Einst wird die Weltposaune dröhnen,Und mächtig aus des Engels Mund,Ein lauter Donner wird es tönen:"Du Erde, öffne deinen Schlund!"Sie schüttelt träumend ihre Glieder,Und alle Gräber tun sich aufUnd geben ihre Toten wieder,Die kommen staunend Hauf zu Hauf.Dann, wenn, den großen Spruch zu sprechen,Der Ew´ge sich vom Stuhl erhebt,Und stockend alle Herzen brechen,Und Todesangst die Welt durchbebt.Und laut erkracht des Himmels Krone –Denn ringsum Schweigen fürchterlich –Dann will ich steh´n vor seinem ThroneUnd fragen: "Warum schufst du mich?"
Wer der Meine wohl wird werden?Ob mein Aug´ ihn wohl schon sah?Wo er wandeln mag auf Erden?Ist er ferne oder nah´? Wird er schön von AngesichteOder doch nicht häßlich sein?Krause Locken? Augen lichte?Groß von Wuchse oder klein? Stark von Gliedern oder schmächtig?Ob er leicht im Tanz sich schwenkt?Ob er nüchtern, streng, bedächtig,Oder recht romantisch denkt? Oberamtmann oder RichterVoller Ernst und Gravität?Ist er Künstler, oder Dichter?Ob er auch Musik versteht? Ein Gelehrter, reich an Wissen,Der studiert und Bücher schreibt,Dem jedoch zu Scherz und KüssenWenig Zeit nur übrig bleibt? Ist er wohl vom Handelstande?Ist´ s ein Kriegsmann, keck und brav?Ist er Pfarrer auf dem Lande,Oder gar ein schöner Graf? Ist die Liebe denn recht innig,Die er dann im Herzen trägt,Da das meine ja so minnigJetzt schon ihm entgegenschlägt? Sagt mir´s, holde Blütendüfte,Die ihr weht in´s Kämmerlein,Sagt mir´s, leise Abendlüfte,Sag´ mir´s, sanfter Mondenschein! Sagt mir´s, Elfen, kleine, lose,Die ihr lauscht und lacht und nickt,Sag´ mir´s, süße, rothe Rose,Die mir in das Fenster blickt! Saget mir´s, ihr klugen Sterne,Die heraus am Himmel zieh´n!Triebe schwellen in die Ferne,Und sie wissen nicht, wohin? Liebesarme stehen offen,Ach, wen sollen sie empfah´n?Lippen, die auf Küsse hoffen,Ach, wer wird zum Kusse nah´n? Oder soll ich lieber sagen,Lieblich sei´s, so blind zu sein?Dieses Klagen, dieses FragenSei uns Mädchen süße Pein? Träume können sel´ger spielenKindern gleich im leeren Haus,Wenn nach unbekannten ZielenHolde Wünsche ziehen aus? Freudig Bangen! Bange Freude!Ungewisser, finde mich!Leid in Lust und Lust im Leide!Künftiger, ich liebe dich!
Hart gegen sichUnd hart gegen andre. –Geh hin und wandreUnd mildre dich!Weich gegen sichUnd weich gegen andre. –Geh hin und wandreUnd stähle dich!Weich gegen sichUnd hart gegen andre. –Pfui! weit fort wandreUnd bessre dich!Hart gegen sichUnd weich gegen andre. –Schon gut; doch wandre,Sieh scharf um dich!
Als einst in jenes Laubdachs DunkelhelleVoll Inbrunst meine Arme dich umschlangen,Als Haupt an Haupt und Wang´ an Wange drangen,Du schlankes Reh, schwarzäugige Gazelle, Da traf ein Mücklein auf die holde Stelle,Und zwischen unsern angeschmiegten WangenHat es in irrem Taumel sich gefangen,Es surrt und zappelt, will entfliehen schnelle. Nicht wahr, du Schelm, das hat dir nicht geträumet,Es warte dein so wunderlich Verhängniß?So bleibe nur und werde nicht so bange! Ein wohnlich Häuslein ist dir eingeräumet,Gelinde Haft, anmuthiges Gefängniß,Das liebe Grübchen in der weichen Wange.
Laßt mich trinken, laßt mich trinken,Laßt von diesem FeuerweinImmer neue Fluten sinkenMir in´ s durst´ge Herz hinein! Jedes Ende sei vergessen!Wie´s im Innern drängt und schafft!Sagt, wer will mir jetzo messenGrenz´ und Schranke meiner Kraft! Stellt mir schwere, weite, blankeBecher ohne Ende her,Füllet sie mit diesem Tranke,Und ich trink´ euch alle leer! Bringt mir Mädchen, schöne, wilde,Noch so spröd und noch so stolz,Schickt die schreckliche Brunhilde,Alle trifft der Liebesbolz! Stellet mir die schwersten Fragen!Wo das ew´ge Räthsel ruht?Feuerhell und aufgeschlagenSchwimmt es hier im rothen Blut! Gebt mir Staaten zu regieren!Kinderspiel soll mir es sein!Gebt mir Heere anzuführen,Und die ganze Welt ist mein! Burgen möcht´ ich jauchzend stürmen,Ihre Fahnen zittern schon,Felsen, Felsen möcht´ ich thürmenUnd erobern Gottes Thron!
Still, still, still!Es schweiget Feld und See und Wald,Kein Vogel singt, kein Fußtritt hallt;Bald, baldKommt weiß und kaltDer todte WinterÜber dich, Erde,Und deine Kinder. Auch du wirst still,Mein Herz; der Sturm, der sonst so wildDich rüttelt, schweigt. Ein jedes BildVerhüllt.Ganz, ganz gestilltLiegst du im Schlummer.Es schweigt die Freude,Es schläft der Kummer. Still, still, still!Er kommt, er kommt, der stille TraumVon einen. stillen kleinen Raum.Kaum, kaum,Du müder Baum,Kannst du noch stehen.Bald wird dich kein AugeMehr sehen.
Ich grüße dich, du wunderbarer Duft,Der sich in diesen zarten Kelchen wieget,Du Schiff, worin durch dunkelblaue LuftDie Seel´ entzückt nach fernen Ufern flieget. Das Steuer ist ein alter, alter TraumVon andern Zeiten, himmelschönen Auen,Gold ist der königlichen Ströme SchaumUnd hohe, schlanke Palmen sind zu schauen. Die Lotosblume schwimmt auf blauer Flut,Die Welle scheint mit holder Scham zu fragen,Welch Wunder ihr im keuschen Schoße ruht?Doch nur die Kinder wissen es zu sagen.
Lerne hoffen, ohne zu hoffen!Leider ein allzu schweres Stück;Wer´s könnte, der hätte das Ziel getroffen:Glücklich zu sein auch ohne Glück.Dennoch ist´s wahr und guter Rat,Wird er auch niemals ganz zur Tat.Leben ist Schuld,Da will´s Geduld;Im Genuß entsagen,Leidend nicht klagen,Verzichtend wagen,Dem Schein nicht trauen,Doch freudig schauen,Schaffen und bauen!Versuch es, und kann es nicht ganz gelingen:Soviel du vermagst, es doch zu zwingen,Soviel ragst du aus Zeit und ScheinEmpor, in die Ewigkeit hinein.
Ein weich verpackter,Ein fein befrackter,Nicht sehr intakterCharakter.Den Vers, den hab ich im Voraus gemacht,Ganz ohne Objekt; ich hab halt gedacht:Ich mach ihn einmal, er wird schon passen,Man kann ihn brauchen in allen Gassen.
Am Himmel ist gar dunkle Nacht;Die müden Augen zugemachtHat längst ein jedes Menschenkind;Es wacht nur noch der rauhe Wind. Der jaget sonder Rast und RuhDie Fensterläden auf und zu,Die Wetterfahne hin und her,Daß sie muß ächzen und stöhnen schwer.Doch sieh! aus jenem Fenster brichtIn´s Dunkel noch ein mattes Licht.Wer ist´s wohl, der in tiefer NachtBei seiner Lampe einsam wacht? Ich schleiche dicht an´s Fensterlein,Schau´ durch die runde Scheib´ hinein,Und einen Jüngling zart und schönSeh´ ich an einem Bette stehn. Und wie ich nach dem Bette schau´,Da schlummert eine kranke Frau.Er bückt sich über´s Bett hinein,Es muß des Knaben Mutter sein. Vom Bette läßt er nicht den Blick,Er streicht das braune Haar zurück,Sacht´ hält er ihr das Ohr zum Mund,Ob sie noch athme zu dieser Stund.