Sinke, liebe Sonne, sinke!Ende deinen trüben Lauf,Und an deine Stelle winkeBald den Mond herauf.Herrlich und schöner dringeAber Morgen dann herfür,Liebe Sonn! und mit dir bringeMeinen Lieben mir.
Was ist ein Leben ohne Liebe?Ein ödes Daseyn, dumpf und trübe,Das uns nicht Schmerz, nicht Lust gewährt,Das kein Gefühl, als Unmuth nährt;Ein martervolles Nichtbehagen.An allem, was uns sonst entzückt,Das, unberechtiget zu Klagen,Doch jeder Freude Keim erstickt;Ein kalter Hinblick auf die ScenenDer allbelebenden Natur,Ein Mittelding von Scheu und SehnenBeym Anblick jeder Kreatur.Ein dämmernd Licht, das auf die WonneDes Lebens Riesenschatten streut,Und einer künft´gen GlückessonneSchon zweifelhafte Flecken leiht;Ein Unkraut, das der Hoffnung BlüthenIm Herzen nicht gedeihen läßt,Ein Kaltsinn, der, was Menschen biethen,Mit harter Stirne von sich stößt.Der nie von Schönheit hingerissen,Der nie von Grazien entzueckt,Bey frechen seelenleeren KüssenNie glücklich ist, und nie beglückt;Ein Zustand, der das Herz entstellet,Ein weiter Raum, des Grabes Bild,Den nie ein Strahl des Lichts erhellet,Und nie ein süßer Traum erfüllt.Dem Sumpfe gleich, der immer träge,Von Wind und Wetter nie getrübt,Aus seinem dichten SchilfgehegeNur faule Dünste von sich giebt.Was ist ein liebevolles Leben?Ein langes Fieber, das zuletztUnheilbar wird; ein banges SchwebenIn einem schwanken Schiff, das jetztAuf ruhigen Gewässern gleitet,Und Hoffnung an dem Steuer hat,jetzt, wenn der Sturm das Meer bestreitet,Herumgeweht wird, wie ein Blatt,Bald auf ein wüstes Eiland treibet,Bald nieder in die Flut sich senkt,Auf Felsenklippen hangen bleibet,Und dann die Schiffenden ertränkt.Was soll man also? denn der LeidenGiebt´s wohl auf beyden Wegen viel;Und echte dornenlose FreudenErwarten unser nur am Ziel.
Ein Blümchen, das sich zwar nicht mehrfür unsere Lage schickt,Hab ich doch, Freund, von ungefähr für dich jüngst abgepflückt.Denn wiß, als ich es pflückte, hing ein Schmetterling daran,Ich sah, daß auch ein Schmetterling diesBlümchen lieben kann.Dies Wunder der Natur entging dannmeinem Blicke nicht,Drum schick ich dir den Schmetterlingund das Vergißmeinnicht.
Die Stunde, der ich sehnsuchtsvollDen ganzen Tag entgegen blickte,Und die zur Göttin mich entzückte,Wenn mir ihr letzter Schlag erscholl.Die schlägt nun nicht für mich und IhnZum Wiedersehn das Losungszeichen,Und matt, wie welke Kranke, schleichenDie traurigen Minuten hin.Doch selbst in dieser Einsamkeit,Dem Liebesgram so angemessen,Sey [hättest du mich auch vergessen]Dies Liedchen dennoch dir geweiht.So fern du meinen Blicken bist,So nahe bist du diesem Herzen,So gegenwärtig, daß der SchmerzenDer Trennung nur ein Traum noch ist.Du holde Göttin, Phantasie,Trägt mich auf ihrem raschen FlügelSchnell über Wald und Thal und Hügel,Und so – vermiß ich dich fast nie.Was mir des Schicksals Macht entreißt,Kann mein Gedankenflug ereilen.Was ist ein Zwischenraum von Meilen?Kaum eine Spanne für den Geist.Gleich deinem Schatten folgt er dirZum Freudenfeste, zur niedern Hütte,Und in der Assembleen Mitte,Und spricht ein leises Wort von mir.Selbst dann, wann du dich ungesehnIn deinem Stübchen einsam glaubest,Und dir durch Wahn die Ruhe raubest,Umgiebt er dich mit leisem Wehn.Du wähnst dann, das Verdienst sey dein,Und hältst es für Erinnerungen.Das magst du! wenn´s ihm nur gelungen,Mein Angedenken zu erneun.
Durch eine ganze Nacht sich nah zu sein,So Hand in Hand, so Arm im Arme weilen,So viel empfinden, ohne mitzuteilen,Ist eine wonnevolle Pein.So immer Seelenblick im SeelenblickAuch den geheimsten Wunsch des Herzens sehen,So wenig sprechen und sich doch verstehen,Ist hohes, martervolles Glück.Zum Lohn für die im Zwang verschwundne ZeitDann bei dem Morgenstrahl, warm, mit EntzückenSich Mund an Mund, und Herz an Herz sich drücken –O dies ist – Engelseligkeit!
Verschwiegne Liebe wird zur Schlange,Die unsers Lebens Ruhe stört,Sie tilgt das Roth von unsrer Wange,Sie ist´s, die jeden Reiz verheert –Und die man doch so gern und langeMit Schmerz in seinem Busen nährt.
Die Zeit zerstört und baut Paläste,Streut bunte Blumen auf die Flur.Verschlingt des Nachruhms Überreste,Und läßt dem Enkel keine Spur.Mit unersättlichem BehagenNagt sie am Denkmal mancher Gruft,Zwar mildert sie des Unmuths KlagenDurch sie zerfließt der Gram in Luft.Oft nährt, oft löschet sie die Flamme,Die Leidenschaft am Busen birgt,Oft untergräbt sie schlau am DammeWomit Vernunft entgegen wirkt.Sie kann, was Menschen selten können,Sie setzet Schranken jedem Schmerz,Vereint oft, was die Menschen trennen,Gießt Balsam in das wunde Herz.Zwar wieget sie die stärksten TriebeIn Schlummer ein, nach Sturm und Braus,Doch die Erinn´rung erster LiebeTilgt selbst die Ewigkeit nicht aus!
Liebe? – Liebe darf ich dir nicht schenken:Ach! das strenge Schicksal will es nicht,Meiden muß ich dich – dies wird dich kränken,Aber dich vergessen werd´ ich nicht.Ach! Die Zeit wird deine Triebe lenken,Folge guter Jüngling deiner Pflicht,Ewig werth macht mir dein Angedenken,Was für mich in deinem Herzen spricht.Ein Gefühl, geläuterter als Liebe,Grenzenlos wie deine Zärtlichkeit,Freundschaft, wie vielleicht kein Mann sie beuth,Sei Ersatz für hoffnungslose Liebe,Sei der Dank für die besiegten Triebe,Und der Lohn für deine Redlichkeit.
Der Weg von Freundschaft bis zur LiebeIst eine blumenreiche Flur: Nie scheint uns da die Sonne trübe,Und ringsum lächelt die Natur.Sie leitet uns durch Rosengänge,Und zeigt uns fern ein Paradies:Und Harmonie macht durch GesängeUns diese Frühlingsreise süß.Wohin wir blicken, sehn wir Segen,In jeder Pflanze, jedem Kraut.Lacht immer Freud´ uns hold entgegen,Und Hoffnung grünt, wohin man schaut.Sie flicht aus ihrem eignen Kranze,Die schönsten Blätter uns ins Haar,Und leicht umschwebt im leichten Tanze,Gleich Elfen, uns der Wünsche Schaar.Aus Wünschen werden endlich Triebe,Ein Trupp, der stark uns mit sich zieht,Und plötzlich sind wir in der LiebeNur allzureizendem Gebiet.Doch, ach, wie traurig und wie trübe,Wie freudenlos, wie kalt und langIst dann der öde Weg von LiebeZur Freundschaft! – Welch ein Übergang!Wenn Hindernis von allen SeitenDen müden Wanderer bestürmt,Und Berge von UnmöglichkeitenIhm das Geschick entgegen thürmt!Da giebt es lauter öde Haiden,Nicht eine blumenreiche Flur,Und statt der Hoffnung süßer FreudenGeht Schwermuth uns zur Seite nur.Kurz war der Weg hinan zum Glücke,Der Liebesfreuden bunte ReihnVerkürzten ihn: – doch, ach, zurückeGeht man den langen Weg allein.Noch glücklich, wem das Chor der MusenEin süßes Saitenspiel beschert,Das manchmal dem gepreßten BusenErleichterung und Trost gewährt.