Kyffhäuser. Verwittert, zerbröckelt, zerfallen Ragt droben das alte Gestein, Die moosigen Trümmer umzittert Des Mondes gespenstiger Schein.Und ruhlos umflattern Gestalten Den Turm in der stillen Nacht, Laut krächzende Raben, sie halten Beim Throne des Kaisers die Wacht.Tief drunten mit treuen Vasallen, Da sitzet der Herrscher so bleich, Und wehklagend zieht durch die Hallen Der Schatten vom deutschen Reich.»Erheb dich, du tapferer Ritter, Ergreif dein gewaltiges Schwert, Damit es im Schlachtengewitter Wie einst alle Feinde verheert!Noch ist ja dein Ruhm nicht verklungen, Noch rollet ja feurig dein Blut Hat selbst doch den Marmor bezwungen Des Bartes gewaltige Flut!«»Es konnte mein Bart wohl bezwingen Im Laufe der Jahre den Stein, Wie soll ich mein Schwert aber schwingen, Ich deutscher Mann ganz allein?O schließe die Augen auf immer, Du Wand´rer in altdeutschen Gaun, Die Trümmerwelt wirst du wohl nimmer Als einiges Ganze erschaun!Kein Strahl wird die Nacht dir erhellen, Obgleich dies die Sage verheißt. Dein Hoffen muß ewig zerschellen An Deutschlands uneinigem Geist!«
Echt ist nur des Himmels Blau, Denn der Wechsel, streng und rauh Nimmt des Blütenstraußes Pracht, Grün, das hell vom Baume lacht. Sommers Feuerglut verfliegt Und der flinkeBach versiegt. Auf den Wechsel, klein und groß Schaut der Himmel, wandellos.Menschentreu ist Morgenduft, Den entführt die weichste Luft, Und die Lieb´ ist über Nacht Oft als Haß wohl aufgewacht. Heut gehst du als Bruder mit, Morgen dich der Hochmut tritt; Und es beut der Lebensbaum Statt der Frucht – zerstob´nen Traum. Doch, wenn alles rauh verglüht Deines Hoffens Grün verblüht Und dein Schiff im Sturme treibt Blick hinauf! Der Himmel bleibt!
Weithin vom rasenden Sturm getragen Aus trautem Waldgeheg Liegt er verscheidend am Weg. Durch den Wipfel, der einst so kühn Gen Himmel getragen sein Grün, Rauschen jetzt einsam Todesklagen.Schmerzlich zucken die Blätter, durchzittert Vom leisen Windeshauch, Aus niedrem Strauch Kriecht der Wurm Preisend den Sturm, Der dies stolze Leben zersplittert.Wenn dein Mut von den Stürmen und Wettern Des Schicksals besiegt Sterbend erliegt, Dann mehrt sich dein Leid Durch Lieblosigkeit Und Hohn, die dich gänzlich zerschmettern!
Maßliebchen im Schnee. Was will der Winter in der Blütenzeit? Ward ihm zu eng sein Reich im kalten Norden? Er sah den Frühlingsjubel weit und breit Und sprengte grimmig seines Hauses Pforten.Nun stürmt er wild daher, der rauhe Greis, Bedeckt die junge Frühlingswelt mit Flocken. O zartes Grün, du blickst aus starrem Eis So trüb, wie Myrtenreis aus greisen Locken!Maßliebchen zittert im beschneiten Gras, Es fürchtet sich vor Winters Zorngebärde, Sein neues, grünes Kleid ist tränennaß, Das Köpfchen senkt sich schwer zur kalten Erde.Verschwunden ist der kleinen Krone Gold, Der Blätterkreis hat schützend sich erhoben, Drin ruht des Blümchens Kleinod, süß und hold Geborgen vor der rauhen Stürme Toben.So flüchtet scheu das sinnige Gemüt In sich zurück wie jene Frühlingsblume, Wenn roher Scherz entweiht was still erblüht In seiner Tiefe, seinem Heiligtume.
Sommernacht. Der lichte Tag ist heimgezogen Ins graue Meer vergang´ner Zeit. Wie vieler Glück, wie manches Leid Versinkt mit ihm in jene Wogen.Nun ist die Nacht herabgesunken, Ums stolze Haupt den Strahlenkranz, Den Schleier webt der Mondesglanz, Aus ihrem Mantel sprühen Funken.Wie geisterhaft das Mondlicht zittert Und mit den nächt´gen Schatten ringt. Ein gold´nes Märchen, leichtbeschwingt Schlüpft´s durch die Zweige, zartgegittert.O Sommernacht unnennbar schöne! Du scheuchst mit rätselhafter Macht Aus dem Gemüt die trübe Nacht Berührst dort niegeahnte Töne!Man lernt das Herz nie selbst verstehen, Wenn Tagsgeräusch es wild erregt – Von nächt´gem Schweigen mild bewegt Läßt es uns seine Tiefe sehen.
Was jammerst du und grämest dich Weil bitt´re Täuschung dir geblieben? Die Menschen sind veränderlich! Stehet im Urbeginn geschrieben:Daß sie für Neues stets entbrannt Zum Wechsel, ihrem Götzen, beten, Und was sie »herrlich« heut genannt, Schon morgen kalt im Staub zertreten.Drum: Will ein einsam Menschenherz Sich nicht zum großen Strome neigen, So muß es wie ein Schild von Erz Die glatte Fläche auswärts zeigen.Muß werden wie der Fels am Strand, Den machtlos Wellen übergießen, Muß wie die Blum´ im Sonnenbrand Sein Edelstes in sich verschließen.Die Klage um sein trüb´ Geschick Muß vor der großen Menge schweigen, Wie sich nur dem geweihten Blick Im Meer versunk´ne Schlösser zeigen!
Die Träume Wenn uns der Schlaf berührt die Augenlider, Dann eilt mit seinen Wundern allsogleich Der Träume wild-phantastisch Nebelreich Zur dämmernden Gedankenwelt hernieder. Da sprossen auf des Mohnes bunte Blüten, Aus jedem Kelche steigt ein wirrer Traum, Der hüllet sich in leichten Wolkenschaum Und senkt sich auf das Aug´ der Schlummermüden.Erinn´rung leitet stets der Träume Reigen, Er zeigt uns längstverscholl´nes Glück und Leid, Wie nach der Sage alter, grauer Zeit Versunk´ne Schlösser aus dem Meere steigen,
Frühlings Lust und Weh. Der greise Winter ist aufs Haupt geschlagen Durch frischen Maienglanz, Der Lenz wirft jubelnd über Feld und Hagen Den bunten Siegerkranz. Der rauhe Nord hielt streng und lang gefangen Den klaren, stillen See. Tief drunten träumt von Frühling voll Verlangen Die blonde Wasserfee.Er löst den Bann. Auf ihre Stirne hauchen Die Lüfte sanften Kuß, Die träumerischen Wasserblüten tauchen Empor als Nixengruß.Der Baum blickt stolz auf seine Blüten nieder – Ein Kind im Festgewand! Die Vöglein singen laute Jubellieder Im Frühlingsland.Nur in mir selbst will jenen Sang begleiten Ein herber Trauerton, Weil meiner Seele halbzerriss´nen Saiten Die Harmonien entfloh´n.Die Klänge lassen sich nicht mehr verbinden, Die das Geschick zerreißt... Drum kann ich den Akkord auch nicht mehr finden, Der süßer Frieden heißt.