"Wie denkst du mein?"Wie eines holden Traumes,Der schönsten Blüt´ des blütenreichen BaumesDer Phantasie, gedenk´ ich dein!Ich bin erwacht!Der kosend mich umwunden,Der süße Traum ist eilig mir verschwunden,Ließ mich allein in dunkler Nacht.Doch, wenn ein Traum,Ein lieblicher, sich endet,Wer hätte Klagen wohl um ihn verschwendet?Man denkt an ihn Minuten kaum!Die Nacht entflieht:Mir winkt das rege Leben:Mögst du dir selbst so leicht, als ich vergeben,Ich, der in dir – sich selber sieht!
Friedlich bekämpfenNacht sich und Tag:Wie das zu dämpfen,Wie das zu lösen vermag. Der mich bedrückte,Schläfst du schon, Schmerz?Was mich beglückteSage, was war´s doch, mein Herz? Freude wie Kummer,Fühl ich, zerrann,Aber den SchlummerFührten sie leise heran. Und im Entschweben,Immer empor,Kommt mir das LebenGanz wie ein Schlummerlied vor.
Aus dem gold´nen Morgen-QualmSich herniederschwingend,Hüpft die Meise auf den Halm,Aber noch nicht singend.Doch der Halm ist viel zu schwach,Um nicht bald zu knicken,Und nur, wenn sie flattert, magSie sich hier erquicken.Ihre Flügel braucht sie nunFlink und unverdrossen,Und indeß die Füßchen ruh´n,Wird ein Korn genossen.Einen kühlen Tropfen ThauSchlürft sie noch daneben,Um mit Jubel dann in´s Blau Wieder aufzuschweben.
An der höhern Stufe vermißt ihr gewöhnlich die niedre,Lernt’s doch endlich, sie wird eben mit dieser erkauft.Daß ein Ganzes werde, muß jeglicher Teil sich bescheiden,Tritt er einzeln hervor, wuchert er, wie er nur kann,Und er wird, wo er herrscht, sich freilich stärker erweisen,Als er tut, wo er dient, aber ein Tor nur vergleicht.Denkt nur an den Menschen! Ihm gaben alle GeschöpfeVon dem Ihrigen ab, doch er erreicht auch nicht eins,Oder hat er die Klaue des Löwen, den Fittich des Vogels?Selbst das stumpfe Insekt trotzt ihm mit seinem Instinkt.Dennoch ist er ihr König, und jedes muß sich ihm beugen,Aber ihm gleicht das Genie, das die Talente vereint.
Die Schnecke muß erst eine WundeEmpfangen, wenn sie aus ihrem SchoßIn ihres Lebens schönster StundeSich ringen soll die Perle los.So steigt auch aus dem DornenschoßeDes bleichen Jammers und der NotHervor das Herrliche und Große,Auf der Bedürftigkeit Gebot.Laßt uns denn alle mutig stehen,Wenn uns ein hartes Schicksal naht.Die Mutter fühlt ja auch erst Wehen,Eh´ sie ein lieblich Kindlein hat.
Nächtliche Stille! Heilige Fülle, wie von göttlichem Segen schwer, säuselt aus ewiger Ferne daher.Was da lebte, was aus engem Kreise auf ins Weiteste strebte, sanft und leise sank es in sich selbst zurück und quillt in unbewußtem Glück. Und von allen Sternen nieder strömt ein wunderbarer Segen, daß die müden Kräfte wieder sich in neuer Frische regen, und aus seinen Finsternissen tritt der Herr, soweit er kann, und die Fäden, die zerrissen, knüpft er alle wieder an.
Es sind zwei treue Brüder,Die ziehn in den Streit hinaus,Noch reden sie hin und wieder,Da schmettert´s den einen danieder,Der andere sieht´s mit Graus.Der Bruder in seinem BluteErregt ihm bitteren Schmerz;Daß ihn der Tod ereilte,Bevor er den Kampf noch teilte,Zerreißt ihm ganz das Herz.Der Sterbende blickt freundlichNoch einmal auf zu ihm,Dann greift er, als wär´ er der alte,Zur Büchse, die noch nicht knallte,Drückt ab mit Ungestüm.Nun bricht er wieder zusammenUnd lächelt, und ist tot. –Der andre, als er sich wandte,Sah einen Feind im Sande,Des Kugel ihm gedroht.
Ich legte mich unter den Lindenbaum,In dem die Nachtigall schlug;Sie sang mich in den süßesten Traum,Der währte auch lange genug. Denn nun ich erwache, nun ist sie fort,Und welk bedeckt mich das Laub;Doch leider noch nicht, wie am dunklern Ort,Verglühte Asche der Staub.
Jüngst traf ich einen alten Mann Und hub ihm vorzusingen an, Doch an den Mienen des Gesichts Bemerkt´ ich bald, er höre nichts. Da dachte ich: der Greis ist taub, Drum wird dein Lied des Windes Raub, So tu´ ihm denn, nicht durch den Mund, Durch Zeichen dies und jenes kund. Ich tat´s, doch ward mir leider klar, Daß er auch schon erblindet war, Denn, wie der Frosch aus seinem Sumpf, Hervorglotzt, sah er dumpf und stumpf, Und ungestört in seiner Ruh´, Der Sprache meiner Finger zu. Ich rief: mit dem steht´s schlimm genug, Doch mögt´ ich ihm den letzten Zug Noch gönnen aus dem Lebensquell! Da reicht´ ich ihm die Rose schnell, Die ich für meine Braut gepflückt, Allein auch das ist schlecht geglückt, Ihm schien der Duft nicht mehr zu sein, Wie einem Gartengott von Stein. Nunmehr verlor ich die Geduld, Ich dacht´ an meines Mädchens Huld, Die mir so schmählig jetzt entging, Da sie die Rose nicht empfing, Und jagte ihm im ersten Zorn In´s dicke Fell den scharfen Dorn; Doch bracht´ auch dies ihm wenig Not, Er zuckte nicht, er – war wohl tot!