEin Gotteshauch vorüberstrich.
Sahst du ein Glück vorübergehn,das nie sich wiederfindet,Ist´s gut in einen Strom zu sehn,wo alles wogt und schwindet.O, starre nur hinein, hinein;Du wirst es leichter missen,Was dir, und soll’s dein Liebstes sein,Vom Herzen ward gerissen.Blick unverwand hinab zum Fluß,Bis deine Tränen fallen,Und sieh durch ihren warmen GußDie Flut hinunterwallen.Hinträumend wird VergessenheitDes Herzens Wunde schließen;Die Seele sieht mit ihrem LeidSich selbst vorüberfließen.
Ach wär mein Lieb ein Brünnlein kaltUnd spräng aus einem Stein,Und wär ich dann der grüne Wald,So tränk ichs in mich ein,Und wollt es nimmer lassen,Wollts ganz und gar umfassen,So gestern und heut und alle ZeitBis in die ewige Seligkeit.
Nun ist es Herbst, die Blätter fallen, Den Wald durchbraust des Scheidens Weh; Den Lenz und seine Nachtigallen Versäumt ich auf der wüsten See. Der Himmel schien so mild, so helle, Verloren ging sein warmes Licht; Es blühte nicht die Meereswelle, Die rohen Winde sangen nicht. Und mir verging die Jugend traurig, Des Frühlings Wonne blieb versäumt; Der Herbst durchweht mich trennungschaurig, Mein Herz dem Tod entgegenträumt.
Wie ich es höre, wie sie redenVon Gott und ihren Glaubensfehden,Wie Haß und Wahn die Welt entzweiten,Wie Fabeln gegen Märchen streiten;O grauser Abscheu, tödlich kalt,Der mir die Brust zusammenkrallt!
Sonnenuntergang;Schwarze Wolken ziehn.O wie schwül und bangAlle Winde fliehn!Durch den Himmel wildJagen Blitze, bleich;Ihr vergänglich BildWandelt durch den Teich.Wie gewitterklarMein ich dich zu sehnUnd dein langes HaarFrei im Sturme wehn!
Friedlicher Abend senkt sich aufs Gefilde;Sanft entschlummert Natur, um ihre ZügeSchwebt der Dämmerung zarte Verhüllung, und sieLächelt die Holde;Lächelt, ein schlummernd Kind in Vaters Armen,Der voll Liebe zu ihr sich neigt, sein göttlichAuge weilt auf ihr, und es weht sein Odem Über ihr Antlitz.
Du geleitest mich durch´s Leben, Sinnende Melancholie! Mag mein Stern sich strahlend heben, Mag er sinken - weichest nie! Führst mich oft in Felsenklüfte, Wo der Adler einsam haust, Tannen starren in die Lüfte, Und der Waldstrom donnernd braust. Meiner Toten dann gedenk ich, Wild hervor die Träne bricht Und an deinen Busen senk´ ich Mein umnachtet Angesicht.
Vom Berge schaut hinaus ins tiefe SchweigenDer mondbeseelten schönen SommernachtDie Burgruine; und in TannenzweigenHinseufzt ein Lüftchen, das allein bewachtDie trümmervolle Einsamkeit,Den bangen Laut: ›Vergänglichkeit!‹›Vergänglichkeit!› mahnt mich im stillen TaleDie ernste Schar bekreuzter Hügel dort,Wo dauernder der Schmerz in TotenmaleAls in verlassne Herzen sich gebohrt;Bei Sterbetages WiederkehrBefeuchtet sich kein Auge mehr.Der wechselnden Gefühle TraumgestaltenDurchrauschen äffend unser Herz; es suchtVergebens seinen Himmel festzuhalten,Und fortgerissen in die rasche FluchtWird auch der Jammer; und der HauchDer sanften Wehmut schwindet auch.Horch ich hinab in meines Busens Tiefen,›Vergänglichkeit!‹ klagts hier auch meinem Ohr,Wo längst der Kindheit Freudenkläng entschliefen,Der Liebe Zauberlied sich still verlor;Wo bald in jenen Seufzer bangHinstirbt der letzte frohe Klang.