Ein Kuß ist ohnegleichenDer Liebe wahrstes ZeichenUnd zartester Genuß,Ist Anfang, Mitt´ und Ende,Der Liebe Frühlingswende, Der Bienen Veilchengruß.Wer küßt, verheißt sein LebenDir auch so hinzugebenUnd Liebesüberfluß;Ein Kuß vergilt die Leiden,Und für die reinsten FreudenDankt man mit einem Kuß.
Das ist der größte Vorteil für die Menschheit,Daß jeder für die andern alles thue,Und jeder von den allen es empfange.Nur wenig bringt der Einzelne dem Ganzen,Wie viel empfängt der Einzelne von allen!Wie treu beschützt ist jeder durch die Menschheit.Wie wenig mehr bedarf es doch zur Eintracht,Zu Glück und Ruh´ zu unkränkbarer FreiheitVon allen Menschen, als den Willen aller:Jedwedem mit dem Leben selbst zu dienen!Mit den geringsten Mitteln will der GottDie größte Wirkung – aber durch die größteGesinnung, durch die göttlichste: – die Liebe.
Drum, wer da haßt, der ist allein! der scheidetSich aus von diesem großen Reich des Lebens;Der müßte mehr als Gottes Kraft besitzen,Um einen Athemzug lang froh zu sein,Indeß ein Zug vom Quell der Liebe gnügt,Das ärmste, längste Leben reich zu machen,Und scheidend ew´ge Seligkeit zu träumen.
Gleichgültiger, du willst dich um dein EigenesNur kümmern? Und dein Haus und Weib und Kind?Der Mensch hat kaum ein Eigentum, woran,Nicht fremde Hand unsichtbar liegt.Drum: kümmre dich um Vaterland und Menschen,Nimm teil mit Mund und Hand und allem Nahen,Nimm teil mit Herz und Sinn an fernem Guten,Was Edle rings bereiten – auch für dich!Laß nichts verderben, sonst verdirbst du mit;Laß keinen Sklave sein, sonst bist du´s mit:Laß keinen schlecht sein, sonst verdirbt er dich.Und denken alle so wie du, dann kannDer Schlechte keinen plagen, – auch dich nicht!Und kann die Menschheit frei das Rechte tun:Kommt alles, was sie tut, auch dir zu gut,Und deinen Enkeln allen; denn auf immerWird das erworben, was der Geist erwirbt.
Eins halte fest und denk´ es immer milder,Gelassner und größer immer werdend:Die Erd´ ist nur ein Ruheplatz des Geistes,Der in dem All mit heil´ger Liebe schwebt;Die goldnen Oasen – die Gestirne,Und was die Erde alles auch hervorbringt,Es ist nur seine Ruhe, sein Verweilen.
Denk´ öfter: "Wer genießt wohl jetzt das Gute,Das ich ihm tat?" – Und wär´s auch nur der Rock,Den du dem Bettler gabst; die warme Stube,Drin jetzt im Winter arme Kinder sitzen;Und freut dich das – so thue wieder Gutes!Doch denk´ auch: "Wer wohl leidet jetzt das Böse,Das ich ihm that?" – Und wär´s auch nur der Stein,Den du dem Blinden nicht vom Wege nahmst;Der Zorn, womit du einen Sanften schaltest!Und kränkt dich das, so thue wieder Gutes.
Lebe rein, mein Herz, dies schöne Leben,Rein von allem Fehl und bösem Wissen,Wie die Lilie lebt in stiller Unschuld,Wie die Taube in des Haines Wipfeln;Daß du, wenn der Vater niederblicket,Seist sein liebstes Augenmerk auf Erden,Wie des Wandrers Auge unwillkürlichAn den schönsten Abendstern sich heftet;Daß du, wenn die Sonne dich einst löset,Eine reine Perl´ ihr mögest zeigen,Daß dein Denken sei wie Duft der Rose,Daß dein Lieben sei wie Licht und Sonne,Wie des Hirten Nachtgesang dein Leben,Wie ein Ton aus seiner sanften Flöte.