Auf steigt der Strahl und fallend gießtEr voll der Marmorschale Rund,Die, sich verschleiernd, überfließtIn einer zweiten Schale Grund;Die zweite gibt, sie wird zu reich,Der dritten wallend ihre Flut,Und jede nimmt und gibt zugleichUnd strömt und ruht.
Am Himmel wächst der Sonne Glut,Aufquillt der See, das Eis zersprang,Das erste Segel teilt die Flut,Mir schwillt das Herz wie Segeldrang.Zu wandern ist das Herz verdammt,Das seinen Jugendtag versäumt,Sobald die Lenzessonne flammt,Sobald die Welle wieder schäumt.Verscherzte Jugend ist ein SchmerzUnd einer ew´gen Sehnsucht Hort,Nach seinem Lenze sucht das HerzIn einem fort, in einem fort!Und ob die Locke dir ergrautUnd bald das Herz wird stille stehn,Noch muß es, wenn die Welle blaut,Nach seinem Lenze wandern gehn.
Du warest mir ein täglich Wanderziel, viellieber Wald, in dumpfen Jugendtagen, ich hatte dir geträumten Glücks so viel anzuvertraun, so wahren Schmerz zu klagen. Und wieder such ich dich, du dunkler Hort, und deines Wipfelmeers gewalig Rauschen jetzt rede du! Ich lasse dir das Wort! Verstummt ist Klag’ und Jubel. Ich will lauschen.
Den ich pflanzte, junger BaumDessen Wuchs mich freute,Zähl ich deine Lenze, kaumSind es zwanzig heute.Oft im Geist ergötzt es michÜber mir im BlauenSchlankes Astgebilde, dichMächtig auszubauen.Lichtdurchwirkten Schatten nurLegst du auf die Matten,Eh du dunkel deckst die Flur,Bin ich selbst ein Schatten.Aber haschen soll mich nichtStyrisches Gesinde,Weichen werd ich aus dem LichtUnter deine Rinde.Frische Säfte rieseln laut,Rieseln durch die Stille.Um mich, in mir webt und bautEwger Lebenswille.Halb bewusst und halb im TraumÜber mir im LichtenWerd ich, mein geliebter Baum,Dich zu Ende dichten.
Lange Jahre sah ich dichführen deinen Spaten,und ein jeder Schaufelstichist dir wohl geraten.Nie hat dir des Lebens Fluchtbang gemacht, ich glaube –sorgtest für die fremde Frucht,für die fremde Traube.Nie gelodert hat die Glutdir in eignem Herde,doch du fußtest fest und gutauf der Mutter Erde.Nun hast du das Land erreicht,das du fleißig grubest,laste dir die Scholle leicht,die du täglich hubest!
Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein TurmDer Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem RoßSpringt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saustIm Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest.Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhellUnd knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann ..."Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschicktNach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!""Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmerts mich?Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!"Der Reiter tritt in einen dunkeln Ahnensaal,Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt,Und je nach seines Flackerns launenhaftem LichtDroht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib,Ein stolzes Edelweib aus braunem Ahnenbild ...Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem HerdUnd starrt in den lebendgen Brand. Er brütet, gafft ...Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal ...Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.Den Abendtisch bestellt die greise SchaffnerinMit Linnen blendend weiß. Das Edelmägdlein hilft.Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder BlickHangt schreckensstarr am Gast und hangt am Herd entsetzt ...Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut."Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal!Drei Jahre sinds ... Auf einer Hugenottenjagd ...Ein fein, halsstarrig Weib ... ´Wo steckt der Junker? Sprich! Sie schweigt. ´Bekenn!´ Sie schweigt. ´Gib ihn heraus!´ Sie schweigt.Ich werde wild. Der Stolz! Ich zerre das Geschöpf ...Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sieTief mitten in die Glut ... ´Gib ihn heraus!´ ... Sie schweigt ...Sie windet sich ... Sahst du das Wappen nicht am Tor?Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr?Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich." -Eintritt der Edelmann. "Du träumst! Zu Tische, Gast ..."Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen TrachtUnd er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet.Ihn starren sie mit aufgerißnen Augen an -Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk,Springt auf: "Herr, gebet jetzt mir meine Lagerstatt!Müd bin ich wie ein Hund!" Ein Diener leuchtet ihm,Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurückUnd sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr ...Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach.Fest riegelt er die Tür. Er prüft Pistol und Schwert.Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt.Die Treppe kracht ... Dröhnt hier ein Tritt? Schleicht dort ein Schritt? ...Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht.Auf seinen Lidern lastet Blei, und schlummernd sinktEr auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut.Er träumt. "Gesteh!" Sie schweigt. "Gib ihn heraus!" Sie schweigt.Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut.Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt ..."Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!"Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt,Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr - ergraut,Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar.Sie reiten durch den Wald. Kein Lüftchen regt sich heut.Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad,Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch.Friedselge Wolken schwimmen durch die klare Luft,Als kehrten Engel heim von einer nächtgen Wacht.Die dunkeln Schollen atmen kräftgen Erdgeruch,Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug,Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: "Herr,Ihr seid ein kluger Mann und voll BesonnenheitUnd wißt, daß ich dem größten König eigen bin.Lebt wohl! Auf Nimmerwiedersehn!" Der andre spricht:"Du sagsts! Dem größten König eigen! Heute wardSein Dienst mir schwer ... Gemordet hast du teuflisch mirMein Weib! Und lebst ... Mein ist die Rache, redet Gott."
Wie heilt sich ein verlassen Herz, Der dunkeln Schwermut Beute? Mit Becher-Rundgeläute? Mit bitterm Spott? Mit frohem Scherz?Nein. Mit ein bißchen Freude´.Wie flicht sich ein zerrißner Kranz. Den ach der Sturm zerstreute? Wie knüpft sich der erneute? Mit welchem Endchen bunten Bands? Mit nur ein bißchen Freude!Wie sühnt sich die verjährte Schuld, Die bitterlich bereute? Mit einem strengen Heute? Mit Büßerhast und Ungeduld? Nein. Mit ein bißchen Freude!
Doch es ist ein ew´ger Glaube,Daß der Schwache nicht zum RaubeJeder frechen MordgebärdeWerde fallen allezeit:Etwas wie GerechtigkeitWebt und wirkt in Mord und Grauen,Und ein Reich will sich erbauen,Das den Frieden sucht auf Erden.
Am Gestade Palästinas, auf und nieder, Tag um Tag,"London?" frug die Sarazenin, wo ein Schiff vor Anker lag."London!" bat sie lang vergebens, nimmer müde, nimmer zag,Bis zuletzt an Bord sie brachte eines Bootes Ruderschlag.Sie betrat das Deck des Seglers und ihr wurde nicht gewehrt.Meer und Himmel. "London?" frug sie, von der Heimat abgekehrt,Suchte, blickte, durch des Schiffers ausgestreckte Hand belehrt,Nach den Küsten, wo die Sonne sich in Abendglut verzehrt ..."Gilbert?" fragt die Sarazenin im Gedräng´ der großen Stadt,Und die Menge lacht und spottet, bis sie dann Erbarmen hat."Tausend Gilbert gibts in London!" Doch sie sucht und wird nicht matt."Labe dich mit Trank und Speise!" Doch sie wird von Tränen satt."Gilbert!" "Nichts als Gilbert? Weißt du keine andern Worte? Nein?""Gilbert!" ... "Hört, das wird der weiland Pilger Gilbert Beckett sein -Den gebräunt in Sklavenketten glüh´nder Wüste Sonnenschein,Dem die Bande löste heimlich eines Emirs Töchterlein -""Pilgrim Gilbert Becket!" dröhnt es, braust es längs der Themse Strand.Sieh, da kommt er ihr entgegen, von des Volkes Mund genannt,Über seine Schwelle führt er, die das Ziel der Reise fand.Liebe wandert mit zwei Worten gläubig über Meer und Land.
Meine eingelegten Ruder triefen,Tropfen fallen langsam in die Tiefen.Nichts, das mich verdroß! Nichts, das mich freute!Niederrinnt ein schmerzenloses Heute!Unter mir – ach, aus dem Licht verschwunden –Träumen schon die schönern meiner Stunden.Aus der blauen Tiefe ruft das Gestern:Sind im Licht noch manche meiner Schwestern?