So wird das Wunderbild der Venus fertig:Ich nehme hier ein Aug, dort einen Mund,hier eine Nase, dort der Brauen Rund.Es wird Vergangenes mir gegenwärtig.Hier weht ein Duft, der längst verweht und weit,hier klingt ein Ton, der längst im Grab verklungen.Und leben wird durch meine Lebenszeitdas Venusbild, das meinem Kopf entsprungen.
Was ist´s mit Analysen?Kann da ein Zweifel bleiben?Die Methode ist bewiesenan jenen, die sie treiben.Daß man mit euch nur scherzte –welch törichter Gedanke!Im Gegenteil: die Ärztesind Kranke.
Bald ist´s von dieser, bald von jener Sorte:dort gilt´s der Silbe, hier gilt es dem Worte.Leicht läßt es dich in alle Ferne schweifen,wiewohl grad nur das Nächste zu ergreifen.Bescheiden steht´s und wartet in der Ecke,bis du den Sinn holst aus dem Wortverstecke.Wenn endlich dir die Lösung glücken soll,sei zu bedenken dieses dir gegeben:gelöst wär´ nur die eine eben,jedoch fast jedes Ding im Leben,es bleibt dir leider dessen voll.Ja mehr als das – ich wag es auszusprechenund will dich warnen, ehe es zu spät –,dies eine selbst, es lohnt kein Kopfzerbrechen:denn Rätsel bleibt es, wenn man´s auch errät.
Sieh, mein Außenbild ist fügsam,sieh, mein Haben, so genügsam,achtet wohl des Gleichgewichts.Hat es wenig, dankt für viel es,wahrt des Weges, Maßes, Zielesund Verzichts.Doch mein Innensein verzichtet,eh es sich genügsam richtet,achtet nicht des Gleichgewichts.Immer steig´ es oder fall´ es,hat es vieles, will es allesoder nichts!
Ganz resolut, als ob´s in Ordnung wäre,verübt der Zeitungslump die Lumperei.Kein Wertbestand, der ihm nicht einerlei,das Schänden, scheint es, schafft die wahre Ehre.Den ehrlichen Mann erfaßt ein Neidvor dem guten Gewissen der Schlechtigkeit.
Ein Mann ein Wort:so ist die Sprache denn der Ehre Hort.Doch diese, die verspricht, kann sich versprechen.Oft haben Worte einen Mann ersetzt.Doch kann ein Mann ein Wort ersetzen?Ich möcht´ es so gering nicht schätzen.Die Ehre bloß, das Wort wird nicht verletztund jene kann man, dieses nimmer brechen,da wohl der Mann, das Wort nicht anders kann.Das meine ist: Ein Wort ein Mann!
Dein Fehler, Liebste, ach ich liebe ihn,und er ist eine deiner liebsten Gaben.Seh´ ich an andern ihn, so seh´ ich fastdich selbst und sehe nach dem Fehler hin,und alle will ich lieben, die ihn haben!Fehlst du mir einst und fehlt dein Fehler mir,weil du dahin,wie wollt´ ich, Liebste, lieber dich ergänzenals durch den Fehler? Ach ich liebe ihn,und seh´ ich ihn schon längst nicht mehr an dir,die Häßlichste wird mir durch ihn erglänzen!Doch träte selbst die Schönste vor mich hin,und fehlerlos,ich wäre meines Drangs zu dir kein Hehler.Ihr, die so vieles hat, fehlt eines bloßund alles drum – ach wie vermiß´ ich ihn –ihr fehlt doch, Liebste, was mir fehlt: dein Fehler!
Man frage nicht, was all die Zeit ich machte.Ich bleibe stumm;und sage nicht, warum.Und Stille gibt es, da die Erde krachte.Kein Wort, das traf;man spricht nur aus dem Schlaf.Und träumt von einer Sonne, welche lachte.Es geht vorbei;nachher war´s einerlei.Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte.
Nie nahm er etwas aus zweiter HandUnd hielt sich bloß an die Originale,Und wo er nur Gutes fand,Dort stahl er stets zum ersten Male.Als Knabe, sagt man, war er weltvergessenVersunken er gern in Waldesweben.Da sei er oft an der Quelle gesessen,Und habe sie niemals angegeben.